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Falsche Rolle

Regretting Motherhood: Die Scham der Frauen, die ihre Mutterschaft bereuen

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„Ich bereue es, Mutter geworden zu sein." Ein Satz, den sich nicht viele auszusprechen trauen, den aber viele Frauen nachvollziehen können. Was hinter „Regretting Motherhood" steckt, wie viele Mütter es betrifft und welche Möglichkeiten es für betroffene Eltern gibt, erklären wir dir hier.

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Regretting Motherhood: Wenn Frauen die Mutterschaft bereuen

Es ist ein Thema, über das wenig bis gar nicht in der Öffentlichkeit gesprochen wird. Als die israelische Soziologin Orna Donath 2015 ihre Studie unter dem Titel „Regretting Motherhood“ (deutsch: Bedauern der Mutterschaft) veröffentlichte, löste sie damit weltweit Entsetzen und Diskussionen aus. In dem Buch geht es um Frauen, die ihre Mutterschaft bereuen. Sie kommen aus unterschiedlichen sozialen Schichten, haben unterschiedliche Religionen und Lebensweisen, doch alle Frauen haben eines gemein: Auf die Frage „Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, mit Ihrem heutigen Wissen und Ihrer Erfahrung, würden Sie dann nochmal Mutter werden?“ antworteten sie alle mit „Nein“. Zwar empfinden diese Frauen Liebe für ihr Kind, jedoch hassen sie die Mutterrolle und fühlen sich in dieser quasi „gefangen“. Viele wünschen sich daher ihr Leben vor der Mutterschaft zurück.

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Eine Mutter, die ihr Kind bereut? Allein dieser Satz löst bei einem Großteil der Gesellschaft Entsetzen und Unverständnis aus. Noch immer wird die Frau meist gleichgesetzt mit der Mutterrolle. Der Kinderwunsch als „natürlich“ angesehen, die Mutterliebe als das stärkste Gefühl aller Gefühle, Kinder als das größte Geschenk des Universums. Wie kann es da jemand wagen, dieses Geschenk anzuzweifeln? Und so kann man verstehen, dass Frauen diese Gefühle lieber für sich behalten. Sie vielleicht sogar ganz unterdrücken, aus Scham vor der Gesellschaft und aus Angst vor ihrem eigenen inneren Moralapostel.

Regretting Motherhood: Ursachen und Symptome

Durch ihre Veröffentlichung hat Orna Donath immerhin erreicht, dass mehr Frauen, die sich in einer ähnlichen Situation wiederfinden, darüber sprechen. Wenn auch meist nur in der Anonymität des Internets. In Foren oder auf Social Media findet man viele Userinnen, die das Gefühl des Bereuens gut kennen. Auch hier wird deutlich: Die Mütter lieben ihr Kind, jedoch ist es meist genau diese Liebe und Aufopferung, die sie die Entscheidung für das Kind bereuen lässt. Oft haben sie das Gefühl, nicht mehr als Frau wahrgenommen zu werden, sondern nur noch als Mutter zu existieren. Eigene Interessen und Hobbys, die eigene Freiheit und Unabhängigkeit, Karriere oder auch Freunde und Partner – bei vielem müssen Mütter Abstriche machen. Der tägliche Mental Load, der Druck, immer an alles denken zu müssen und 24 Stunden am Tag in der Mutterrolle parat stehen zu müssen, belastet viele Frauen. Eine Bekannte sagte in diesem Zusammenhang mal zu mir: „Ich habe das Gefühl, ich habe mich selbst verloren.“ Nicht selten gibt es dann die Momente, in denen Mütter sich an ihr altes Leben zurückerinnern. Ein Leben ohne Kinder, ohne Verantwortung für ein anderes Menschenleben, mit viel mehr Zeit und viel mehr Selbstbestimmung. Oft kommen diese Gedanken in besonders stressigen Phasen, wenn die Kinder noch klein sind oder krank. Doch wenn sich diese Momente und Gedanken häufen, man tagtäglich mit der Mutterrolle hadert und die negativen Gefühle nicht mehr weggehen, kann man tatsächlich von einem Bereuen der Mutterschaft sprechen.

