Das 2013 veröffentlichte Buch „Jedes Kind kann schlafen lernen“ von Annette Kast-Zahn löste eine hitzige Debatte unter Müttern aus. Das zeigen allein die Rezensionen bei Amazon: Die fünf-Sterne-Bewertungen stehen denen mit nur einem Stern im selben Verhältnis gegenüber (Stand: Juli 2017). Die Befürworter der im Buch vorgestellten Ferber-Methode, benannt nach dem amerikanischen Kinderarzt und Neurologen Dr. Richard Ferber, empfinden das „kontrollierte Schreienlassen“ des Babys als beste Möglichkeit, ihm Schlafen „beizubringen.“ Doch was macht diese Methode des Schlaftrainings eigentlich aus und welche Alternativen gibt es?
So funktioniert die Ferber-Methode
Die Ferber-Methode hat einen radikalen Ruf: Kritiker sehen das Bonding zwischen Mutter und Kind gefährdet. Dennoch soll Ferbern erstaunliche Ergebnisse erzielen. Das Baby oder Kind wird dabei nicht stundenlang ignoriert und allein gelassen (wie bei dem „Cry It Out“-Konzept), sondern lediglich von gewissen Einschlafgewohnheiten entwöhnt, da es diese sonst jeden Abend erwartet. Auf diese Weise soll „jedes Kind schlafen lernen“, so verspricht es die Autorin des Buchs. Schließlich wachen viele Babys nachts wieder auf und sollten sich dann in der derselben Situation wiederfinden, wie zum Einschlafzeitpunkt, ansonsten kann es zu Verunsicherungen kommen.
Ablauf:
- Nach einem ruhigen Abendprogramm wird das Kind müde ins Bett gelegt, die Eltern verlassen das Zimmer daraufhin wieder
- Auf Einschlafrituale wie Schnuller, Flasche, das Herumtragen oder Vorsingen wird dabei verzichtet
- Sollte das Kind kurz darauf weinen, sollen die Eltern wenige Minuten warten, um dann wieder in das Kinderzimmer zu gehen
- Nun darf das Kind für wenige Sekunden durch Zureden oder Handauflegen beruhigt werden
- Weint es daraufhin wieder, wird der Abstand des Abwartens vergrößert und erst dann wieder kurz ins Zimmer gegangen
- Diese Vorgänge wiederholen sich, bis das Kind eingeschlafen ist
- Die Intervalle verlängern sich im Laufe der Nacht und im Laufe der Tage, an denen die Methode angewandt wird
- Ziel: Bereits nach wenigen Tagen soll das Kind von alleine einschlafen können
Studie: Ist die Ferber-Methode harmloser als gedacht?
Eine australische Studie mit Kindern im Alter zwischen sechs und 16 Monaten hingegen soll gezeigt haben, dass sich das Ferbern nicht negativ auf das Mutter-Kind-Verhältnis auswirkt – im Gegenteil. Dabei wurden zwei verschiedene Einschlafmethoden getestet: zum einen die Ferber-Methode, zum anderen eine Variante, in der das Baby jeden Tag etwas früher schlafen gelegt wurde. Eine dritte Gruppe verzichtete auf Schlaflernhilfen und bestand aus Eltern, die stets zu ihrem Baby eilten, wenn es anfing, zu weinen.
Nach sieben Tagen zeigten sich bei den Schlafmethoden erste Erfolge: Mutter und Kind waren weniger gestresst, die Kinder schliefen schneller ein. Zudem seien sie entgegen aller Kritiker der Ferber-Methode nicht traumatisiert worden und die Bindung zur Mutter auch nach einem Jahr nicht gestört. Um diese Vorgehensweise korrekt und an das Baby angepasst ausführen zu können, erhielten jedoch alle teilnehmenden Familien eine Schlafberatung – eine wichtige Unterstützung, die den meisten Eltern in der Realität bei der Umsetzung der Methode fehlt.
