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Perioden-Tabu?

Warum die Pinky Gloves aus DHDL gerade zurecht kritisiert werden

Pinky-Gloves-Kritik

2019 versuchten die Gründerinnen von ooia (damals noch ooshi) die Investor*innen bei „Die Höhle der Löwen“ von ihrer nachhaltigen Periodenunterwäsche zu überzeugen – und scheiterten. 2021 hat es mit den „Pinky Gloves“ nun ein Periodenprodukt geschafft, sich ein Investment zu holen. Gleich zwei männliche Investoren interessierten sich für das Produkt der ebenfalls männlichen Gründer. Doch das ist nicht der eigentliche Grund, warum die pinken Handschuhe in den sozialen Medien gerade ziemlich kritisiert werden – und das meiner Meinung nach völlig zurecht.

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Erst einmal vorweg: Ich finde es super, wenn Männer sich mit dem Thema Periode auseinandersetzen und merken, dass hier einiges verkehrt läuft. Denn die beiden Gründer haben ein Problem erkannt, das tatsächlich existiert. Für alle menstruierenden Personen ist es ziemlich nervig, wenn sie einen Tampon wechseln wollen und im Bad kein Mülleimer bereitsteht. Das passiert vorwiegend auf öffentlichen Toiletten, auf Reisen, Festivals oder in Männerhaushalten. Mir persönlich fällt hierfür eine ziemlich naheliegende Lösung ein: mehr Mülleimer!

Für die Gründer funktioniert diese Lösung allerdings nicht. Denn in der Sendung merken sie an, dass die in Toilettenpapier eingewickelten Tampons nach einer Weile zu riechen beginnen. Und weil man Männern, die für weibliche Gäste ganz vorbildlich einen Mülleimer ins Bad stellen, nicht auch noch zumuten möchte, hier den Beutel regelmäßig zu wechseln, muss eben eine andere Lösung her: die Pinky Gloves.

Pinky Gloves vermitteln den Eindruck, die Periode sei unhygienisch

Interessant ist die Geschichte, wie die beiden Männer auf diese Idee kamen. Sie lebten in einer Frauen-WG und stellten fest, dass die in Toilettenpapier eingewickelten Tampons im gemeinsamen Bad nicht nur unschön riechen, sondern auch noch wenig appetitlich aussehen. Dieses „Problem“ sprachen sie gegenüber ihren Mitbewohnerinnen an und stellten fest, dass Frauen vor allem unterwegs ein großes Problem damit haben, Tampons diskret zu entsorgen. So entstand die Idee zu den Einmalhandschuhen, mit denen man die gebrauchten Tampons unterwegs ganz unkompliziert verpacken und bis zum nächsten Mülleimer geruchslos und auslaufsicher in der Hosentasche transportieren kann.

Die Tatsache, dass die selbsternannten Frauenversteher es für nötig hielten, die „ekligen“ Tampons im Badmüll anzusprechen, stößt mir und vielen anderen übel auf. Denn es zeigt, dass die Menstruation hier zumindest indirekt wieder als etwas unhygienisches angesehen wird. Es suggeriert, dass Tampons möglichst diskret und unauffällig entsorgt werden sollten. Dass jemand gerade menstruiert, soll möglichst nicht auffallen. Mittlerweile haben die Gründer sich auf Instagram zu den Vorwürfen geäußert und erklärt, dass es nie ihre Absicht war, den Eindruck zu vermitteln, die Menstruation sei etwas unhygienisches, die Handschuhe seien in erster Linie für den Gebrauch unterwegs gedacht. Das sei den beiden Gründern an dieser Stelle hoch angerechnet, man kann nur hoffen, dass sie die bei DHDL erwirtschafteten 30.000 Euro in eine bessere und zeitgemäßere Marketing-Strategie investieren. Doch leider ist das Image-Problem nicht der einzige Kritikpunkt an dem Produkt …

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Aktuell sind die Pinky Gloves bei Amazon übrigens ausverkauft, du kannst sie allerdings bei Weltbild im 60er-Pack für 14,99 Euro bestellen.

