Solche Menschen hast du garantiert auch schon erlebt: Sie reden, reden, reden – und zwar nur über sich selbst. Zuhören? Antworten? Auf das Gesagte irgendwie eingehen? Fehlanzeige! Das kann richtig anstrengend sein und wirklich erhellend sind solche Gespräche auch nicht. Denn bei diesem Schlag Mensch fühlt man sich überhaupt nicht gesehen oder verstanden und egal, welche Geschichte du auch erzählst, sie können (und müssen) immer noch einen draufsetzen und sowieso ist bei ihnen alles immer viel schlimmer. Doch wieso erzählen manche Menschen ausschließlich von sich? Dafür gibt verschiedene psychologische Gründe, auf die wir jetzt näher eingehen.
Wie nennt man Menschen, die nur von sich reden?
Doch vorher wollen wir noch diese Fragen klären. Es gibt verschiedene Namen für Personen, die nur von sich sprechen und nicht die eine einheitliche, psychologische Fachbezeichnung. Die gäbe es zum Beispiel die Egozentriker und Egozentrikerinnen. Auch von Narzissmus ist häufig die Rede. Menschen, die zwanghaft viel sprechen, werden auch Talkaholics oder Selbstdarsteller*innen genannt. Plaudertasche, Quasselstrippe, Schnattermaul ... Vielleicht hast du und deine BFF auch schon eine ganze eigene Bezeichnung für die eine Freundin oder Bekannte, die nur und ausschließlich von sich redet. Doch wie auch immer man diese Art Mensch nennt, die Frage ist nun: Warum reden sie denn bloß immer nur von sich selbst? Fünf mögliche, psychologische Gründe erfährst du jetzt.
#1 Niedriges Selbstwertgefühl
Menschen mit geringem Selbstwertgefühl fühlen sich oft unsicher und minderwertig. Sie reden ständig von sich, um diese Gefühle zu kompensieren. Durch das Erzählen ihrer Erlebnisse oder Erfolge hoffen sie, Bestätigung und Anerkennung von anderen zu erhalten. Es ist paradox: Sie wirken nach außen selbstbewusst, versuchen aber in Wirklichkeit, innere Zweifel zu überdecken.
#2 Narzissmus
Narzisstische Persönlichkeiten haben ein übersteigertes Bedürfnis nach Bewunderung und Aufmerksamkeit. Sie sehen sich als außergewöhnlich und wichtiger als andere. In Gesprächen dominieren sie, weil sie glauben, ihre Erfahrungen und Meinungen seien interessanter und relevanter. Sie haben oft Schwierigkeiten, echtes Interesse für andere zu entwickeln oder Empathie zu zeigen.
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#3 Mangelnde soziale Fähigkeiten
Einige Menschen haben einfach nie gelernt, wie man ausgewogene Gespräche führt. Sie verstehen nicht, dass Kommunikation ein Geben und Nehmen ist. Ihnen fehlen grundlegende Fähigkeiten wie aktives Zuhören, Fragen stellen oder auf Gesprächspartner*innen eingehen. Oft merken sie nicht, dass ihr Verhalten andere frustriert oder abschreckt.
#4 Angstzustände
Für Menschen mit sozialen Ängsten kann das ununterbrochene Reden eine Bewältigungsstrategie sein. Sie fürchten Stille im Gespräch, weil sie diese als unangenehm oder peinlich empfinden. Durch konstantes Reden versuchen sie, solche Momente zu vermeiden. Gleichzeitig lenken sie damit von ihrer Nervosität ab und geben anderen weniger Gelegenheit, Fragen zu stellen, die sie als bedrohlich empfinden könnten.
#5 Aufmerksamkeitsdefizit
Bei Menschen mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) kann das ständige Selbstgespräch ein Symptom ihrer Erkrankung sein. Ihr Gehirn produziert ständig neue Gedanken und Ideen, die sie oft impulsiv aussprechen. Sie haben Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit zu fokussieren und dem Gesprächsverlauf zu folgen. Stattdessen springen ihre Gedanken von einem Thema zum nächsten, was sich in ihrem Redeverhalten widerspiegelt.
Im desired-Podcast hat uns Linda alles über ihre ADHS-Diagnose, den Umgang, die Schwierigkeiten, aber auch die positiven Seiten erzählt. Hier kannst du das Interview lesen und hier den Podcast hören.
Wie kann man mit Menschen umgehen, die nur von sich reden?
Der Umgang mit Egozentriker*innen kann herausfordernd sein, aber es gibt Strategien, die dir helfen können, die Situation zu meistern. Zunächst ist es wichtig, klare Grenzen zu setzen. Sei freundlich, aber bestimmt, wenn du das Gespräch in eine andere Richtung lenken möchtest. Du kannst höflich unterbrechen und andere Themen einbringen. Vermeide es, durch übermäßiges Nicken oder Bestätigen das Verhalten weiter zu verstärken. Wenn sich das Problem wiederholt, ist es oft hilfreich, es direkt anzusprechen. Erkläre ruhig, dass du auch gerne deine Gedanken teilen würdest oder dir ein bisschen mehr Aufmerksamkeit wünschen würdest. Versuche auch, durch gezielte Fragen das Gespräch zu lenken und mache deine eigenen Bedürfnisse deutlich.
Es ist aber auch völlig in Ordnung, wenn du dich von der einen Freundin, die einfach nicht zuhören kann (oder will) abgrenzt. Besonders dann, wenn diese Personen regelrechte „Energiesauger“ sind. Solche Beziehungen können emotional erschöpfend sein, da sie ständig Aufmerksamkeit fordern, ohne diese zurückzugeben. Sich abzugrenzen ist eine Form der Selbstfürsorge und hilft dir, deine eigenen Bedürfnisse zu schützen. Es ist ein wichtiger Schritt zur persönlichen Entwicklung, und, indem du dich abgrenzt, bewahrst du auch deine Authentizität. Ständiges Zuhören ohne echte Beteiligung kann dazu führen, dass du deine eigenen Gedanken und Gefühle unterdrückst. Dabei ist es vollkommen legitim, auf deine eigenen Bedürfnisse zu achten und deine emotionale Energie zu schützen!