Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist eine genetische Untersuchung, die der Entscheidung dient, ob ein Embryo, der durch In-Vitro-Fertilisation (IVF) erzeugt wurde, in die Gebärmutter eingepflanzt werden sollte oder nicht. Seit den 90er-Jahren steht diese Methode zur Verfügung und wurde mittlerweile weltweit mehrere 10.000 Male durchgeführt. Falls Du bereits mehrere IVF-Zyklen hattest, kann die Präimplantationsdiagnostik sinnvoll sein, um die Chancen einer Schwangerschaft weiter zu erhöhen.
Wann ist die Präimplantationsdiagnostik in Deutschland erlaubt?
Die Präimplantationsdiagnostik war in Deutschland lange Zeit verboten und ist auch heute nur zu bestimmten Zwecken erlaubt. So darf sie nur zum Einsatz kommen, um bestimmte Erbkrankheiten bei dem Embryo auszuschließen und so die Gefahr einer Tot- oder Fehlgeburt zu verringern. Bis vor einigen Jahren war die Präimplantationsdiagnostik in Deutschland noch komplett verboten. Als Grundlage hierfür wurde das Embryonenschutzgesetz angeführt. Hier ist zum Beispiel festgelegt, dass bestraft wird, „wer zu einem anderen Zweck als der Herbeiführung einer Schwangerschaft bewirkt, dass sich ein menschlicher Embryo extrakorporal entwickelt“. Ob das Embryonenschutzgesetz im Falle der Präimplantationsdiagnostik greift, war lange umstritten und am 7. Juli 2011 stimmte der Bundestag endgültig dafür, die PID zwar grundsätzlich zu verbieten, sie aber in Ausnahmefällen zuzulassen, wenn zum Beispiel eine Veranlagung der Eltern auf schwere Erbkrankheiten oder Tot- und Fehlgeburten besteht. Seit dem 8. Dezember 2011 ist die Präimplantationsdiagnostik somit in Ausnahmefällen legalisiert worden.
Anwendungsbereiche der Präimplantationsdiagnostik
Der Hauptanwendungsbereich der Präimplantationdiagnostik, welcher auch in Deutschland erlaubt ist, wenn eine Indikation vorliegt, ist das Ausschließen von genetisch bedingten Krankheiten. Darüber hinaus können auch Chromosomenstörungen erkannt werden. Diese können nicht nur aussortiert werden, um die Krankheit auszuschließen, sondern auch, um die Erfolgschance der IVF zu erhöhen. Experten schätzen, dass sich auch bei einem gesunden und fruchtbaren Paar gut vier Fünftel aller befruchteten Eizellen nicht einnisten, da sie Chromosomenstörungen aufweisen. Die Präimplantationsdiagnostik kann Dir somit nicht nur dabei helfen, ein gesundes Kind zu bekommen, sondern auch überhaupt ein Kind zu bekommen. Neben diesen Anwendungsgebieten gibt es außerdem einige Bereiche der PID, die weniger häufig angewandt werden. So etwa die so genannten „Retterbabys“. Hierbei wird ein Embryo ausgesucht, der dazu dient seinem Geschwisterkind, das an einer Krankheit leidet, später Stammzellen zu spenden. Es wird hierbei darauf geachtet, dass der Embryo nicht die gleiche Krankheit aufweist wie sein Geschwisterkind und mit diesem immunologisch kompatibel ist. Da bereits natürlich geborene Geschwister in 25 Prozent der Fälle eine Kompatibilität aufweisen, kann die Präimplantationsdiagnostik diese Wahrscheinlichkeit um ein vielfaches erhöhen. Darüber hinaus kann das Verfahren auch bei der Auswahl des Geschlechts behilflich sein. In Europa erfolgt dies bei gut zwei Prozent, in USA bei rund zehn Prozent aller Anwendungen. Es dient meist dazu´, die Balance der Geschlechter herzustellen, zum Beispiel einen Jungen zu kriegen, wenn man bereits ein Mädchen hat. In seltenen Fällen soll es mittlerweile in den USA vorgekommen sein, dass Eltern die Präimplantationsdiagnostik nicht dazu verwenden eine genetische Erkrankung auszuschließen, sondern sie auftreten zu lassen, etwa bei Menschen, die von Geburt an taub sind und dies auch für ihre eigenen Kinder wollen.
