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Alter Brauch

Hermann-Kuchen: Der Teig, der sich vermehrt

Hermann-Kuchen

Wenn Du in den 80er-Jahren groß geworden bist, hast Du garantiert schon einmal vom Hermann-Kuchen gehört oder hast sogar selbst schon einen bei Dir zu Hause gehegt und gepflegt. Falls nicht, wirst Du Dich vermutlich nun fragen: Wie bitte?! Geht es hier um Kuchen oder um ein Haustier? Man könnte fast sagen um eine Mischung aus beidem, denn der Hermann-Teig will mehrere Tage gefüttert werden, bis er Hermann-Kinder bekommt und ein Teil von ihm zu einem Hermann-Kuchen verarbeitet wird.

So reichlich skurril sich dies für Hermann-Neulinge anhören mag: Das Prinzip dieses Kuchens beruht auf der alten Tradition des Sauerteigzüchtens. Ein Sauerteigstarter kann sich durch stetige Pflege in Form von Beimischung von Mehl und Flüssigkeit über Jahre hin vermehren und fortleben. In der Teigmischung entstehen lebende Kulturen, ähnlich wie bei der Kombucha- oder Joghurtherstellung. Beim Hermann handelt es sich um einen leicht gesüßten Sauerteig, der 10 Tage lang gefüttert wird, bevor er aufgeteilt und zum Teil zu Kuchen weiterverarbeitet und zum anderen Teil an Freunde weitergegeben wird. Wenn diese Kette nicht durchbrochen wird, kann ein solcher Hermann viele Jahre alt werden. Wir führen Dich ein in die Geschichte des Hermann-Kuchens, verraten Dir, wie Du einen Hermann in die Welt setzen und ihn anschließend zu einem saftigen Kuchen weiterverarbeiten kannst.

Hermann-Teig Starter
Den Hermann-Teig sollte man am besten in einem großen Gefäß aufbewahren, sodass Hermann genug Platz zum wachsen hat.

Kettenbriefe aus den 80er-Jahren

Hermann-Teig weitergeben
Nach der Fütterung des Hermanns werden ein oder zwei Portionen Teig an Freunde weitergegeben.

Obwohl es sich beim Hermann-Kuchen eigentlich schlichtweg um die Vermehrung und Weitergabe eines Sauerteigs handelt, hat sich ein wahrer Kult um Hermann entwickelt. Das hat vermutlich auch etwas mit dem liebenswürdigen Namen zu tun, durch den der Teig mit seinen lebenden Kulturen einem schon fast wie ein kleines pflegebedürftiges Lebewesen vorkommt. Zudem ist es üblich, Teile des Teigs zusammen mit einer Pflegeanleitung in Briefform weiterzugeben, die aus der Sicht von Hermann verfasst wurde. Dies kann dann so oder ähnlich klingen: „Ich bin Hermann, Dein neues Familienmitglied für die Dauer von 10 Tagen, oder länger! Wenn Du mich pfleglich behandelst und regelmäßig fütterst, schenke ich Dir 2 Hermannkinder. Bitte bewahre mich nur in Glas- oder Plastikschüsseln auf, denn ich mag kein Metall." Wer bringt es da schon über's Herz, den unscheinbaren Teig verwahrlosen zu lassen? In den 80er-Jahren wurde der Hermann-Kuchen sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen Kult und fand durch den Kettenbrief rasend schnell Verbreitung – auch über die Grenzen Deutschlands hinaus. Warum dieser Sauerteig den Namen Hermann bekam, ist unbekannt. In den USA wird das Pendant als Amish Friendship Bread bezeichnet und hat dort nicht den kultigen Charakter des Hermann-Kuchens.

So startest Du einen Hermann-Kuchen

Wenn Du diesen süßen Retrotrend aus den 80ern wieder aufleben lassen willst, kannst Du ganz einfach einen neuen Hermann ins Leben rufen. Dafür brauchst Du erst einmal eine große verschließbare Plastik- oder Glasschüssel, die Du günstig bei Amazon bekommst*. Der Hermannteig sollte nicht mit Metall in Berührung kommen, weshalb Du auch einen Rührlöffel aus Plastik oder Holz verwenden solltest.

