Makellose Haut, vollkommene Körper und ein scheinbar perfektes Leben – viele Bilder auf Instagram und anderen sozialen Plattformen vermitteln uns das Gefühl, manche Menschen lebten einen wahrgewordenen Traum. Doch obwohl wir wissen, dass es sich dabei um mehr Schein als Sein handelt, neigen wir dazu, unser eigenes Leben und uns selbst abzuwerten. Ich habe mit Diplompsychologin Sandra Jankowski über die Gefahren von Social Media auf die eigene Körperwahrnehmung gesprochen und wie man lernt, mit dem Thema gesund umzugehen.
Auf Instagram und Co. sehen wir viele vermeintlich perfekte Menschen. Was macht das langfristig mit unserer Psyche?
Soziale Netzwerke haben den Nachteil, dass wir ständig mit diesen perfekten Bildern konfrontiert werden und uns mit diesen vergleichen. Diesen psychologischen Prozess nennt man Aufwärtsvergleich. Wir messen uns an Personen, die auf den Bildern das perfekte Aussehen haben. Im Vergleich dazu stufen wir unser Aussehen dann als nicht so toll ein. Das kann uns dazu verleiten, dass wir uns anstrengen, mehr Sport treiben, die Ernährung umstellen und auf unser Äußeres achten. Was ja durchaus positiv ist. Auf der anderen Seite kann es aber zu einer Abwertung der eigenen Person, zur Resignation und/oder einer verzerrten Wahrnehmung über unser Aussehen kommen, also einer Wahrnehmung, die nicht der Realität entspricht.
Ex-„Gemany's next Topmodel“-Zweite Hanna Bohnekamp will auf Instagram einen Gegentrend erreichen und setzt sich für Skin Positivity ein. Im Interview verriet sie uns, wie sie gelernt hat, mir ihren Hautunreinheiten umzugehen:
Können Sie diese Wahrnehmungsstörung genauer beschreiben?
Eine Dysmorphophobie ist eine psychische Störung und bedeutet, dass wir ein verzerrtes Bild von unserem Körper oder von bestimmten Körperteilen haben. Wir schätzen unser Aussehen falsch ein. Andere Menschen würden darüber anders urteilen und würden nicht sehen, dass der Körper oder bestimmte Körperteile bei dem Betroffenen entstellt sind. Zu denken wäre da zum Beispiel eine zu große Nase, die andere aber gar nicht als zu groß einschätzen würden. Die Betroffenen leiden sehr stark darunter und lassen sich auch selten davon überzeugen, dass ihre Wahrnehmung falsch ist. Eine genaue Ursache für die Entstehung der Krankheit gibt es nicht. Grundsätzlich entstehen psychische Störungen durch mehrere Faktoren – den biologischen, den sozialen und den psychischen Faktoren. Diese Faktoren können auch als Stressoren bezeichnet werden, sodass Betroffene unter einem großen Stresslevel stehen und dieses oft gar nicht wahrnehmen. Ob sich daraus dann eine psychische Störung entwickelt, ist nie sicher zu sagen. Es kann ein langsamer Prozess sein oder auch ein plötzliches Ereignis. Der Vergleich mit anderen kann als ein psychologischer Faktor dazu beitragen, wird aber nie alleinige Ursache sein.
Auch die ehemalige „Sweden's Next Topmodel“-Gewinnerin Alice Herbst hatte in der Vergangenheit mit Dysmorphophobie zu kämpfen. Das ganze Interview findest du hier:
Wieso vergleichen wir uns überhaupt mit anderen?
Sich mit anderen zu vergleichen ist ein psychologisches Grundkonzept. Wir vergleichen uns mit anderen, um besser zu werden – um unsere Fähigkeiten zu optimieren und unsere Potenziale zu nutzen. Das Vergleichen hat sowohl positive, als auch negative Seiten. Der Vergleich mit anderen dient als Orientierung. Wir versuchen, uns ein realistisches Bild von den anderen und vom eigenen Selbst beziehungsweise eigenen Wert zu machen. Dies kann uns zum einen motivieren, uns für etwas anzustrengen und Bedürfnisse aufzuschieben. Auf der anderen Seite kann dann auch Neid entstehen oder wir fangen an, uns abzuwerten, sodass unser Selbstwertgefühl leidet und wir an uns zweifeln.
Allerdings wissen wir ja eigentlich, dass Social Media nicht die Realität widerspiegelt. Wieso belastet es uns aber trotzdem?
Bilder erzeugen meistens Gefühle, ähnlich dem Placeboeffekt. Haben wir eine negative Grundüberzeugung über unser Aussehen, können Bilder von perfekten Menschen auch eine negative Emotion in uns auslösen. Diese wiederum bestärkt uns noch mehr in unserer negativen Grundüberzeugung. In diesen Bruchteilen von Sekunden registriert unser Gehirn nicht, dass es ein Fake ist. Das sagen wir uns dann erst hinterher.
Wie lernt man den gesunden Umgang mit solchen Bildern?
Je selbstbewusster wir sind und unsere Stärken und Fähigkeiten kennen, um so weniger müssen wir uns mit anderen vergleichen. Wer mit sich zufrieden ist, schaut weniger auf das Aussehen anderer.
Vielen Dank für das spannende Interview, Frau Jankowski!
Vielleicht konnten auch dir die Expertentipps helfen, einen anderen Blickwinkel bezüglich Social Media zu erlangen. Denk einfach daran, niemand ist wirklich perfekt. Wenn du dir das bewusst machst und Instagram und Co. mit einem gebührenden Abstand konsumierst, wirst du dich langfristig besser fühlen.
Bildquelle: Viktor_Gladkov/iStock; Sandra Jankowski