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Kommentar

Promi-Todesfälle dürfen kein Anlass zur Selbstinszenierung sein

Promi-Todesfälle Kommentar

Spätestens seit 2016, dem Todesjahr von David Bowie, Prince, George Michael und Carrie Fisher, hat sich in sozialen Medien ein Ritual etabliert: Kaum wird die Todesnachricht bekannt, findet man wenig später schon zahlreiche Posts in seinem Facebook-, Twitter- oder Instagram-Feed. Jeder möchte der Erste sein, jeder kundtun, welch großer Fan er doch war. Bei Promi-Todesfällen sollte es jedoch nicht um Selbstdarstellung und Likes gehen. Schweigen zeigt oft mehr Pietät als ein schnell getippter Post mit traurigen Emojis.

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Wer postet die Todesmeldung am schnellsten?

Während ich in meiner Jugend erst in der abendlichen Tagesschau von prominenten Todesfällen erfahren habe, muss man inzwischen schon sehr abgeschottet leben, um nicht binnen weniger Stunden die Nachricht zu erhalten. Wer keinen Newsticker auf seinem Smartphone hat, wird spätestens auf Facebook durch zahlreiche RIP-Posts darauf aufmerksam gemacht. Vielleicht schickt auch der eine oder andere Freund eine Nachricht wie „Krass, Person xy ist gestorben“ in den Gruppenchat. Was mir dabei immer mehr auffällt: Es scheint inzwischen einen Wettlauf darum zu geben, wer am schnellsten die Todesnachricht verkündet. Bei Nachrichten-Seiten mag dies ja noch verständlich sein, schließlich ist das ihr Sinn.

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Doch was haben Privatpersonen davon, so schnell wie möglich einen Post rauszuhauen? Möchte man hiermit vielleicht beweisen, wie up to date man ist? Ich bin mir sicher, dass es dabei nicht um tatsächliche Trauer geht, sondern vor allem um Selbstinszenierung, Likes und Retweets. Denn wäre man bei einem Todesfall im näheren Umfeld nicht viel zu geschockt, um gleich einen Social-Media-Post zu verfassen? Würde man nicht Tage, Wochen oder Monate brauchen, bis man öffentlich darüber sprechen kann? Wessen Impuls es stattdessen ist, sofort zum Smartphone zu greifen, verhält sich meiner Meinung nach respektlos gegenüber den Angehörigen, die tatsächlich gerade trauern.

Auch dieses Jahr konnte man solche eilig verfassten Posts bei den folgenden verstorbenen Prominenten lesen:

Diese Stars sind 2019 verstorben

Diese Stars sind 2019 verstorben
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RIP-Posts gone wrong

Dass unbedachte, schnell veröffentlichte Posts nach hinten losgehen können, haben schon einige prominente Beispiele gezeigt. Als David Bowie 2016 verstarb, veröffentlichte die Schuh-Firma Crocs einen Tweet begleitet von einem Bild, auf dem der ikonische Ziggy-Stardust-Blitz vor einem Crocs-Exemplar zu sehen ist.

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Was David Bowie mit den Plastik-Latschen zu tun hat? Nichts. Der pietätlose Werbeposts wurde aufgrund zahlreicher negativer Kommentare kurz später offline genommen, zeigt jedoch exemplarisch, wie sehr prominente Todesfälle zum Anlass genommen werden, sich selbst oder seine Marke zu inszenieren.

Auf einmal sind alle die größten Fans

Selbstverständlich kann einen als Fan der Tod seines Lieblingsmusikers schocken und traurig stimmen. Aber der Grat zwischen Selbstinszenierung auf Social Media und ehrlicher Trauerbekundung ist ein schmaler. Stirbt eine bekannte Person, gilt es nicht nur, der Erste zu sein, sondern auch öffentlich zu verkünden, dass man selbst einen ganz persönlichen Bezug zu dem oder der Verstorbenen hatte. Um das zu untermalen, werden gerne Selfies mit dem Star herausgekramt („Schaut her, wir kannten uns!“) oder man postet einen unbekannten B-Seiten-Song („Ich bin ein echter Fan und kenne nicht nur die Hits.“). Ebenso war ich auch verwundert darüber, wie viele angebliche Fans von Karl Lagerfeld, Lou Reed, Avicii, Robin Williams oder Whitney Houston kurz nach ihrem Tod aus dem Boden sprossen. Während man zu ihren Lebzeiten wenig von der angeblichen Fan-Liebe mitbekommen hat, entdecken viele Menschen ihre Faszination für einen Star erst dann, wenn er stirbt. Traurigerweise hält diese oft aber auch nur so lange an, bis der Social-Media-Hype wenige Tage nach dem Tod wieder abebbt.

Wenn Trauer in Meme-Form gepackt wird: Sind Szenen-Bilder aus der Serie „Riverdale“ wirklich eine angemessene Form, um über den verstorbenen Luke Perry zu trauern?

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Nina Everwin

Ehrlichkeit statt geheuchelter Trauer

Ich möchte nicht jedem unterstellen, sich mit Social-Media-Posts bei Promi-Todesfällen selbst inszenieren zu wollen. Selbst wenn man jedoch ein großer Fan war, sollte man überlegen, ob man wirklich sofort einen Post veröffentlichen muss und was dieser beinhalten sollte. Beschreibst du in dem Post, dass deine Jugend mit dieser Person gestorben ist, oder wie gut du diesen Prominenten kanntest? Sorry, in dem Fall geht es zu sehr um dich. Auch wenn ein kurz gehaltener Text unpersönlich erscheinen mag, kann Zurückhaltung in einem Todesfall oft viel mehr Respekt zeigen. Das Gleiche gilt übrigens, wenn du den verstorbenen Prominenten eigentlich kaum kanntest. Heutzutage fühlen sich viele Menschen verpflichtet, zu allem ihren Senf dazu zu geben. Ich finde es aber viel aufrichtiger, sich zurückzuhalten, anstatt sich an trendenden RIP-Hashtags zu beteiligen. Anstatt berühmte Personen erst dann abzukulten, wenn sie sterben, sollten wir uns viel lieber angewöhnen, unsere Bewunderung noch zu ihren Lebzeiten auszusprechen – dann ist Post im Todesfall auch glaubwürdig.

Nina Everwin

Bildquelle: Getty Images/Jack Taylor/Freier Fotograf, Twitter/sophiekleemann, Instagram/chonigrill