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Für den Hermann-Starter-Teig benötigst Du:

  • 100 g Weizenmehl (Typ 405 oder 550)
  • 1 EL Zucker
  • 1/2 Päckchen Trockenhefe (ca. 2 TL)
  • 150 ml lauwarmes Wasser

So erweckst Du Hermann zum Leben: Zuerst verrührst Du alle Zutaten in der Plastikschüssel und lässt diesen Ansatz für zwei Tage bei Raumtemperatur mit verschlossenem Deckel stehen. Zwischendurch kannst Du ihn kurz umrühren, damit er sich nicht vernachlässigt fühlt. Nach zwei Tagen ist der Ansatz fertig. Von nun an wird er für 10 Tage genau so behandelt, wie wenn Du von jemandem ein Hermannkind bekommst. Ab jetzt wird der Hermann-Teig im Kühlschrank gelagert. Damit es zu keiner Sauerei kommt, sollte das Gefäß auf jeden Fall ausreichend Platz lassen: Hermann ist schließlich im Wachstum! Zum Abmessen verwendest Du am besten eine kleine Kaffeetasse, allzu genau musst Du es aber nicht nehmen, Hermann ist relativ pflegeleicht. Anstatt Milch kannst Du auch Wasser oder eine pflanzliche Milchalternative verwenden.

So fütterst Du Hermann:

  • 1. Tag: 1 Tasse Mehl, 1 Tasse Milch und 1/2 Tasse Zucker unterrühren
  • 2.-4. Tag: täglich ein paar Mal umrühren
  • 5. Tag: füttern wie am ersten Tag
  • 6.-9. Tag: wieder täglich ein paar mal umrühren
  • 10. Tag: Es wird Zeit für den Abschied! Hermann wird viergeteilt: 2 Teile des Teiges werden zu neuen Hermann-Kindern, die weiterverschenkt werden können und die anderen Teile werden zu einem Hermann-Kuchen weiter verarbeitet.

Wie ein gefütterter Hermann-Teig zu Kuchen wird

Hermann-Kuchen mit Nüssen
Aus dem Hermann-Teig lässt ich ein lockerer Nusskuchen backen.

Ein Hermann-Teig ist eine gute Kuchengrundlage, da der Kuchen nur wenig Backpulver benötigt, um schön fluffig aufzugehen. Durch den Sauerteig hält sich dieser mild süße Kuchen wesentlich länger als herkömmlicher Rührkuchen. Beim Weiterverarbeiten hast Du viele Möglichkeiten. Anstatt Klassiker wie Rosinen und Nüsse kannst Du auch getrocknete Cranberrys, gehackte Schokolade, Schattenmorellen, zerdrückte Banane, Apfelchips oder Kokosflocken unter den Teig mischen. Weitere Ideen und das Rezept für Hermanns herzhaften Bruder Siegfried findest Du auch in diesem Backbuch*. Als Maßeinheit solltest Du auch hier kleine Kaffeetassen verwenden.

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Zutaten für 12 Portionen

  • 2 Teile, bzw. ca. 2 Tassen gefütterter Hermann-Teig
  • 2 Eier
  • 2 Tassen Mehl
  • 1 TL Backpulver
  • 1/2 Tasse Öl
  • 1 Tasse Milch
  • 1/2 - 1 Tasse Zucker (nach Geschmack)
  • 1 Päckchen Vanillezucker
  • 1 Prise Salz
  • 1/2 TL Zimt (optional)
  • 2 Tassen Zutaten nach Wahl (Rosinen, gehackte Schokolade, Nüsse ect.)

Zubereitung:

  1. Heize den Backofen auf 180 °C vor. Für den Teig einfach alle Zutaten bis auf Nüsse, Schokolade oder Trockenfrüchte in einer großen Schüssel vermengen bis ein glatter Teig entsteht. Dann die restlichen Zutaten unterheben.
  2. Den Teig kannst Du wahlweise in eine gefettete runde Spring-, eine Kasten- oder eine Guglhupfform geben. Backe den Kuchen nun für ca. 45-55 Minuten und lasse ihn anschließend in der Form auskühlen. Anschließend kannst Du ihn mit Puderzucker bestäuben oder ihn glasieren.

Bildquelle: iStock/Mariana_Romaniv, iStock/arinahabich, iStock/SMarina, iStock/SonjaBK

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