Die Zeiten, in denen ein Kindergarten einfach ein Kindergarten war, sind lange vorbei. Heutzutage hat jede Betreuungseinrichtung ein eigenes sozialpädagogisches Konzept, das dir einen Eindruck davon verschaffen soll, wie dein Kind dort betreut wird. Eines dieser Konzepte ist der sogenannte Situationsansatz.
Was ist der Situationsansatz?
Der Situationsansatz beschreibt ein sozialpädagogisches Konzept, das die Begleitung von Bildung und Alltag der Kinder im Kindergarten beschreibt. Das Konzept wurde in den 1970er Jahren entwickelt und in den 1990er Jahren weiter ausgebaut. Im Grunde besagt der Situationsansatz genau das, was der Name bereits vermuten lässt. So beruht er darauf, dass der pädagogische Alltag auf den Situationen basiert, die die Kinder in ihrem Alltag erleben und die sie dementsprechend stark beschäftigen. In diesem Sinne haben die Kinder in dem Konzept ein sehr großes Mitspracherecht und werden genau in den Bereichen unterstützt, an denen sie gerade Interesse haben.
Was bedeutet arbeiten nach dem Situationsansatz?
Im Situationsansatz wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass jedes Kind eine eigene Persönlichkeit besitzt und damit selbstverständlich auch das Recht hat, diese Persönlichkeit auszuleben und weiter auszubauen. Den Kindern soll die Möglichkeit gegeben werden, sich selbstständig zu entwickeln und dadurch eigenständiges Handeln zu lernen sowie ihre eigenen Meinung zu entwickeln und diese auch vertreten zu können. Individualität wird somit im Situationsansatz groß geschrieben und soll soweit ausgelebt werden, wie es unter Berücksichtigung anderer Menschen möglich ist. Um dies zu gewährleisten, sind die Erzieher dazu angehalten, den Kindern ein Umfeld zu bieten, welches genügend Anregungen enthält, um diese Ziele umsetzen zu können.
Was sind die Ziele des Situationsansatzes?
Der Situationsansatz verfolgt vor allem ein Ziel: Die Kinder in ihrer Entwicklung so gut es geht zu unterstützen. Dies soll unabhängig von Geschlecht, sozialer oder kultureller Herkunft und möglichen Behinderungen der Kinder geschehen. Eine zu große Einheitlichkeit wird in einem Kindergarten, der nach dem Situationsansatz handelt, sogar als etwas Negatives angesehen. Schließlich sollen die Kinder lernen, verantwortungsvoll und selbstbestimmt zu handeln, und das nicht nur im Kindergarten, sondern später auch in der richtigen Welt. Hierfür ist es vor allem wichtig, dass sie mit den unterschiedlichsten Menschen bereits früh in Kontakt treten, um auch andere Sichtweisen außer ihre eigenen kennen zu lernen. Grob zusammengefasst sind die Ziele eines Kindergartens, der nach dem Situationsansatz handelt, den Kindern Autonomie, Solidarität und Alltagskompetenzen zu lehren.
Was bedeutet situationsorientierter Ansatz im Kindergarten?
Der Alltag in einem Kindergarten, der nach dem Situationsansatz handelt, muss in erster Linie reale Situationen im Kindergarten zulassen, sodass die Kinder Schlüsselsituationen erleben können, über die dann geredet werden kann. Ein durchgeplantes Programm findet sich in einem solchen Kindergarten also in der Regel nicht. Den Kindern wird zum Großteil freie Hand gelassen was die Gestaltung des Alltags angeht. So können sie von ihren Erlebnissen berichten und auf dieser Basis zusammen mit den Erziehern die täglichen Themen und Aktivitäten bestimmen. Hierbei werden sie selbstverständlich tatkräftig von den Erziehern unterstützt, die mit ihnen auch die Themen und Situationen besprechen und ihnen helfen, diese zu verarbeiten und aus ihnen zu lernen. Besonders gut geeignet für den Situationsansatz sind Situationen, die exemplarisch bestimmte Dinge veranschaulichen können, um die Kinder auf das Leben vorzubereiten.
Was sind die Grundsätze des Situationsansatzes?
Um das Konzept des Situationsansatzes näher zu bestimmen, hat das Institut für den Situationsansatz in der Internationalen Akademie an der FU Berlin 16 Grundsätze für Kindergärten formuliert, die mit diesem Konzept arbeiten wollen. Zusammengefasst ist in erster Linie wichtig, dass der pädagogische Alltag im Kindergarten auf den Erfahrungen basiert, die die Kinder im Alltag erlebt haben. Um dies zu gewährleisten, muss natürlich herausgefunden werden, welche Schlüsselsituationen die Kinder erlebt haben. Hierfür ist nicht nur wichtig, dass im Kindergarten die Möglichkeit besteht, dass sie solche Situationen erleben, sondern auch dass in Erfahrung gebracht wird, welche Schlüsselsituationen sie zu Hause erlebt haben. Damit die Erzieher diese wichtigen Informationen erhalten, ist ein ständiger Dialog mit den Kindern und auch deren Eltern notwendig. Wurden die Situationen erst einmal erarbeitet, ist es zwar wichtig, dass die Erzieher die Arbeit mit den Situationen planen, allerdings sollten sie hierfür auf Input von den Kindern vertrauen können. Diese sollten aktiv an der Gestaltung des Alltags und der einzelnen Räume im Kindergarten beteiligt sein. Die Erzieher müssen erkennen, dass sie den Kindern nicht nur etwas beibringen können, sondern dass auch sie fortlaufend immer etwas Neues dazu lernen. Der letzte Punkt, der beim Situationsansatz groß geschrieben wird, ist die Offenheit. Hiermit ist vor allem die Offenheit für neue Erfahrungen gemeint und die Möglichkeit, sich frei zu entfalten. In diesem Sinne werden die Kinder mit anderen Kindern unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft zusammengebracht. Auch auf eine stereotypische Rollenzuweisung, die Mädchen und Jungen aufgrund ihres Geschlechts in eine bestimmte Schublade steckt, wird verzichtet.
Der Situationsansatz beschreibt ein pädagogisches Konzept, bei dem Wert darauf gelegt wird, dass die Kinder aus alltäglichen Situationen lernen. So sollen sie ihr Selbstbewusstsein und eine eigene Meinung bilden und anschließend vertreten können.