Rund um den Klimawandel gibt es mehr Hiobsbotschaften als positive Nachrichten. Dabei gibt es schon viele gute Ideen, wie wir etwas ändern und so hoffentlich doch noch das 1,5-Grad-Ziel erreichen können. In der neuen ARD-Serie „Wir können auch anders“, die am 20. März in der Mediathek und im Ersten (23:35 Uhr) startet, haben verschiedene Prominente, darunter auch Aurel Mertz und Pheline Roggan sich mit der Bahn auf eine Reise quer durch Deutschland begeben und sich angeguckt, welche Projekte einen wirklichen Unterschied machen könnten. Im Podcast haben wir mit den beiden darüber gesprochen, was sie dabei am meisten beeindruckt hat, was sie selbst tun, um nachhaltiger zu leben und warum es immer noch an politischem Willen fehlt, um die vielen Ideen auch flächendeckend umzusetzen.
desired: Ihr seid beide im Format „Wir können auch anders“ dabei. Worum genau geht es dabei?
Pheline Roggan: Wir sind mit der Bahn durch ganz Deutschland getingelt und haben Menschen, Projekte, Firmen und Initiativen besucht, die es schon so machen, wie wir es alle machen sollten, wenn wir die Klimaziele einhalten wollen. Und nicht nur die Klimaziele, sondern auch allgemein Ziele rund um soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.
Aurel Mertz: Wir haben viele Menschen getroffen, die so tolle Ideen haben, die eigentlich viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätten. Ich habe Dinge gelernt, von denen ich bisher keine Ahnung hatte. Es hat auch ein bisschen Hoffnung gemacht zu sehen, dass es Leute gibt, die jetzt schon Ideen umsetzen, die uns in der Zukunft helfen können. Wichtig ist jetzt nur, dass mehr Menschen von diesen Projekten erfahren, das wollten wir mit der Sendung erreichen. Wir subventionieren so viel Scheiße, dabei gibt es auch so viele gute Projekte, die es verdient hätten, gefördert zu werden.
Gibt es da ein Projekt, das euch besonders beeindruckt hat?
Pheline Roggan: In jeder Folge der Serie wird ein anderer Bereich beleuchtet. Aurel und ich haben uns die Bereiche Natur und Landwirtschaft und Ernährung angesehen. Bjarne und Anke die Themen Mobilität und Wirtschaft. Am meisten haben wir über ein Projekt geredet, das die beiden besucht haben: Sprakebüll. Das ist ein kleines Dorf, das eigentlich schon alles richtig macht. Die Gemeinde hat früh angefangen, in Windräder zu investieren. Alle Gemeindemitglieder haben einen Anteil daran. Sie können sich selbst komplett mit dem daraus gewonnenen Strom versorgen und haben sogar noch mehr Strom, als sie eigentlich bräuchten. Damit haben sie unter anderem Elektroautos angeschafft. In dem Dorf gibt es ein eigenes Carsharing-System, sodass nicht mehr jede*r ein eigenes Auto braucht. Die Autos stehen den Anwohnenden jederzeit kostenlos zur Verfügung. Da sie noch mehr Strom ins Netz einspeisen, können sie von den Gewinnen unter anderem den Dorfladen subventionieren und allen Kindern kostenlosen Musikunterricht anbieten. Dem Dorf ist die Energiewende schon gelungen. Das Projekt zeigt so schön, dass das auch hier in Deutschland, in einem kleinen Dorf in Norddeutschland geht und nicht nur irgendwo am Ende der Welt mit dem Hyperloop.
Aurel Mertz: Natürlich ist uns allen bewusst, dass wir eine bestehende Infrastruktur haben, die wir nicht einfach so runterreißen können. Das Problem ist aber, dass wir selbst die bestehende Infrastruktur, die wir durch die Natur haben, nicht richtig nutzen oder sogar zerstören. Ein Moor zum Beispiel kann viel CO₂ speichern, was man sich zunutze machen könnte, stattdessen werden weiterhin Moore trockengelegt und dadurch wiederum CO₂ freigesetzt, das vom Moor gespeichert wurde. Eines der spannendsten Projekte für mich war daher, dass ich einen Moorbauern besucht habe. Die Familie bewirtschaftet schon sehr lange Moore, daraus wird dann Schilf gewonnen, das zu Pressplatten verarbeitet wird. So kann dieses verschlossene CO₂ sinnvoll genutzt werden. Insgesamt fand ich es einfach toll, so viele unterschiedliche Projekte zu sehen.
Pheline Roggan: Das Inspirierende ist eigentlich, dass man sieht: Da gibt es Menschen, die haben gesehen, in einem Bereich läuft es nicht, da könnte man was besser machen und sie haben einfach angefangen, ihre Ideen umzusetzen. Darauf wollen wir mit der Serie ein Licht setzen, aber vor allem wollen wir auch einfordern, dass sich strukturell etwas ändert und dass politische Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass letztendlich die guten Lösungen auch die günstigsten sind, die sich durchsetzen können.
Wenn es um vermeintlich nachhaltige Produkte geht, betreiben viele große Unternehmen noch immer Greenwashing. Im Video zeigen wir, wie du das erkennst:
Dass die politischen Rahmenbedingungen oft nicht stimmen, ist auf jeden Fall ein großes Problem. Welche Lösungsansätze gibt es da?
Pheline Roggan: Darum geht es vor allem in der letzten Folge der Serie. Ein großes Problem ist unser Wirtschaftssystem. Das Bruttoinlandsprodukt quantifiziert alles über Gelder und Zahlen. Dadurch wirken sich Katastrophen wie die Flut im Ahrtal wirtschaftlich positiv aus, weil durch die Reparaturen viel Arbeit entstanden ist und Firmen etwas erwirtschaftet haben. Die Bilanz für das BIP ist damit positiv, auch wenn die Katastrophe natürlich auch viel Geld, aber vor allem auch viele Menschenleben gekostet hat. Da muss sich systemisch natürlich etwas ändern. Die Frage, die dahintersteckt, ist: Wie wollen wir leben, wie wollen wir arbeiten und ist das, was wir gerade machen, wirklich die beste Lösung? Wenn jedes Jahr mehr Geld in die Subventionierung fossiler Energien als in den Klimaschutz gesteckt wird, dann kommen wir nicht weiter.
Aurel Mertz: Auf diese Dinge wollten wir aufmerksam machen – aber eben mit positiven Geschichten. Es gibt zurecht viele Dokumentationen, die Horrorszenarien aufzeigen. Wir wollten mit unserer Arbeit aber lieber ein bisschen motivieren und zeigen: Es gibt bereits genug gute Ideen, die man problemlos umsetzen könnte, anstatt die nächste Autobahn durchs Moor zu bauen.
Dies ist eine gekürzte Version des Podcasts. Den vollständigen Podcast kannst du dir zum Beispiel über Spotify, Apple Podcasts oder hier auf Youtube anhören:
Bildquelle: SWR/2Pilots/Martin Rottenkolber