„365 Days“ bzw. „365 Dni“ heißt der neue Netflix-Hit, der sich seit mehreren Wochen in den Top 3 der deutschen Netflix-Charts hält. Für viele ist er das bessere „Fifty Shades of Grey“, doch so ganz können wir den Hype irgendwie einfach nicht nachvollziehen. Wir nennen dir 5 Gründe, wieso „365 Days“ dem Christian Grey-Epos einfach nicht das Wasser reichen kann.
Im neuen polnischen Erotik-Drama dreht sich, welch Überraschung, alles um Sex. Gepaart mit einem Mann, der sich selbst durch seinen Gottkomplex über alle anderen Menschen erhebt und einer Frau, die denkt, sie könne ihn beherrschen und dadurch in ihrer eigentlichen Opferrolle meint, die große Liebe gefunden zu haben. Ein kleiner Hinweis: SPOILER folgen in den nächsten Punkten.
#1 Große Liebe à la „Fifty Shades of Grey“ im Zeitraffer
Zugegeben, niemand hat ein Rezept dafür, wie lange man sich Zeit lassen sollte, bis man von Liebe sprechen und sich voll aufeinander einlassen kann. Doch insbesondere wenn ein Mafia-Boss eine Frau entführt und sie von Anfang an sexuell bedrängt, indem er ihr sein Gemächt vor die Nase hält, möchten wir doch um ein bisschen Bedenkzeit bitten. In „Fifty Shades of Grey“ hatten die Figuren Zeit sich kennenzulernen und vor allem mehr über ihr Gegenüber herauszufinden, als ihre liebste Stellung. Außerdem gab es Freunde und Familie, die sich ernsthaft Sorgen um ihre Freundin und Tochter Anna gemacht haben.
Tja, was sollen wir sagen, in „365 Dni“ ist das nicht nötig. Gesehen, entführt, verliebt, verlobt, schwanger lautet die Devise. Und Freunde oder Familie, die das plötzliche Verschwinden aus einem Urlaub hinterfragen, sowas gibt es nicht. Das ist uns irgendwie zu dünn. Es wirkt, als hätten die Macher eine eben so große Liebesgeschichte wie die von Anna & Christian Grey inszenieren wollen, doch das Budget für eine ausgereifte Story mit tiefergehenden Entwicklungen von Laura und Massimo hätte nicht ausgereicht. Schade ...
#2 Ein Hauch zu viel unnötiger Mystik
Ja, auch Christian Grey wirkte manchmal etwas verstörend, wie er so vor sich hinstarrte. Doch trotzdem behielt die ominöse SM-Story ihr realistisches Antlitz. Ganz im Gegensatz zum polnischen Pendant. Bereits zu Beginn mussten wir mehrmals zurückspulen und überdenken, ob wir eigentlich gerade „The Vampire Diaries“ schauen. Gleich in mehreren Szenen taucht der Mafiosi Massimo ganz plötzlich ohne auch nur ein einziges Geräusch direkt hinter seinem Objekt der Begierde auf und verschindet genauso lautlos und plötzlich dann wieder.
Doch damit nicht genug. Nach einem beinahe tödlichen Schuss auf ihn, stoppte das Herz des Italieners und vor seinem inneren Auge sah er die wunderschöne Laura, die er daraufhin nicht mehr vergessen konnte. Überall in seiner Villa ließ er seitdem Gemälde von ihrem Gesicht aufhängen, die er eigens während der Suche nach ihr auf der ganzen weiten Welt anfertigen ließ. Also mal ganz ehrlich, das klingt doch ziemlich unrealistisch und vor allem nicht romantisch. Für uns klingt das eher nach einer krankhaften Obsession, die jeder Frau zeigen sollte: Lauf so schnell du kannst!
#3 Dialoge ganz wie in alten Groschenromanen
Einer der großen Pluspunkte von „Fifty Shades of Grey“ sind die Dialoge. Denn egal wie dominant und super männlich sich Christian Grey verhält, trotzdem ist er am Ende des Tages der anständige Geschäftsmann, der weiß, wie man sich einer Frau gegenüber gewählt ausdrückt. Und auch Anna lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen und vor allem nicht alle schlecht gewählten Worte gefallen. Bei „365 Dni“ wurde scheinbar nicht ganz so viel Wert auf gute und vor allem abwechslungsreiche Dialoge gelegt.
Hier kommen die Top 3 Sätze, bei denen man sich garantiert nicht verlieben würde:
- „Hast du dich verlaufen Kleines?“ Ernsthaft? Weil der Satz so schön ist, kommt er übrigens auch gleich mehrmals vor.
- „Wieso schaust du ihn nur an? Willst du ihn anfassen?“
- „Dann mache ich mit dir alles was ich will und wann ich will.“
#4 Harter Sex, aber wo eigentlich?
Bevor wir den Film angesehen haben, hatten wir schon ein paar Meinungen darüber gelesen. Einstimmig behaupteten sie, dass der polnische Erotik-Film so viel härter sei als sein amerikanisches Gegenstück. Dem können wir irgendwie nicht so ganz zustimmen. Immer wieder verspricht Massimo seiner Laura ihr ohne Erbarmen zu zeigen, wo der Hammer hängt. Doch am Ende passiert doch nicht mehr als Sex an recht harmlosen Orten wie dem Bett, einem Bootsdeck (weit und breit kein anderes Boot in Sicht) und einer Dusche. Hinzu kommen ein paar wilde Drehungen, um zwischen der Missionarsstellung und dem Doggy Style zu wechseln. Der Höhepunkt bietet noch eine Szene, in der Laura an ein Bett gefesselt wird und zuschauen muss, wie eine andere Frau ihren Entführer beglückt. Und das war's dann auch schon.
Es stimmt, dass mit der Kamera etwas intensiver in Richtung sexuelle Handlung gefilmt wird, dennoch wirkt das Liebesleben von Christian Grey und seiner Anna um einiges härter. Denn auch wenn Sexszenen oft nur angedeutet wurden, sieht man in den Filmen Peitschen, Paddles und anderes Sexspielzeug im Einsatz, was der eigenen Fantasie eine ganz andere Dynamik erlaubt.
#5 Unpassende Popmusik rundet das Bild ab
Kommen wir zum letzten Kritikpunkt: Die Musik. Wie wir aus zahlreichen Filmen wissen, steht und fällt die Story mit ihrer musikalischen Untermalung. Sie kann Emotionen beim Zuschauer verstärken oder sie sogar überhaupt erst hervorrufen und bestimmt so ganz genau, wie man den Film und seine Szenen empfindet. Schade, dass das den Machern von „365 Days“ scheinbar kein Anliegen war. In den ach so harten Sexszenen trällert fröhliche Popmusik, während in heiklen Situationen plötzlich italienische Folklore erklingt. Sehr ärgerlich, damit hätte man den Film bestimmt noch aufbessern können.
Alles in allem würden wir „365 Dni“ nur 4 von 10 Punkten geben und ihn definitiv keiner Freundin weiterempfehlen. Loben kann man höchstens die schauspielerischen Leistungen, denn die sind den Darstellern nicht abzusprechen. Wie stehst du zu dem Film? Teil uns in den Kommentaren gerne deine Meinung dazu mit.
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