Wenn Kinder sprechen lernen, gehen sie dabei kreativ vor. Sie ahmen nicht nur ihr Umfeld nach, sondern experimentieren auch mit eigenen Wortkreationen.
Kinder lernen sprechen, indem sie ihre Eltern oder andere erwachsene Bezugspersonen nachahmen. Aber damit ist ihre Kreativität noch nicht erschöpft, denn Kinder verwenden für den Erstspracherwerb auch eigene Wortkreationen und unterscheiden sich damit grundlegend von Menschenaffen, die eine Zeichensprache erlernen. Zu dieser Erkenntnis ist der Sprachforscher Charles Yang von der Universität of Pennsylvania gelangt. Er fand heraus, dass der Spracherwerb von Kleinkindern deutlich kreativer verläuft als bisher gemeinhin angenommen. So bilden bereits Zweijährige freie Kombinationen aus zwei Wörtern. So sind sie in der Lage, den Unterschied zwischen dem direkten und indirekten Artikel wie in „die Katze“ oder „eine Katze“ zu erfassen, tendieren aber bei derartigen Grammatikphänomenen häufig mehr zu einer der beiden möglichen Varianten. Auf dieser Beobachtung fußt die Studie von Charles Yang, der sich eingehend mit der Kombination von Artikel und Substantiv beim Spracherwerb von Kleinkindern befasste. Dazu analysierte der Forscher Daten von Kindern im Alter von ein bis fünf Jahren und glich sie mit dem so genannten „Brown Corpus“ ab, einer Sammlung von Textbeispielen verschiedener Sprachwissenschaftler, die 500 Sprachbeispiele umfasst. Er stellte fest, dass Kinder sich häufig frei für die Zuordnung eines Artikels entscheiden. Im „Brown Corpus“ war bereits jedes vierte Substantiv von einem Artikel begleitet, der mal bestimmt und mal unbestimmt war. Die Ergebnisse von Yangs Studie wurde im Fachmagazin „Proceedings fort he National Academy of Sciences“ veröffentlicht.
Kinder lernen kreativer als Schimpansen
Nach der reinen Beobachtung erstellte Charles Yang ein Modell möglicher Kombinationen von Artikeln und Substantiven, die Kleinkinder im Rahmen des Spracherwerbs verwenden würden, wenn der Spracherwerb allein durch Nachahmung erwachsener Bezugspersonen stattfände. Er berücksichtigte dabei 1,1 Millionen Äußerungen von Erwachsenen gegenüber Kindern, die in der Öffentlichkeit getätigt wurden. Die so erfassten Äußerungen waren aber deutlich weniger vielfältig als die tatsächlichen Kombinationen, die der Sprachforscher bei seinen Beobachtungen festgestellt hatte. Daraus schloss er, dass der Erstspracherwerb bei Kleinkindern nicht nur aus Nachahmung bestehen kann, sondern dass die Kinder kreativ kombinieren. „Zweifelsohne spielt das Gedächtnis eine Rolle, wenn Kinder eine Sprache lernen“, erläuterte Yang seine Beobachtungen, „Wörter und Redewendungen sind die offensichtlichsten Beispiele. Aber die Ergebnisse zeigen, dass das Gedächtnis nicht die kombinatorische Kraft der Grammatik ersetzen kann.“ Charles Yang widerlegt mit seiner Annahme die bisherige Fachmeinung, dass Kleinkinder eine Sprache allein durch Nachahmung erlernen und damit Primaten ähneln, die sich eine Zeichensprache allein durch Nachahmung aneignen. Yang beschäftige sich ebenfalls mit Bildmaterial des Schimpansen Nim Chimpsky, dem Forscher in den Siebzigern etwa 125 Zeichen einer Zeichensprache beibrachten. Im Gegensatz zu den Kindern, die kreativ mit Sprachelementen umgingen, verwendete der Schimpanse weniger Kombinationen aus zwei Zeichen, als statistisch möglich gewesen wäre. „Nims Zeichen waren nur nachgeahmt, als dass sie einer echten Grammatik folgten“. Yang sieht darin seine Theorie bestätigt, dass Primaten eine Zeichensprache allein durch Nachahmung lernen, während Kinder zusätzlich kreative Kombinationen einbauen.
Kinder lernen Sprache kreativer als Primaten. Zu diesem Ergebnis ist ein Sprachforscher der Universität in Pennsylvania gekommen. Nach eingehender Analyse umfangreichen Datenmaterials ist Charles Yang davon überzeugt, dass Kinder eine Sprache nicht allein durch Nachahmung lernen, sondern auch kreative Wortkombinationen verwenden und sich dadurch von Menschenaffen unterscheiden.
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