Nachhaltige Periodenprodukte: Die Alternativen zu Tampons und Binden Abonniere uns
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Nachhaltig sieht anders aus

Immer wieder kommen Kritiker*innen auch auf den Nachhaltigkeitsaspekt zu sprechen. Auch in der Vox-Sendung war der ein Thema. Laut den Gründern würden die Handschuhe dazu führen, dass Frauen Tampons nicht mehr einfach im Wald entsorgen, wenn kein Mülleimer in Reichweite ist. (Mich würde an dieser Stelle mal interessieren, wie oft das tatsächlich vorkommt.) Und so unnachhaltig sind die Handschuhe auch gar nicht, immerhin sind sie zu 100 Prozent recycelbar. Nur heißt recycelbar nicht, dass sie auch tatsächlich recycelt werden. In Deutschland wird leider immer noch ein Großteil der Wertstoff-Abfälle verbrannt oder auf Mülldeponien im Ausland abgeladen. Und gerade in Kombination mit dem genutzten Tampon landen die Pinky Gloves wohl ohnehin eher in der Restmüll-Tonne. In einer Zeit, in der immer mehr Unternehmen (unter anderem die Gründerinnen von ooia, deren „exotisches“ Periodenprodukt bei DHDL kein Investment enthielt) versuchen, nachhaltige Alternativen zu Tampons zu schaffen, wirkt ein Produkt, dass den Abfall, der während der Periode entsteht, noch vergrößert, seltsam deplatziert.

Teures Gendermarketing?

Und da wäre noch ein weiterer Punkt, der vielen übel aufstößt: Name und Preis. Während die Investor*innen bei „Die Höhle der Löwen“ ganz begeistert von der edlen Verpackung waren, stört viele Kritiker*innen der Name „Pinky“ und das klischeebehaftete Design. Denn in Kombination mit dem Preis, der in Vergleich zu herkömmlichen Einweghandschuhen etwa doppelt so hoch ist, entsteht hier schnell der Verdacht des teuren Gendermarketings. Das ist bei Drogerieprodukten weit verbreitet: Pink gestaltete Frauenprodukte kosten oft sehr viel mehr als das „männliche“ Pendant. Klassische Beispiele sind Rasierklingen oder Duschgel. Zur Verteidigung der Gründer muss ich hier allerdings anmerken, dass die Handschuhe etwas anders konzipiert sind, als die typischen Latexhandschuhe. Sie sind weiter und lassen sich nach dem Gebrauch so leichter von der Hand ziehen. Außerdem haben sie einen Klebestreifen zum Verschließen. Zudem werden die Handschuhe aktuell wahrscheinlich in kleineren Mengen hergestellt, was höhere Produktionskosten mit sich zieht.

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Johanna Böhnke

An sich kein schlechtes Produkt, doch das geht besser!

Vielfach wurde den Gründern vorgeworfen, sie würden mit ihrem Produkt ein Problem erschaffen, dass es so gar nicht gibt. Das sehe ich anders. Ich glaube eher, dass hier ein Problem größer gemacht wird, als es eigentlich ist. Ich kann mich auf jeden Fall an mindestens eine Situation erinnern, in der ich leicht angewidert einen in mehrere Schichten Klopapier verpackten Tampon in meine Tasche gesteckt habe, um ihn dann zuhause zu entsorgen. In solchen Situationen wäre mir ein „Pinky Glove“ dann doch lieber. Allerdings muss vor allem am Marketing noch einiges verbessert werden.

Carsten Maschmeyer lehnte ein Investment in der Show ab, weil er glaubte, den beiden als Mann nicht wirklich helfen zu können. Und ja, auch ich könnte mir vorstellen, dass den beiden Gründern vielleicht noch die weibliche Perspektive fehlt. Zwar geben sie an, einige weibliche Teammitglieder zu haben und in der Produktion oft mit Frauen gesprochen zu haben, doch wie die zahlreiche Kritik zeigt, müssen die Gedanken von Frauen hier noch wesentlich stärker einbezogen werden. Wie wäre es bei einem Produkt für unterwegs vielleicht mit einem entsprechenden „Outdoor-Design“ statt dem klischeehaften Pink? Und auch an der Produktnachhaltigkeit lässt sich sicher pfeilen: Anstatt nur recycelbares Material zu nutzen, könnte man etwa auf bereits recyceltes Plastik zurückgreifen. Ich bin jedenfalls gespannt, wie sich das Unternehmen weiter entwickelt. Wenn die beiden Investoren bereit sind, die Kritik anzunehmen, könnte aus den „Pinky Gloves“ vielleicht doch noch ein Produkt werden, dass nicht nur die männlichen Investoren, sondern auch Frauen begeistert.

Johanna Böhnke
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Bildquelle: istock/Westend61