Unbedachte Kommentare können tiefe Spuren hinterlassen – besonders wenn es um Essen, Körper und Gewicht geht. Welche scheinbar harmlosen Aussagen können bei Kindern den Grundstein für ein problematisches Verhältnis zum Essen legen? Die Grundlage für die Beziehung zum eigenen Körper und zum Essen wird bereits in der Kindheit gelegt. Als Eltern, Großeltern, Lehrer*innen oder andere wichtige Bezugspersonen prägen wir mit unseren Worten das Körperbild und Essverhalten von Kindern – oft ohne es zu beabsichtigen. Schon beiläufige Bemerkungen können das Fundament für ein gestörtes Essverhalten bilden.
Hier sind acht Sätze, die du besser nicht sagen solltest, und Alternativen, die ein gesundes Verhältnis zu Nahrung fördern.
#1
„Iss deinen Teller leer, dann gibt es gutes Wetter!“
Kinder haben ein natürliches Hunger- und Sättigungsgefühl, das du unbedingt respektieren solltest. Wenn du sie zwingst, aufzuessen, lehrst du sie, ihre Körpersignale zu ignorieren. Stattdessen entwickeln sie möglicherweise die Gewohnheit, über ihr Sättigungsgefühl hinaus zu essen. Dies kann ein Grundstein für emotionales Essen oder Binge-Eating werden, da das Kind lernt, äußere Regeln über die eigenen Körperempfindungen zu stellen.
Besser ist: „Hast du genug gegessen? Du kannst aufhören, wenn du satt bist.“ So förderst du die Fähigkeit deines Kindes, auf seinen eigenen Körper zu hören – eine wichtige Kompetenz für ein lebenslanges gesundes Essverhalten.
Das illustrierte Kinderbuch „Was passiert, wenn ich esse?“ vermittelt Kindern auf spielerische Weise, wie jeder Bissen, den sie schlucken, eine spannende Reise durch den Körper unternimmt.
#2
„Schau mal, wie schön schlank Emma ist – sie isst immer ihr Gemüse.“
Vergleiche zwischen Kindern sind generell problematisch, doch besonders schädlich sind sie im Kontext von Körper und Essverhalten. Mit solchen Aussagen sendest du gleich mehrere bedenkliche Botschaften: Du verknüpfst den Wert eines Kindes mit seinem Aussehen, stellst eine direkte Verbindung zwischen Essen und Körperform her und schaffst einen ungesunden Wettbewerb. Das verglichene Kind fühlt sich möglicherweise unter Druck gesetzt, sein Essverhalten zu ändern, um Anerkennung zu bekommen.
Besser ist: Jedes Kind individuell in seinen Stärken zu bestärken, ohne Bezug zum Aussehen oder Vergleiche mit anderen zu ziehen. Wenn du gesundes Essverhalten fördern möchtest, kannst du sagen: „Probieren verschiedener Lebensmittel hilft unserem Körper, stark und gesund zu bleiben. Was möchtest du heute probieren?“
#3
„Denk an die Kalorien! Das ist viel zu ungesund!“
Wenn du Lebensmittel ständig in „gut“ und „schlecht“ einteilst oder über Kalorien sprichst, kann das bei Kindern zu einer verzerrten Wahrnehmung von Nahrung führen. Sie lernen dann nicht, Essen als Energiequelle oder Genuss zu betrachten, sondern als etwas, das kontrolliert und gemanagt werden muss. Dies ist oft der erste Schritt in Richtung rigider Essregeln und Diätmentalität.
Besser: Erkläre, was verschiedene Nahrungsmittel für den Körper tun. „Obst gibt uns schnelle Energie und viele Vitamine, während Vollkornbrot langsamer Energie freisetzt, damit du länger satt bleibst.“ So lehrst du deinem Kind ein entspanntes, ausgewogenes Verhältnis zu allen Lebensmitteln.
Eine „Ernährungspyramide“ für den Kühlschrank hilft spielerisch dabei, ein ausgewogenes Verhältnis zu verschiedenen Lebensmittelgruppen zu entwickeln – ohne Kalorien zu zählen oder mit Verboten zu arbeiten.
#4
„Du siehst heute so dünn/dick aus in dem Outfit!“
Kinder lernen durch Kommentare über das Aussehen, ihren Wert mit ihrem Äußeren zu verknüpfen. Besonders problematisch: Selbst vermeintlich positive Kommentare wie „Du siehst so dünn aus!“ vermitteln, dass dünn zu sein besser ist – was den Grundstein für eine problematische Körperwahrnehmung legen kann.
Stattdessen solltest du Kinder für ihre Eigenschaften, Fähigkeiten und Interessen loben. „Ich mag, wie du anderen hilfst.“ oder „Toll, wie sehr du dich bei deinem Hobby verbesserst“ – solche Aussagen stärken das Selbstwertgefühl unabhängig vom Aussehen.
Ein Affirmationskarten-Set hilft Kindern, ein gesundes Selbstbild zu entwickeln. Ideal für die tägliche gemeinsame Routine am Morgen.