Kritik am Ferbern
Einschlaftraining, bei welchem das Baby sich die meiste Zeit selbst überlassen wird, wird von vielen Eltern und auch Kinderärzten stark kritisiert. Zwar sollte das Kind natürlich lernen, irgendwann allein zu schlafen, aber es plötzlich allein zu lassen und es nicht in den Arm zu nehmen, obwohl es so sehr die Nähe der Mutter oder des Vaters benötigt, kann ihm die falschen Signale senden. Unnötiger emotionaler Stress und sogar spätere psychische oder soziale Probleme können im schlimmsten Fall die Folge sein. Zudem sollte Eltern bewusst sein, dass Ferbern an Säuglingen auf keinen Fall ausprobiert werden sollte. Frühestens ab dem zweiten Lebensjahr macht die Methode wirklich Sinn. In meinem Artikel „Baby schreien lassen: Wie schädlich ist das?“ gehe ich genauer auf die Kritikpunkte am kontrollierten Ausweinenlassen ein.
Sanftere Alternativen zum Ferbern
Wie soll man einen Kompromiss zwischen „Mein Baby soll lernen, von allein einzuschlafen“ und „Ich will keine grausame Mutter sein und das Schreien meines Kindes ignorieren“ finden? Der Ansatz der Ferber-Methode ist jedenfalls insofern sinnvoll, als dass ein Abgewöhnen der Einschlafgewohnheiten wie Vorsingen oder in den Schlaf wiegen früher oder später stattfinden muss, damit das Kind tatsächlich irgendwann lernt, selbstständig einzuschlafen.
#1 Schlafbedarf ermitteln
Es kann bereits helfen, den Schlafbedarf des Babys mithilfe eines Schlaftagebuchs zu ermitteln: Manche Kinder brauchen weniger Schlaf und liegen dann zu lange im Bett, der Grund für ihre Einschlafschwierigkeiten. Wird der Schlafrhythmus an ihren Bedarf angepasst, können sich die Schlafstörungen bereits legen.
#2 Auf den Mutterinstinkt hören
Als Mutter entwickelt man meist irgendwann ein Gefühl dafür, warum es dem eigenen Kind nicht gutgehen könnte. Manchmal sind ganz simple Faktoren der Grund für die Schlafprobleme und können im Idealfall beseitigt werden.
#3 Familienbett
Viele Eltern entscheiden sich früher oder später für das Familienbett, bei dem die Kinder gemeinsam mit Mama und Papa in einem Bett schlafen. Dies kann bereits im Babyalter Schlafprobleme beseitigen, da das Kind die Nähe zu den Eltern spürt und die Mutter ihm schneller die Brust geben kann.
#4 Langsames Entwöhnen
Die wahrscheinlich beste Lösung ist es, Einschlafgewohnheiten langsam Schritt für Schritt zu ändern und letztendlich abzugewöhnen. Das heißt, dass man nach und nach damit aufhört, das Baby beim Einschlafen zu füttern und irgendwann auch auf Nuckel oder Fläschchen verzichtet. Zudem hilft die Steigerung vom Halten beim Einschlafen, zum Hinlegen und nur noch sanft berühren bis hin zum abwesend sein, wenn das Kind einschläft. Dieses stufenweise und sanfte Entwöhnen kann natürlich länger dauern, als die Ferber-Methode, dafür wirkt sie jedoch für beide Seiten nicht überfordernd.
Ob du das Ferbern bei deinem Kind anwendest, ist natürlich ganz dir selbst überlassen. Informiere dich jedoch im Vorfeld genau über die Methode und frage am besten den behandelnden Kinderarzt, ob dieses Schlaftraining geeignet ist. Manchmal können auch ganz andere Ursachen hinter den Schlafproblemen stecken, als reine Gewohnheiten.
Bildquellen: iStock/FamVeld/DGLimages /TomFreeze/Lacheev
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