Verfahren bei der Präimplantationsdiagnostik
Um eine Präimplantationsdiagnostik erfolgreich durchführen zu können, ist eine In-Vitro-Fertilisation nötig. Der befruchtete Embryo wird dann vor dem Einsetzen in die Gebärmutter untersucht und ausgewählt. Bei einer Embryobiopsie werden ein bis zwei Zellen übernommen, die dann genauestens unter die Lupe genommen werden. Die Erfolgsrate ist bei diesem Verfahren sehr hoch. So wird bei über 90 Prozent aller Fälle ein korrektes Ergebnis erzielt. Nur selten kommt es vor, dass ein Test falsch negativ anzeigt und im Endeffekt doch eine genetische Krankheit bei dem eingesetzten Embryo vorliegt. Je mehr Eizellen bei der Präimplantationsdiagnostik zur Verfügung stehen, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende eine Eizelle zum Einsetzen übrig bleibt. Bei einer Eizelle liegt die Wahrscheinlichkeit nur bei gut 17 Prozent, bei zehn Eizellen erhöht sich diese bereits auf über 80 Prozent.
Gründe gegen die Präimplantationsdiagnostik
Die Anwendung der Präimplantationsdiagnostik wird bis heute kontrovers diskutiert, da es ein Thema ist, welches oft die fundamentale Frage aufwirft, wo das Mensch-Sein beginnt. Gegner weisen darauf hin, dass Embryonen zwar in der Entwicklung noch ganz am Anfang stehen, doch bereits Menschen seien, die Schutz verdienen. Besonders moralisch fragwürdig sei es, darüber zu entscheiden, wann ein Menschenleben lebenswert sei und wann nicht. Dieses misachte die Würde von behinderten Menschen und sende das Signal, dass ihr Leben weniger wert sei als das eines gesunden Menschen. Weitere Gründe, die laut Gegnern gegen die Präimplantationsdiagnostik sprechen, sind die Unnatürlichkeit des Prozesses und laut einigen Frauenrechtlerinnen, die Entwürdigung der Frau durch ein Eingreifen in die Fortpflanzung. Häufig führen die Gegner der Präimplantationsdiagnostik an, dass eine Befürwortung des Verfahrens in der Zukunft zu so genannten „Designerkindern“ führen könnte, bei denen die Kinder in ihrem kompletten Äußeren so beeinflusst werden, dass sie den Idealvorstellungen der Eltern entsprechen.
Gründe für die Präimplantationsdiagnostik
Befürworter der Präimplantationsdiagnostik weisen darauf hin, dass die Entscheidung für ein Für oder Wider individuell getroffen werden und die Meinung einer bestimmten Gruppe, nicht der anderen aufgezwängt werden sollte. Besonders unlogisch sei dies in Ländern, in denen Abtreibung unter bestimmten Umständen bereits erlaubt sei. Es gäbe keinen logischen Grund dafür, dass ein Embryo mehr Schutz verdient als ein Fötus, welcher nach mehreren Wochen Schwangerschaft abgetrieben werden darf. Auch das Argument, dass das Leben von behinderten Menschen herabgewürdigt werde, sei nicht stichhaltig, da die Präimplantationsdiagnostik in vielen Ländern bereits seit mehreren Jahrzehnten legal sei und die Befürchtungen nicht eingetroffen sind. Dass die Präimplantationsdiagnostik unnatürlich ist, sei hingegen kein Argument. Schließlich habe der Mensch keine Verpflichtung möglichst natürlich zu leben und in keinster Weise in die Natur einzugreifen.
Die Präimplantationsdiagnostik ist eine gute Möglichkeit, die Erfolgschancen bei einer In-Vitro-Fertilisation zu erhöhen und bestimmte genetische Erbkrankheiten im Voraus auszuschließen. Dennoch ist das Thema der Präimplantationsdiagnostik sehr kontrovers, da es die entscheidende Frage aufwirft, wann das Mensch-Sein beginnt und wann ein Menschenleben lebenswert ist.
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