Zu seiner eigenen Sexualität zu stehen, fällt oftmals schwer. Schließlich sind die Reaktionen darauf und die Konsequenzen dadurch auch heute noch ein großes Thema. Vor allem Sportler und Sportlerinnen taten sich damit schon immer besonders schwer, denn noch immer hat die persönliche Orientierung einen viel zu großen Einfluss auf die Karriere und auch Hasswellen im Internet und leider auch im echten Leben sind immer ein viel zu großes Problem. Doch jetzt, wo endlich immer mehr Menschen sich trotz aller Umstände trauen, offen über ihre Sexualität zu sprechen, wollen auch berühmte Sport-Idole zu sich stehen und ihr Geheimnis nicht länger für sich behalten. Sie wollen frei leben können und anderen Menschen mit gleichen Problemen zur Seite stehen. Und dieser Mut ist wirklich bewundernswert.
Thomas Hitzelsperger
2014 wagte der Ex-Nationalspieler Thomas Hitzelsperger den Schritt an die Öffentlichkeit und sprach darüber, homosexuell zu sein. Damit ist er bis heute der erste und einzige deutsche Nationalspieler, der sich öffentlich outete. Seine Entscheidung fand international große Beachtung und wurde von Mitspielern, Funktionären, der Presse und vielen weiteren öffentlichen Personen gelobt. Sehr zu Hitzelspergers Erleichterung, denn während seiner aktiven Karriere hatte er große Angst vor den Reaktionen und berichtete von homophober Stimmung in den Kabinen.
Der Grund, sich schließlich doch für ein öffentliches Coming-out zu entscheiden, war, dass er anderen Spielern und Spielerinnen endlich Mut machen wollte, zu sich zu stehen. Im Interview mit tagesschau.de erklärte er: „Ich wollte eine Diskussion voranbringen über Homosexualität in der Gesellschaft, mit besonderem Augenmerk auf den Profi-Fußball. Aber auch über Vorurteile, die es natürlich damals gab, die es auch heute noch gibt. Wenn Homosexualität nicht sichtbar ist im Profisport und in anderen Bereichen der Gesellschaft, denkt man, dass es nicht existiert. Ich wollte klarmachen: Man kann Homosexualität und Profi-Fußball zusammenbringen, ich bin ein Beispiel dafür. Und im besten Fall gibt es Nachahmer, Leute, die sagen: Wenn der sich traut, dann traue ich mich auch.“
Justin Fashanu
Hitzelspergers Ängste waren nicht unbegründet, denn andere Coming-outs von Profifußballern nahmen in der Vergangenheit einen weniger glücklichen Lauf. Der britische Nationalspieler Justin Fashanu hatte 1990 sein öffentliches Coming-out und war damit generell der erste aktive Spieler, der sich zu seiner Homosexualität bekannte. Auf sein Bekenntnis folgte eine regelrechte Hetzjagd, die Fashanus Karriereende schließlich endgültig besiegte. Doch sein Martyrium begann schon viel früher.
Als seine Leistungen nach einem teuren Wechsel zu Nottingham Forest schlechter wurden, holte sein damaliger Trainer Brian Clough Informationen über seinen Schützling ein und fand heraus, dass sein Spieler regelmäßig in der Nottinghamer Schwulenszene verkehrte. Vor versammelter Mannschaft konfrontierte er ihn damit und warf ihm vor, deswegen schlechter zu spielen. Nachdem Fashanu zunächst für sich einstand und sogar in Erwägung zog, seinen Freund zu heiraten, um seine Beziehung offizieller zu machen, gab er der Diskriminierung doch nach und versuchte lange Zeit, seine Homosexualität mithilfe einer christlichen Sekte zu unterdrücken. Von homophoben und rassistischen Beleidigungen begleitet, versuchte Fashanu in den USA Fuß zu fassen und betrieb sogar eine Schwulenbar. 1989 kehrte er zurück nach Großbritannien und beschloss, sich zu outen, um endlich frei in seiner Heimat leben zu können. Es folgten eine unglaubliche Summe von 80.000 Pfund für sein Coming-out als Titelstory, ein Gegenangebot seines Bruders, der ihn schließlich für verstoßen erklärte und einige falsche Behauptungen von Affären im House of Commons, mit denen Fashanu nach eigenen Angaben noch mehr Geld erzielen wollte.
Noch mal zurück in den USA arbeitete der Ex-Profi als Jugendtrainer und sah sich schließlich mit dem Vorwurf der Vergewaltigung eines jungen Spielers konfrontiert. Auch wenn die Polizei in zwar vernahm, aber nicht festnahm, verurteilte die Presse den Briten als Vergewaltiger, was ihn schließlich 1998 zur erneuten Rückkehr nach Großbritannien trieb. Als er dort erfuhr, per internationalem Haftbefehl gesucht zu werden, erhängte er sich in einer Garage. Nach seinem Tod wurde ein Abschiedsbrief gefunden, in dem er beteuerte, den Jungen nicht vergewaltigt, sondern einvernehmlichen Sex mit ihm gehabt zu haben. Anschließend habe der Junge Geld verlangt und gedroht, Fashanu würde schon sehen, was passieren würde, wenn er nicht bezahlt. Im Glauben als Homosexueller keinen gerechten Prozess zu bekommen und um seiner Familie keinen Kummer zu bereiten, entschied er sich deswegen für den Tod.
