Dieser Kindergarten ist noch nicht eröffnet und dennoch diskutieren schon alle darüber: Eine Elterninitiative will im Sommer die erste Kita in Frankfurt eröffnen, die vollkommen vegan ist. Die Kritiker sehen in diesem Projekt Gefährdung für die Gesundheit der Kinder.
Seit fünf Jahren versucht die Elterninitiative „Veggie Kids“ geeignete Räumlichkeiten in Frankfurt am Main zu finden, um eine lang ersehnte Kindertagesstätte zu eröffnen. Dort sollen die Kinder vollkommen vegan erzogen werden. Im Sommer steht nun die Eröffnung an. Neben rein pflanzlicher Ernährung soll das Essen frisch aus überwiegend saisonalen und regionalen Lebensmitteln zubereitet werden. Gerade wird ein Koch mit Erfahrung im veganen Kochen gesucht. Es soll keine Fertigprodukte geben. Außerdem soll der Kinderladen „Mokita“heißen. Das Wort stammt aus Papua-Neuguinea und bedeutet „die Wahrheit, die jeder kennt und trotzdem keiner ausspricht“. Der Name spielt für die Eltern auf das Problem der Massentierhaltung an, das viele Menschen nicht gutheißen, aber sich trotzdem nicht für bessere Lebensbedingungen der Schlachttiere einsetzen, wie die Frankfurter Rundschau schreibt.
Doch nicht nur die tatsächliche Ernährung, auch der bewusste Umgang mit Lebewesen und der Natur, soll ein Schwerpunkt der Kita werden. Statt einen Zoo zu besuchen, sollten die Kinder viel Zeit im Grünen verbringen, die Namen von Pflanzen und die Tiere in ihrem natürlichen Lebensumfeld kennenlernen. Gegenüber Aktion Pflanzenpower sagte Mitbegründer Lucien Coy:
Es gibt zum Beispiel tolle Angebote rund um den „GrünGürtel“ Frankfurt, die Naturerlebnisse ohne Tierausbeutung möglich machen.
In der Kita seien die Kinder aller Eltern willkommen. Egal, ob diese das Konzept schätzen oder einfach in der Umgebung leben. Ein Ernährungsberater soll ebenfalls zum ständigen Austausch bereit sein. Interkulturell und inklusiv soll die Kita sein. Träger wird die Stadt Frankfurt sein, wie Mokita auf Facebook verkündete:
Mokita nicht die erste vegane Kita in Deutschland. Mehrere Betreuungen bieten beim Mittagessen auch eine vegane Variante an. In Münchingen bereitet der Naturkindergarten Sonnenwirbel veganes Essen zu, in Berlin ist die Kita Pirole Treptow, wie Mokita, komplett vegan. Dabei gibt es viel Kritiker, die von Lebensgefahr sprechen.
Ist vegane Ernährung für Kinder schädlich?
Vegane Ernährung ist nicht unumstritten, nicht nur bei Erwachsenen, sondern vor allem bei Kindern. Nachdem die Fälle von drei unterernährten Kindern publik wurden, zitierte die Bild am Sonntag Professor Michael Melter, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Regensburg, mit den Worten:
Die schlimmste Folge von veganer Ernährung für Kinder ist der Tod. (...) Durch fehlende Nährstoffe wie zum Beispiel bestimmte Eiweiße und Fettsäuren, Eisen, Jod und Vitamin-B12 kann es zu verzögertem Wachstum, Gehirnschäden und Blutarmut kommen.
Professor Michael Melter
Mit dieser Meinung steht Melter nicht allein. Auch die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) warnt davor, Kinder vegan zu ernähren: Der kritischste Nährstoff sei Vitamin B12. Auch Protein bzw. unentbehrliche Aminosäuren und langkettige n-3 Fettsäuren sowie weitere Vitamine (Riboflavin, Vitamin D) und Mineralstoffe (Calcium, Eisen, Jod, Zink, Selen) gehörten zu den potenziell kritischen Nährstoffen bei veganer Ernährung. Für Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche empfehle die DGE die vegane Ernährung nicht. Wer sich dennoch vegan ernähren möchte, solle dauerhaft ein B12-Präparat einnehmen, auf eine ausreichende Zufuhr vor allem der kritischen Nährstoffe achten und gegebenenfalls angereicherte Lebensmittel und Nährstoffpräparate verwenden, so die DGE weiter.
Möglich, aber mit ärztlicher Kontrolle
Natürlich gibt es dazu auch andere Meinungen. Zur Gründung des Frankfurter Kindergartens befragte die Frankfurter Rundschau den Ernährungswissenschaftler Markus Keller, von der Fachhochschule des Mittelstands in Köln. Dieser sagte, dass eine vegane Kinderernährung durchaus möglich sei und viele vegan lebende Eltern ein sehr großes Interesse daran hätten, nichts falsch zu machen. Der Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung e.V., kurz UGB, ist jedoch für ärztliche Kontrolle bei veganer Kinderernährung:
Voraussetzung ist ausreichendes Ernährungswissen und ein gut geplanter Speiseplan. Für ein gesundes Aufwachsen müssen besonders die als kritisch geltenden Nährstoffe im Blick behalten werden. Eine regelmäßige ärztliche Kontrolle ist unerlässlich.
UGB
Reaktionen aus dem Netz
Sobald es um vegane Ernährung für Kinder geht, kommt es in den sozialen Netzwerken zu streitigen Diskussionen. So war es auch, als nun über Mokita berichtet wurde.
Auf Facebook wurde die Diskussion persönlicher. So schreibt eine Nutzerin: „Die haben doch ein an der Klatsche! Kinder sollte man die Wahl lassen!“ Ein anderer: „Sollte verboten werden!!!“ Eltern und Erziehern wurde vorgeworfen, dass sie ihren Kindern einen „Lifestyle“ aufzwingen. Ein sichtlich emotionales Thema.
Daumen hoch für „Veggie Kids“
Ich bin von der vegetarischen Ernährung überzeugt, für Veganismus fehlte mir bislang die Zeit, um mich intensiv damit auseinander zu setzen. Auch bei einer solchen Ernährung für Kinder hätte ich persönlich zu viel Angst, ihrer Entwicklung zu schaden. Ich sehe jedoch kein Problem darin, wenn sich Eltern mit Ärzten und Ernährungsexperten im ständigen Austausch befinden, wie es bei der Frankfurter Kita geplant ist. Ich kenne einige Veganer, die sich mit einer guten B12-Mangel-Zahnpasta die Zähne putzen und keine Mangelerscheinungen haben. Das erscheint mir eine gute Alternative zu sein und entkräftet für mich das Hauptargument der Kritiker. Was hältst du von dem veganen Kindergarten? Würdest du dein Kind dorthin schicken?
Bildquelle: iStock/Getty Images PLus/chameleonseye, iStock/Getty Images PLus/SbytovaMN