Eines kann man den meisten Eltern wirklich nicht nachsagen: Dass sie sich zu wenig Gedanken um das Wohl ihrer Kinder machen. Doch genau das, meint ein Kinderpsychiater, kann dem Nachwuchs später zum Verhängnis werden.
Während es vor einigen Jahren noch völlig normal war, dass Grundschulkinder morgens alleine zur Schule und nachmittags alleine zur Musikschule oder zur Verabredung mit den Klassenkameraden gehen, ist dies heute vielerorts undenkbar geworden. Selbst wenn die Schule nur wenige Gehminuten vom Haus entfernt liegt, trauen sich viele Eltern nicht, ihren Spross alleine auf den Weg zu schicken. Die Kinder alleine zum Spielen nach draußen schicken? Das trauen sich wohl nur noch diejenigen, die fernab der Stadt leben. Und wer könnte es ihnen verdenken? Zu oft hört man mittlerweile von Entführungen, Verkehrsunfällen und anderen Gefahren. Leider birgt diese verstärkte Vorsicht in der Erziehung aber auch einen großen Nachteil für Kinder.
Kinder werden immer unselbstständiger
Im Gespräch mit „waz.de“ erklärt der Bonner Buchautor und Kinderpsychiater Michael Winterhoff, wieso er es so alarmierend findet, dass deutsche Eltern dazu neigen, ihre Kinder in Watte zu packen: „Kinder werden zu unfähigen Erwachsenen erzogen – und das ist seit mehr als 20 Jahren Normalität in Deutschland geworden“. Winterhoff beobachte in seinem Praxisalltag immer mehr Kinder, die deshalb Verhaltensauffälligkeiten entwickelt haben. Das ständige Kreisen um den Nachwuchs habe zur Folge, dass dieser sich nicht weiterentwickle. „Sie bleiben im Reifegrad eines Kleinkindes stehen“, erklärt Winterhoff gegenüber „waz.de“. Im späteren Leben fühlen sich diese Kinder dann oft mit alltäglichen Dingen überfordert, die sie eigentlich schon längst beherrschen sollten.
Was können Eltern tun?
Im Umkehrschluss sollten sich Eltern also öfter dazu überwinden, Möglichkeiten zu finden, ihren Kindern mehr Eigenständigkeit einzuräumen. Sei es, alleine den vertrauten Weg zum Supermarkt oder gemeinsam mit den Nachbarskindern zum Spielplatz zu laufen. Denn die gute Nachricht ist: Um die Sicherheit deutscher Kinder ist es gar nicht so schlimm bestellt, wie viele vermuten. Laut verschiedener Erhebungen des Statistischen Bundesamts sind sowohl tödliche Unfälle, Verletzungen sowie auch Gewalttaten im Zusammenhang mit Kindern in den letzten Jahrzehnten drastisch zurückgegangen. Auch im europäischen Vergleich schneidet Deutschland gut ab.
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