Auf TikTok trenden Videos, in denen Frauen von ihren Partnern verboten wird, sich freizügig zu kleiden und in Filmen wird uns vermittelt, dass es cool ist, „anders als die anderen Mädchen“ zu sein. Medien können ziemlich toxisch sein. Darüber haben wir in der aktuellen Podcast-Folge mit Autorin und Content Creatorin Tara Wittwer gesprochen.
Dies ist eine gekürzte Version des Interviews. Das vollständige Interview kannst du dir in der aktuellen Folge „desired – Der Podcast“ anhören.
Was genau versteht man unter toxischen Medien?
Ich bin ein großer Freund von dem Wort toxisch, finde aber, dass es aktuell sehr inflationär genutzt wird. Alles, was einem nicht gefällt, ist automatisch toxisch. Ich würde sagen, etwas ist toxisch für eine Person, wenn ihre mentale Gesundheit darunter leidet oder wenn es sie in ihrem Verhalten einschränkt. An den Medien ist häufig toxisch, wie sie Rollenbilder beeinflussen, internalisierte Misogynie verbreiten und Trends hervorbringen, die gerade in TikToks und Reels junge Menschen sehr stark beeinflussen.
Du reagierst oft auf TikToks, in denen sehr problematische Rollenbilder vermittelt werden. Oftmals hat man das Gefühl, dass gerade auf TikTok, wo doch vermeintlich die junge „woke“ Generation unterwegs ist noch ein Rollenbild wie vor 50 Jahren herrscht. Hast du eine Idee, woher das kommt?
Ich finde diesen Begriff „woke“ immer sehr schwierig. Oftmals habe ich das Gefühl, Leute behaupten von sich „woke“ zu sein, um einen Freifahrtschein zu kriegen. Und gerade auf TikTok darf natürlich jeder seine Meinung teilen und etwas in die Kamera sagen – und das machen sie dann auch. Wenn man dann etwas Problematisches entdeckt und anspricht kommen meist diese Todschlag-Argumente a lá „Ich kann gar kein Rassist sein, ich verstehe mich super mit meinem Döner-Mann“. Dabei ist diese Argumentation an sich schon wieder rassistisch. Aber mit solchen Rechtfertigungen versucht man, sich nicht weiter mit dem Thema auseinander setzen zu müssen. Oft beobachtet man auch dieses „Nice Guy“-Phänomen, bei dem vornehmlich Männer in ihrer Version der Geschichte immer die Guten sind.
Das Phänomen gab es ja früher schon in den typischen Pop-Punk-Songs. Der Sänger war immer der Gute und die Frau, in die er sich verliebt hat die Böse, weil sie den „Bad Boy“ ihm vorzieht und nicht erkennt, was gut für sie ist.
Dass Frauen „die Bösen“ sind, zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Schon in der Bibel war es Eva, die dafür gesorgt hat, dass die Menschen aus dem Paradies verbannt werden. Und dieses Narrativ wird auch heute noch häufig angewandt. Wenn einem Mann das Herz gebrochen wird, ist die gemeine Frau alleine schuld – egal, was er gemacht hat. Ich selbst habe mal ein TikTok gepostet, in dem ich von einem Ex erzähle, mit dem ich mit 19 zusammen war und der mir verheimlicht hat, dass er eigentlich noch eine andere Freundin hat. Daraufhin habe ich viele Anfeindungen bekommen – von Frauen wie auch Männern – die mich dafür verurteilt haben, dass ich etwas mit einem vergebenen Typen hatte und mich teilweise als „Hure“ bezeichnet haben. Mal abgesehen davon, dass ich überhaupt nichts von der anderen Frau wusste und selbst verarscht wurde, habe ich keine Verantwortung für eine andere Beziehung. Die Schuld lag in diesem Fall klar beim Mann, aber wir sind so misogyn geprägt, dass viele sie automatisch bei der Frau suchen.
Food- und Drink-Trends auf Social Media sind uns deutlich lieber als stereotype Rollenbilder. Das sind die beliebtesten:
Verinnerlichter Frauenhass spielt leider in vielen Medien noch immer eine große Rolle. Es gilt als cool, andere Frauen zu bewerten oder zu betonen, dass man ganz anders ist als andere Frauen.
Das wird einen in der Popkultur auch immer wieder vorgelebt. Man denke nur mal an Filme wie „Eine wie keine“ oder „Mean Girls“. Rosa tragen und gestylt sein wird gleichgesetzt mit oberflächlich und gemein sein. Das Mädchen mit Latzhose und Brille hingegen ist automatisch intelligent, witzig und loyal. Das hat mich in meiner Jugend auf jeden Fall sehr beeinflusst. Natürlich wollte man dann lieber das coole, intelligente Mädchen sein. „Du bist anders als die anderen“, gilt noch immer häufig als Kompliment, dabei impliziert es ja, dass die anderen Frauen erst mal grundsätzlich etwas Negatives sind.
Das ganze Interview kannst du dir in der aktuellen Podcast-Folge anhören!