Unter einer Amniozentese, auch Fruchtwasseruntersuchung genannt, versteht der Mediziner eine Untersuchung des Fruchtwassers während der Schwangerschaft. Mithilfe der Amniozentese können bereits in einem relativ frühen Stadium der Schwangerschaft Krankheiten beim Kind diagnostiziert werden. Doch wie risikobehaftet ist eine Amniozentese und was musst Du beachten, wenn Du Dich dafür entscheidest, eine Amniozentese durchführen zu lassen?
Viele Schwangere haben das Bedürfnis, möglichst früh über eventuelle Krankheiten oder Behinderungen ihres Kindes aufgeklärt zu werden. Dafür eignet sich eine Fruchtwasseruntersuchung, die medizinisch korrekt Amniozentese genannt wird. Über eventuelle Risiken des Eingriffs bzw. anstehende Folgeentscheidungen nach der Amniozentese sollte sich jede Frau jedoch schon zuvor informieren.
Was passiert während einer Fruchtwasseruntersuchung?
Eine Amniozentese hat das Ziel, die Zellen des Fötus zu untersuchen, während sich dieser noch im Mutterleib befindet, um so frühzeitig eventuelle Krankheiten oder Fehlbildungen beim Kind feststellen zu können. Der Amniozentese geht zumeist eine Ultraschalluntersuchung voraus, durch die der Arzt erkennen kann, wo das Kind liegt, um es bei der Untersuchung nicht zu verletzen. Zudem ermittelt er auf diese Weise, an welcher Stelle er in die Fruchtblase einstechen kann. Hat der Arzt eine geeignete Stelle zur Punktion feststellen können, erfolgt diese. Dabei wird eine dünne Nadel durch die Bauchdecke und anschließend durch die Fruchtblase geführt, um das Fruchtwasser entnehmen zu können. Das dauert meist nicht länger als fünf bis fünfzehn Minuten. Als unangenehm wird der Einstich nur von den wenigsten Frauen empfunden, weshalb zumeist auf eine lokale Betäubung der Einstichstelle verzichtet werden kann. In der Regel werden etwa 10 bis 20 ml Fruchtwasser entnommen. Diese Probe, die neben dem Fruchtwasser auch kindliche Zellen enthält, wird anschließend im Labor analysiert.
Was passiert nach der Fruchtwasseruntersuchung?
Die schwangere Frau sollte sich nach der Fruchtwasseruntersuchung möglichst schonen, da es sich dabei um einen medizinischen Eingriff handelt, dessen Wunde verheilen muss. Die kindlichen Zellen, die zusammen mit dem Fruchtwasser entnommen werden, werden in einem Labor künstlich vermehrt. Meistens handelt es sich bei den entnommenen Zellen um Hautzellen oder Zellen des Magen-Darm-Traktes oder der Nieren. Bereits nach 24 Stunden, maximal jedoch nach 48 Stunden, liegen erste Ergebnisse der Amniozentese vor. Diese sind jedoch nicht immer so aussagekräftig wie die Langzeitergebnisse. Um eine wirklich zuverlässige Aussage über Krankheiten und Fehlbildungen treffen zu können, sollte die Amniozentese daher auch eine Langzeitanalyse beinhalten.
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Wann sollte die Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt werden?
Meist wird aus medizinischer Sicht empfohlen, eine Fruchtwasseruntersuchung erst ab der 13. Schwangerschaftswoche durchführen zu lassen. Eine sogenannte Frühamniozentese ist aber auch schon ab der 10. Schwangerschaftswoche möglich, allerdings birgt eine solche frühere Amniozentese deutlich höhere Risiken für Mutter und Kind. Zum einen steigt beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, dass das ungeborene Kind bei der Fruchtwasserentnahme verletzt wird, je früher die Amniozentese durchgeführt wird. Zum anderen ist auch das Risiko einer anschließenden Fehlgeburt zu einem früheren Zeitpunkt der Untersuchung höher. Frühamniozentesen werden deshalb nur auf expliziten Wunsch der werdenden Mutter oder bei dringenden Fällen, wie z.B. bei Vorerkrankungen der Eltern, durchgeführt.
Was kann durch eine Fruchtwasseruntersuchung diagnostiziert werden?
Durch eine Fruchtwasseruntersuchung kann eine Reihe unterschiedlicher Fehlbildungen und Krankheiten festgestellt werden. Dazu gehören unter anderem Fehlbildungen des zentralen Nervensystems, Erbkrankheiten (wie z.B. das Apert-Syndrom) sowie zahlreiche Trisomie-Erkrankungen – darunter nicht nur die bekannteste und häufigste Trisomie 21 (auch bekannt als Down-Syndrom), sondern auch die Trisomien 13, 18, 8 und 9. Diese Trisomien können durch eine Amniozentese mit fast hundertprozentiger Sicherheit diagnostiziert werden. Andere Trisomien sind weniger sicher festzustellen, da sie nicht in jedem Chromosom zu erkennen sind und es dem Zufallsprinzip entspricht, welche Zellen bei der Amniozentese entnommen werden. Werden Zellen entnommen, die von der jeweiligen Trisomie nicht betroffen sind, kann sie daher auch nicht festgestellt werden. Bei einer sehr späten Amniozentese ab der 30. Schwangerschaftswoche kann zudem analysiert werden, ob die Blutgruppen der Mutter und des Kindes miteinander verträglich sind. Sollte das Risiko einer Fehlgeburt bestehen, ist es zudem möglich, die Lungenreife des ungeborenen Kindes festzustellen, um so besser einschätzen zu können, ob nach der Geburt ein Aufenthalt im Inkubator nötig ist.
Welche Risiken birgt die Fruchtwasseruntersuchung?
Da eine Amniozentese ein medizinischer Eingriff ist, geht sie nicht ohne potentielle Risiken einher. Mögliche Komplikationen sind der Verlust von zu viel Fruchtwasser, Verletzungen des Mutterkuchens, der Gebärmutter sowie des Kindes durch den Einstich der Nadel, Infektionen oder im schlimmsten Falle eine Fehlgeburt. Jede Frau sollte sich daher genau überlegen, ob sie die Risiken einer Amniozentese eingehen möchte. Für Elternpaare mit eigenen Vorerkrankungen oder Erbkrankheiten in der Familie ist das Risiko einer Amniozentese meist leichter zu akzeptieren, als für Eltern ohne besondere medizinische Vorgeschichte.
Eine Amniozentese ist ein medizinischer Eingriff, bei dem Dir Fruchtwasser entnommen wird, um eventuelle Behinderungen oder Krankheiten des Kindes festzustellen. Da eine Amniozentese nicht vollkommen risikofrei ist, solltest Du abwägen, ob die möglichen Ergebnisse einer Amniozentese die Risiken wert sind. Außerdem solltest Du Dich mit der Frage auseinandersetzen, welche Entscheidungen Du nach den Ergebnissen der Amiozentese treffen möchtest, für den Fall, dass Behinderungen festgestellt werden. Denn die meisten Krankheiten, die bei einer Amniozentese festgestellt werden können, sind nicht heilbar.
Bildquelle: istock/AndreyPopov