Regretting Motherhood: Frauen teilen ihre Erfahrungen

Bin ich eigentlich noch ich selbst, oder nur noch Mama? Und warum fühlt sich das Mamasein nicht natürlich an, sondern immer wie eine lästige Pflicht? Eine Rolle, die ich spiele, in einem Film, der mir gar nicht gefällt? Im Netz teilen viele Mütter ihre Erfahrungen und beschreiben, wie sich das Phänomen „Regretting Motherhood" für sie anfühlt.

Wer auf Instagram zum Beispiel nach dem Hashtag #regrettingmotherhood sucht, findet fast 2.000 Beiträge dazu. „Manchmal hab ich mich wie eine Ertrinkende gefühlt. Als ob ich keine Luft mehr bekomme," beschreibt eine Userin ihre Gefühle. Viele sehen die Schuld für dieses erdrückende Gefühl auch in der Haltung der Gesellschaft. Irgendwie haben alle immer eine genaue Vorstellung davon, wie eine gute Mutter zu sein hat. Und irgendwie kann eigentlich niemand dieser Vorstellung gerecht werden. Stattdessen gibt es Vorwürfe, Anfeindungen, besserwisserische Kommentare – und ganz viele Frauen, die unter dem Druck leiden. Mom shaming gehört leider zum Alltag der meisten Mamis dazu. Dabei muss man es ganz klar so sehen, wie eine Userin es in einem Forum zum Thema „Regretting Motherhood" beschreibt: „Bevor man Mutter ist, weiß man nunmal nicht wie es wirklich ist. Und wenn es dann soweit ist, ist man vielleicht überwältigt von so viel Verantwortung, so viel Liebe und gleichzeitig Angst (...) und merkt vielleicht, dass man mit diesen Gefühlen und den neuen Aufgaben nicht zurecht kommt oder sich nicht so erfüllt fühlt wie man erwartet hat." Keiner Mutter (und keinem Vater) sollte ein Vorwurf gemacht werden, nur weil sie oder er die „Rolle" nicht perfekt erfüllt. Wie es einem tatsächlich damit geht, weiß man eben erst, wenn es eintrifft. Wenn ein Kind da ist, bleibt es nun mal. Vom Elternsein gibt es kein Zurück, ein Kind hat keine Umtauschfrist.

Ich hasse die Mutterrolle – was tun?

Wenn du mit der Mutterrolle haderst, dann mach dir zunächst bewusst, dass du nicht allein bist mit diesen Gefühlen und daran auch nichts verwerflich oder unnatürlich ist. Jeder Mensch ist anders und nicht jede Frau fühlt sich in der Rolle als Mutter automatisch pudelwohl, auch wenn es von der Gesellschaft gerne so idealisiert wird. Zunächst kann es helfen, wenn du deine Gefühle nicht in dich hineinfrisst, sondern dir Vertraute suchst, mit denen du darüber sprechen kannst. Vielleicht fällt es dir einfacher, dich zunächst in einem Forum oder in Social Media Gruppen mit Gleichgesinnten auszutauschen. So kannst du deine Erfahrungen und Gedanken mit anderen teilen. Vielleicht hast du auch eine gute Freundin oder Schwester, der du dich anvertrauen kannst. Oft stellt sich heraus, dass andere Mütter die Gefühle ebenfalls kennen – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Auch mit deinem Partner solltest du, wenn euer Verhältnis eng, vertrauensvoll und ehrlich ist, offen über deine Gefühle reden. Wichtig ist: Gegenseitige Schuldzuweisungen („Du wolltest das Kind doch unbedingt!“ „Du kümmerst dich viel zu wenig um XY!“) bringen euch nicht weiter. Vielmehr solltet ihr darüber reden, was euch belastet und gemeinsam nach Möglichkeiten suchen, wie ihr die Situation besser machen könnt.

