In Zeiten, in denen Essen in sozialen Netzwerken derart zelebriert wird, in denen Clean Eating und Superfoods den Speiseplan vieler Menschen bestimmen, gibt es Gerichte, die so gar nicht zu diesem sehr bewussten Umgang mit Lebensmitteln und Ernährung zu passen scheinen. Doch auf den zweiten Blick stellt sich diese Annahme nicht selten als falsch heraus, wie zum Beispiel beim Linseneintopf. Dieser Klassiker der deutschen Küche soll als hippes Essen durchgehen? Aber ja – und unsere Rezepte beweisen das auch.
Der Linseneintopf ist ein ganz traditionelles Gericht der guten, alten Hausmannskost: deftig, nahrhaft, wärmend. Also genau das, was man von einem typischen Wintergericht erwartet. Und trotzdem ist der Linseneintopf in den letzten Jahren immer weiter in Vergessenheit geraten. Dabei sind Linsen, die nicht nur Namensgeber, sondern auch Hauptbestandteil des Eintopfes sind, wahre #Superfoods: Je nach Sorte bestehen sie zu einem Viertel aus Eiweiß, haben pro 100 Gramm gerade einmal zwei Gramm Fett und bringen dazu noch jede Menge Nährstoffe mit. Kalium, Calcium, Magnesium und andere gute Inhaltsstoffe stecken in jeder einzelnen Linse.
Gerade für Veganer und Vegetarier sollten Hülsenfrüchte, insbesondere Linsen, ein wichtiger Bestandteil des Speiseplans sein, da sie aufgrund ihres hohen Eiweißgehalts wichtige Proteinquellen sind. Doch wenn Linsen so gut für den eigenen Körper sind, warum hat der Linseneintopf dann ein derart verstaubtes Image?
Linseneintopf: Alles Gute aus einem Topf
So wirklich nachvollziehbar ist es nicht, warum heutzutage kaum noch jemand „Linseneintopf!“ ruft, wenn die Frage nach dem Lieblingsgericht gestellt wird. Vielleicht liegt es daran, dass der Eintopf nicht gerade ein Leichtgewicht ist: So, wie Oma ihn früher zubereitet hat, also mit Speck und fettigem Schweinefleisch, ist der Linseneintopf nicht wirklich ein Figurschmeichler, aber muss es wirklich immer Salat sein? Kann und sollte man sich nicht auch mal etwas gönnen können? Es könnte aber auch daran liegen, dass generell viele beliebte Gerichte unserer Großelterngeneration mehr und mehr in die Bedeutungslosigkeit abrutschen, da heute aufgrund der Globalisierung die exotischsten Lebensmittel ganz einfach zu bekommen sind als noch vor ein paar Jahrzehnten. Mit der Auswahl an Zutaten steigt natürlich auch die Vielfältigkeit des Essens – und da verlieren Speisen, die gefühlt schon immer da waren, schnell mal ihren Status als Liebslingessen. Und das, obwohl sie doch so viele Vorteile haben! Der Linseneintopf ist dafür ein wunderbares Beispiel. Bei ihm ist der Name Programm, alles kommt in einen Topf. Zwar dauert es ein kleines Weilchen, bis die Linsen und das restliche Gemüse gar sind, aber man braucht weder ein zehnteiliges Topfset noch ausgefallenes Kochequipment, ein Topf reicht. Und während der Linseneintopf vor sich hin köchelt, muss man ja auch nicht die ganze Zeit neben dem Herd stehen, sondern kann sich wunderbar um andere wichtige Dinge kümmern. Apropos Zeit, so ein Linseneintopf lässt sich wunderbar vorbereiten, wer also mittags keine Zeit oder keine Möglichkeit hat zu kochen, bereitet ihn einfach schon am Abend zuvor zu und wärmt den Eintopf dann einfach auf. Auch einfrieren lässt er sich gut – so hat man immer eine leckere Mahlzeit im Gefrierfach. Und dann ist da noch der große Vorteil, den alle Eintöpfe mitbringen: Gerade in der kalten Jahreszeit sind sie der ideale Wärmespender, wenn es draußen knackig kalt ist. Außerdem sind sie nahrhaft, sättigen also lange und mindern die Gefahr einer plötzlichen Heißhungerattacke.
Linseneintopf wie ihn die Deutschen lieben
Das Basisrezept für Linseneintopf könnte einfacher kaum sein: Linsen werden in der doppelten Menge Wasser gekocht, bis sie gar sind. Bei Tellerlinsen, die hierzulande in den meisten Eintöpfen landen, dauert das etwa 45 Minuten. Einweichen muss man die Linsen nicht, auch wenn sich dieser Küchenmythos beständig hält. Man kann sie aber einweichen, dann reduziert sich die Kochzeit um etwa 15 bis 20 Minuten, muss jedoch gleich mehrere Stunden für das kalte Wasserbad einrechnen. Zu den Linsen gesellen sich dann gewürfeltes Suppengemüse und ebenfalls gewürfelte, rohe Kartoffeln, die erst im Eintopf gar werden. Dazu gibt es, je nach Region, Schweinebauch und Speck, die ebenfalls mitgekocht werden. Andere Rezepte für Linseneintopf setzen auf Wiener Würstchen,Bockwurst oder pikante Mettwurst, in Schwaben landen auch gerne mal Spätzle im Linseneintopf. Gewürzt wird das Ganze mit Salz, Pfeffer, einem Lorbeerblatt, Wachholderbeeren und je nach Geschmack etwas Essig.
Linseneintopf international
Auch wenn es vielleicht so erscheinen mag, seinen Ursprung hat der Linseneintopf nicht in Deutschland, sondern im antiken Griechenland. Von dort aus verbreitete er sich in ganz Europa, sodass es durchaus auch internationale Rezepte für Linseneintopf gibt. Die Grundzutat, Linsen, bleibt stets die gleiche, bei den restlichen Zutaten und vor allem bei den Gewürzen liegen aber zum Teil große Unterschiede zwischen den einzelnen Gerichten. Und dann ist da noch der indische Dal, eines der wichtigsten Speisen in seinem Heimatland. Statt wie in Europa üblich setzen indische Köche nicht auf Tellerlinsen sondern auf Rote Linsen. Sie werden mit typischen Gewürzen wie Kreuzkümmel, Chili, Koriander und Ingwer abgeschmeckt und mit vielen weiteren Zutaten zu einem herrlich leckeren, asiatisch-exotischen Linseneintopf ergänzt. Klingt lecker?
Es lohnt sich durchaus, sich auf die guten, alten Klassiker der deutschen Küche zurückzubesinnen, denn es muss nicht immer super ausgefallenes Superfood sein, dass auf unseren Tellern landet. Mit einem Linseneintopf macht man eigentlich nie etwas falsch, er sorgt immer für wohlige Wärme, ist lecker – und liefert bei dem einen oder anderen auch wunderschöne Kindheitserinnerungen gleich mit, Löffel für Löffel.
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