10 Dinge, die alle Eltern kennen
Alle Eltern sind anders! Jede Mutter und jeder Vater ist anders! Und jedes Kind hat unterschiedlich stark ausgeprägte Bedürfnisse. Aber von bestimmten Dingen können einfach alle Eltern ein Lied singen …
#5
„Ich muss schon wieder eine Diät machen, ich bin so fett!“
Kinder beobachten und imitieren. Wenn du vor ihnen negativ über deinen eigenen Körper sprichst oder ständig Diäten machst, lernen sie dieses Verhalten. Studien haben gezeigt, dass Kinder, deren Eltern häufig Diäten halten oder negativ über Körpergewicht sprechen, ein fünffach höheres Risiko haben, selbst ein gestörtes Essverhalten zu entwickeln.
Besser: Zeige deinem Kind, dass du deinen Körper respektierst und pflegst. Sprich darüber, wie toll es ist, dass dein Körper dich durchs Leben trägt, dir ermöglicht zu tanzen, zu laufen oder zu umarmen. Bewegung und gesundes Essen sollten als etwas Positives präsentiert werden, das guttut – nicht als Strafe oder Korrekturmaßnahme.
Die 30 Pilates-Bildkarten für Kinder legen den Fokus auf Freude an Bewegung statt auf Kalorienverbrennung oder Gewichtsverlust.
#6
„Wenn du brav bist, bekommst du ein Eis zur Belohnung.“
Nahrungsmittel als Belohnung, Trost oder Bestrafung einzusetzen, kann bei Kindern ein emotionales Essverhalten fördern. Wenn Süßigkeiten als Belohnung dienen, werden sie überhöht und erscheinen besonders begehrenswert. Gleichzeitig lernt das Kind, Essen mit Emotionen zu verknüpfen, was ein klassisches Merkmal von Essstörungen ist.
Besser: Trenne Essen und Emotionsregulation voneinander. Suche andere Wege, um zu belohnen oder zu trösten, wie gemeinsame Zeit, Aktivitäten oder ein besonderes Vorrecht. Wenn es um Süßigkeiten geht, biete sie gelegentlich ohne großes Aufheben an, damit sie weder verteufelt noch überhöht werden.
Ein Belohnungswürfel enthält auf jeder Seite nicht-essbare Belohnungsideen und stattdessen gemeinsame Zeit als Familie. Eine praktische Alternative zu Süßigkeiten als Belohnung.
#7
„Lass dir Zeit beim Essen – ich schaue, ob du auch wirklich alles isst.“
Diese subtile Form der Kontrolle kann besonders schädlich sein. Auf den ersten Blick scheint die Aussage fürsorgliche Aufmerksamkeit zu signalisieren, doch tatsächlich kommunizierst du damit tiefes Misstrauen gegenüber den natürlichen Essinstinkten deines Kindes. Diese ständige Überwachung kann dazu führen, dass Kinder eine angespannte Beziehung zum Essen entwickeln und heimlich essen, wenn sie unbeobachtet sind – ein typisches Verhaltensmuster bei beginnenden Essstörungen.
Besser ist: Eine entspannte Essensatmosphäre zu schaffen, in der das Kind selbstbestimmt essen kann. „Lass uns gemeinsam essen und unseren Tag besprechen“, vermittelt Gemeinschaft ohne Kontrolle. Das Essen sollte ein angenehmes, soziales Erlebnis sein, kein Prüfungsszenario.
#8
„Du warst früher so ein schlankes Kind – was ist nur passiert?“
Vergleiche mit früheren Versionen des eigenen Selbst können besonders verletzend sein. Sie suggerieren, dass die gegenwärtige Version des Kindes weniger wertvoll oder akzeptabel ist als eine vergangene. Solche Aussagen ignorieren die natürlichen Entwicklungs- und Wachstumsprozesse im Körper eines Kindes und können tiefe Verunsicherung auslösen. Besonders in der Pubertät, wenn der Körper sich ohnehin stark verändert, kann diese Art von Kommentar zu einem gestörten Körperbild und restriktivem Essverhalten führen, da das Kind versucht, zu einem früheren Körperzustand zurückzukehren.
Besser: Akzeptiere und würdige die körperlichen Veränderungen als natürlichen Teil des Heranwachsens. „Es ist faszinierend zu sehen, wie du dich entwickelst und groß wirst.“ fokussiert positiv auf den Prozess des Wachsens, ohne Wertungen bezüglich der Körperform vorzunehmen.
Das Buch „Mein Körper, ein Wunder“ erklärt kindgerecht die verschiedenen Wachstums- und Entwicklungsphasen und hilft Kindern, ein positives Verhältnis zu ihrem sich verändernden Körper aufzubauen.
Unser Ratschlag
Die Art, wie wir über Essen, Körper und Gewicht sprechen, prägt Kinder nachhaltig. Essstörungen entstehen aus einem komplexen Zusammenspiel von biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren – doch die Kommunikation in der Familie spielt eine entscheidende Rolle.
Versuche daher, eine entspannte Essatmosphäre zu schaffen, in der alle Lebensmittel ihren Platz haben und niemand zum Essen gezwungen wird. Vermittle deinem Kind ein positives Körperbild, indem du selbst respektvoll über deinen Körper sprichst und die Vielfalt unterschiedlicher Körperformen wertschätzt.
Beobachtest du dennoch Anzeichen eines problematischen Essverhaltens bei deinem Kind – wie heimliches Essen, starke Gewichtsschwankungen, übermäßige Beschäftigung mit Kalorien oder negative Körperkommentare – zögere nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine frühzeitige Intervention kann den Verlauf einer beginnenden Essstörung positiv beeinflussen und langfristige Folgen verhindern.
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