Während es in vielen anderen Ländern üblich ist, sieben Tage in der Woche shoppen gehen zu können, muss man sich hierzulande auf wenige verkaufsoffene Sonntage im Jahr beschränken. Doch was ist wichtiger: Ein wirklich freier Tag in der Woche oder die Möglichkeit jeden Tag Besorgungen tätigen zu können? Ich erkläre dir die wichtigsten Pro- und Contra-Argumente und warum ich persönlich für liberalere Öffnungszeiten bin – obwohl ich fast alles online einkaufe.
Pro: Was für verkaufsoffene Sonntage spricht
Bislang ist es in Deutschland noch Sache der Bundesländer, wie viele Sonntage im Jahr verkaufsoffen sind. In den meisten Bundesländern beschränkt sich dies auf höchstens vier Sonntage im Jahr, während man in Berlin an bis zu zehn Tagen jährlich sonntags shoppen gehen kann.
Einzelhändler haben sich schon 2017 zu der Initiative „Selbstbestimmter Sonntag“ zusammengeschlossen und fordern eine bundesweite Änderung des Grundgesetzes sowie mehr Mitspracherecht. Ihr Hauptargument: Nur durch eine Erweiterung der Ladensöffnungszeiten könnte der städtische Einzelhandel mit Online-Anbietern konkurrieren, die schließlich rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Sonntage gelten als die umsatzstärksten Tage im Onlinehandel, weil Einkäufe nicht vor Ort erledigt werden können. Der Präsident des deutschen Handelsverband Josef Sanktjohanser merkt zudem in einem Interview mit der Welt an, dass vorrangig ideologische Argumente gegen eine Erweiterung der Öffnungszeiten angebracht werden. Dass der städtische Einzelhandel unter den strengeren Vorgaben leidet, ist zudem kein düsteres Zukunftszenario: Zwischen 2010 und 2019 mussten bereits 40.000 Geschäfte schließen.
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Contra: Was gegen verkaufsoffene Sonntage spricht
Vieles spricht aber auch gegen eine Erweiterung der Ladenöffnungszeiten. Vor allem die Kirchen pochen darauf, den Sonntag als wichtigen christlichen Ruhetag zu erhalten. Ihnen sind bereits die vielen verkaufsoffenen Adventssonntage ein Dorn im Auge, weil sie dem sogenannten Sabbat zusehends seinen besinnlichen Charakter raubten.
Doch auch Gewerkschaften und linke Parteien sehen Gefahren in einer Gesetzeslockerung. Ihnen geht es dabei weniger um den christlichen Ursprung dieses Wochentags, sondern schlichtweg um den Erhalt eines Tages ohne Lohnarbeit. Laut des Linken-Parteivositzenden Bernd Riexinger benötigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Ruhephasen an den Wochenenden, die durch verkaufsoffene Sonntage bedroht wären.
Warum ich für liberalere Öffnungszeiten bin
Ich persönlich bin vorrangig aus ganz profanen Gründen für eine Erweiterung der Öffnungszeiten: Ich empfinde es als eine wahnsinnige Erleichterung, in einer Großstadt wie Berlin zu leben, wo man rund um die Uhr immerhin ein günstiges Bier und vielleicht noch einen Börek kaufen kann. Vorher habe ich in einer wesentlich kleineren Stadt gewohnt, wo man für solche Besorgungen allein auf eine Tankstelle am Ortseingang angewiesen war. Dabei dürfen auch sogenannte Spätkaufs in Berlin an Sonntagen eigentlich keine Alkohol- und Tabakwaren oder Tiefkühlpizzen verkaufen. Sehr zu ihrem Leidwesen, denn genau an diesen Tagen entgeht ihnen durch die Regelung einiges an Umsatz. Daher findet man in Berlin auch an Sonntagen zahlreiche widerrechtlich geöffnete Spätis, die die „verbotene Ware“ zum Teil mit Tüchern abdecken.
Dass sich so viele Späti-Verkäufer gegen das Verbot stellen, zeigt doch: Gerade an Sonntagen sind Lebensmittelläden gefragt und trotz angedrohter Strafen sind die Angestellten willens, an diesem Tag zu arbeiten. Das Argument, man solle sich doch wenigstens einen konsumfreien Tag in der Woche erhalten, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Schließlich haben Restaurants und Kneipen sonntags ebenfalls geöffnet und niemand wird dazu gezwungen, an diesem Tag einkaufen zu gehen. Die Vorstellung eines konsumfreien Tags, an dem sich Menschen auf Freizeitbeschäftigungen mit ihren Liebsten besinnen, mag zwar schön klingen, entspricht aber nun einmal nicht ganz der Realität. Wenn sich so viele Menschen gerade an Sonntagen vor ihre Rechner setzen, um Einkäufe zu tätigen, könnten sie das genauso gut auch in der Innenstadt tun. Allein durch strenge Regelungen hält man Menschen schließlich nicht vom Konsum ab.
Sonntag ist der perfekte Tag zum Einkaufen
Natürlich müsste bei einer Erweiterung der Öffnungszeiten sichergestellt sein, dass Angestellte für die sonntägliche Arbeit einen Aufschlag erhalten oder zusätzliches Personal eingestellt wird. Gerade vielen anderen Arbeitnehmern, die wie ich unter der Woche Vollzeit beschäftigt sind, kämen verkaufsoffene Sonntage allerdings sehr entgegen. So könnte ich endlich mal gerade dann, wenn ich Zeit habe, spontane Koch-Sessions starten. Schließlich haben die wenigsten unter der Woche wirklich Zeit vorauszuplanen und immer alle Einkäufe nach dem Feierabend oder samstags zu erledigen.
Da ich auch ansonsten so gut wie nie in Fußgängerzonen shoppen gehe und so ziemlich alles online kaufe, könnte ich vor allem ganzwöchentlich geöffneten Supermärkten etwas abgewinnen. Sonntag wäre für mich persönlich eigentlich der beste Tag, um ungestresst meine Wocheneinkäufe zu tätigen und etwas Meal Prep für die nächsten Tage zu betreiben, anstatt auf Lieferservices angewiesen zu sein. Ich kenne einige Leute, die Geld sparen würden, wenn sie sonntags einfach schnell in den Supermarkt huschen könnten. Natürlich ist es auch ein Stück Faulheit und Luxus, aber meine (illegale) gekühlte Spezi aus dem Späti nebenan will ich an verkaterten Sonntagen wirklich nicht mehr missen!
Hast du dir sonntags auch schon des Öfteren gewünscht, einkaufen gehen zu können? Oder bist du ganz froh darum, dazu gezwungen zu sein, einen Tag in der Woche vorauszuplanen? Schreib uns in den Kommentaren, wie eine ideale Regelung deiner Meinung nach aussehen würde!
Bildquelle: Unsplash/Roman Kraft