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Regretting Motherhood: Diese Tipps können helfen:

  • Unterstützung suchen: Nur weil du Mutter bist, musst du nicht alles selbst machen. Suche dir aktiv Unterstützung im Alltag zum Beispiel von Freunden, Familie, Bekannten, Babysittern und Co. Zwei oder drei Stunden Zeit für dich lösen zwar nicht alle Probleme, können dir aber trotzdem helfen, einfach mal wieder durchzuatmen. Schaff dir bewusst einen Ausgleich zum Muttersein.
  • Sei ehrlich zu dir selbst: Es kann sehr befreiend sein, sich die eigenen Gefühle endlich offen einzugestehen. Sprich aus, was du denkst. „Ich liebe mein Kind, aber ich bin nicht gerne Mutter.“ Je häufiger man den Satz sagt, desto weniger Angst macht er. Und nun musst du auch von dir selbst nicht mehr erwarten, die perfekte Mutter zu sein. Das nimmt viel Druck raus.
  • Hol dir professionelle Hilfe: Wenn du unter der Situation leidest, gar ein Burnout oder eine Depression droht, oder du das Gefühl hast, dass dein Kind dadurch leidet, dann schrecke nicht davor zurück, dir psychologische Hilfe zu suchen. Die meisten Therapeut*innen sind mit dem Thema gut vertraut, da es wie gesagt viel mehr Menschen betrifft als man vermutet.

Regretting Parenthood: Auch Väter bereuen die Vaterschaft

Es sind nicht nur Frauen, die es bereuen, Kinder bekommen zu haben. Das Gefühl kennen durchaus auch Väter. YouGov hat in einer Studie 2016 daher 2.045 Männer und Frauen befragt, darunter 1.228 Eltern. 20 Prozent der befragten Eltern stimmten der Aussage zu: „Wenn ich mich heute noch einmal entscheiden könnte, würde ich keine Kinder mehr bekommen“. Sieben Prozent waren sich unsicher und immerhin 73 Prozent verneinten. Doch mehr als jedes zweite Elternpaar konnte das Gefühl der Reue verstehen.

Dass die betroffenen Eltern nach der Geburt Reue empfanden, liegt laut Umfrage daran, dass sie sich in ihrer persönlichen Entfaltung gehindert fühlen. Mehr als jeder zweite gab dies an. Fast genauso viele meinen, sich für ihre Kinder und ihre Familie aufgeopfert zu haben. Dabei fühlen die Bereuenden ihre Einschränkung und ihre eigene Aufopferung stärker.

Auswirkungen auf Karriere & Finanzen

Dass die Elternschaft negative Auswirkungen auf die eigene berufliche Karriere hat, sagte rund ein Drittel der befragten Eltern. Hier zeigt sich jedoch ein großer Unterschied zwischen den Geschlechtern. 44 Prozent der Mütter stimmten dem zu, jedoch nur 20 Prozent der Väter. Denn nach wie vor ist es so, dass weitaus häufiger Frauen die Rolle der Kinderbetreuung übernehmen und beruflich eher zurückstecken als Väter.

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Interessant: Auch das Gehalt beeinflusst ein mögliches „Regretting Motherhood“: Mütter und Väter mit einem Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 1.500 Euro gaben häufiger an, sie würden sich nicht noch einmal für Kinder entscheiden. Verständlich, wenn man bedenkt, wie teuer ein Kind ist, wie schlecht nach wie vor Betreuungsangebote in Deutschland sind und wie schwer es daher auch ist, Vollzeitjob und Kind unter einen Hut zu bekommen.

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Fazit: Ein Kind verändert das Leben nachhaltig, darüber sollte man sich vorher bewusst sein. Dennoch bleibt das Elternsein ein Abenteuer, auf das man sich nicht wirklich vorbereiten kann. Denn ist das Kind da, ist plötzlich eben doch alles ganz anders, als man es sich vorher ausgemalt hatte. Diese Tatsache erklärt eben auch, weshalb das Phänomen Regretting Motherhood bzw. Regretting Parenthood häufiger auftritt als viele vermuten und weshalb sich niemand dafür entschuldigen oder gar schämen sollte. Ein offener Umgang und mehr Akzeptanz in der Gesellschaft für das schwierige Thema, kann Familien helfen, echte Lösungen und Hilfe zu finden.

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Bildquelle: Unsplash/Ksenia Makagon

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