22 Jahre später wurde Justin Fashanu in die English Hall of Fame aufgenommen.
Megan Rapinoe
Auch immer mehr Frauen trauen sich inzwischen, sich öffentlich zu outen. Allen voran die US-Kapitänin Megan Rapinoe. Die Olympiasiegerin und zweifache Weltmeisterin macht aus ihrer sexuellen Orientierung schon lange kein Geheimnis mehr und setzt sich sogar intensiv für die Rechte der queeren Community ein.
2012 erklärte sie, lesbisch zu sein und verfolgt seither das Ziel, Klischees und Stereotypen aus den Köpfen zu verbannen und Einschränkungen, die queere Menschen erleben müssen, zu unterbinden.
Was bedeutet LGBTQ?
Im Video verraten wir dir, was LGBTQ eigentlich genau bedeutet.
Martina Navratilova
1981 wurde Tennis-Star Martina Navratilova zu ihrem Coming-out gezwungen. Ein Journalist, der von ihrer sexuellen Orientierung wusste, veröffentlichte die sensible Information ohne ihr Einverständnis. Heute lebt die Ex-Sportlerin öffentlich aus, lesbisch zu sein und ist seit 2014 mit dem Model Julia Lemigova verheiratet. Sie gilt als Vorreiterin für homosexuelle Sportlerinnen und machte auch anderen lesbischen Tennisspielerinnen, wie etwa Conchita Martínez und Amélie Mauresmo, Mut.
Ralf Schumacher
Auch der ehemalige Formel-1-Fahrer Ralf Schumacher bekennt sich seit 2024 öffentlich zu seinem Freund. Wie aus einem Kommentar von Carmen Geiss hervorgeht, sind sein Freund Etienne und er bereits zwei Jahre zusammen und scheinen auf Wolke Sieben zu schweben. Seit seiner Trennung von Cora Schumacher hielt sich der Rennfahrer mit Informationen zu seinem Privatleben eher zurück.
Auch Sohn David gratuliert Ralf Schumacher zu seiner Liebe und dem öffentlichen Bekenntnis dazu. Unter einem gemeinsamen Foto des Paares schreibt er, dass man spüren würde, wie wohl er sich fühlt und dass es egal sei, ob er nun Mann oder Frau liebe.
Damit ist Ralf Schumacher der erste ehemalige Formel-1-Fahrer, der sich öffentlich outet. Schon 2022 hatte Sebastian Vettel dafür plädiert, dass der Sport nun bereit sei, auch einen Fahrer oder eine Fahrerin aus der queeren Community zu begrüßen.
Anja Pärson
Auch die Skirennläuferin Anja Pärson gehört zu den Sportlerinnen, die bereits ihr Coming-out hatten. Sie entschied sich ebenfalls erst nach ihrer Karriere dafür und verriet 2012 in einem Radiointerview, bereits fünf Jahre mit ihrer Partnerin zusammen zu sein, die zu dem Zeitpunkt ihr erstes gemeinsames Kind erwartete. Mittlerweile sind die beiden seit 2014 sogar verheiratet und auch Pärson brachte ein gemeinsames Kind zur Welt.
Sich als lesbisch zu bekennen, verweigerte die schwedische Sportlerin, schließlich habe sie zuvor auch viele Jahre mit einem Mann eine Beziehung geführt, mit ihm zusammengelebt und ihn geliebt.
Greg Louganis
Greg Louganis ist viermaliger Olympiasieger im Wasserspringen, Weltmeister und homosexuell. Lange Zeit behielt er das Geheimnis für sich, obwohl er privat seine Liebe bereits auslebte. 1988 dann die erste kleine Wende: Kurz vor dem Antritt bei den Olympischen Spielen in Seoul erfährt Louganis von der HIV-Erkrankung seines Partners und schließlich auch seiner eigenen. Öffentlich machen, die Karriere beenden? Nein, sein Trainer überredet ihn, an den Spielen teilzunehmen und die Erkrankung geheimzuhalten. Schließlich kommt es jedoch zum großen Eklat, als Louganis in der Qualifikation eine Kopfverletzung erleidet und der Arzt seine Wunde ohne Handschuhe und ohne das Wissen um die HIV-Erkrankung behandelt. Er muss getestet werden, und Louganis ist bis zur Entwarnung wie gelähmt. Anschließend holt er mit der Verletzung Doppelgold. Doch für ein öffentliches Outing ist er immer noch nicht bereit.
Erst 1994 fühlt sich der Turmspringer bereit und bekennt sich bei den Gay Games zu seiner Homosexualität. Heute setzt er sich für die queere Community ein und berichtet auch in seiner Biografie von seinen Erfahrungen.
Tom Daley
Tom Daley traute sich sogar als aktiver Profisportler ein Coming-out. Der Olympiadritte verriet 2013, eine Person getroffen zu haben, die ihn so glücklich machen würde, dass er sich sicher fühle. Und diese Person sei ein Mann. Seither steht er offen zu seiner Homosexualität und ist noch immer im Wassersport aktiv.
Mit seinem Partner Dustin Lance Black ist Daley heute immer noch zusammen, inzwischen sogar verheiratet und hat mit ihm zwei Söhne.
Mutige Promi-Männer
Nicht nur Sportler*innen trauen sich inzwischen, sich zu outen. Auch andere Promimänner haben den Mut dazu gefunden.