Ich teile hin und wieder Fotos von mir auf Instagram und aktualisiere alle paar Monate mein Facebook-Profilbild. Mir fällt jedoch immer wieder auf, dass vor allem Frauen ihre Selfies nur mit entschuldigenden Bildunterschriften wie „Voll der verpeilte Blick, haha!“ oder ähnlichen Kommentaren hochladen. Scheinbar befürchten viele, ansonsten als selbstverliebt abgestempelt zu werden. Ich finde jedoch: Es ist überhaupt nichts dabei, ein Selfie einzig und allein deswegen zu posten, weil man sich verdammt noch mal schön darauf findet!
Es braucht immer einen Vorwand
Wir leben in einer komischen Zeit: Es war noch nie so selbstverständlich, ständig Fotos von sich selbst zu schießen und diese über seine Social-Media-Profile seinen Freunden oder der Öffentlichkeit unter die Nase zu reiben. Gleichzeitig gilt es aber als verpönt, unverhohlen zuzugeben, dass man diese postet, um Komplimente einzuheimsen. Laut einer kanadischen Studie werden Menschen, die viele Selfies posten, von anderen sogar als narzisstisch und selbstverliebt bewertet. Kein Wunder also, dass wir Fotos von uns selbst oft nur unter einem Vorwand teilen.
Auch ich bin davor nicht gefeit. Es kommt manchmal vor, dass ich mich zurechtmache, in den Spiegel blicke und denke: Gerade siehst du echt richtig gut aus! Dann starte ich eine kleine Selfie-Session und frage mich, was ich nun mit diesen schönen Fotos von mir anstellen soll. Ich kann doch nicht einfach grundlos ein Selfie von mir auf Instagram hochladen und dazu schreiben: „Ich seh heute echt verdammt gut aus, oder?“ Also muss ich mir irgendeine Story ausdenken, die das Bild rechtfertigt. Bei dem folgenden Selfie auf meinem privaten Instagram-Account war genau dies der Fall. Ich hatte mich für ein Konzert fertiggemacht, musste noch auf eine Freundin warten und teilte dieses Foto auf Instagram mit dem Kommentar: „Sentimental gruftig aufs HIM-Konzert warten.“ Das mag zwar keine Entschuldigung à la #wokeuplikethis oder „Leute, ich seh so müde aus!“ sein, aber ich hielt diese Bildunterschrift scheinbar für notwendig.
Ich poste Selfies, weil ich mich schön finde!
Ich finde, wir sollten uns fragen, warum wir eigentlich Selfies posten. Wenn ich ganz ehrlich bin, geht es mir in der Regel nur darum, ein schönes Foto von mir zu teilen. Und ja, ich fühle mich auch geschmeichelt davon, wenn viele Menschen dieses Bild liken. Es klingt narzisstisch, aber ist es nicht auch ein völlig natürliches Bedürfnis, Bestätigung zu erhalten? Und warum würde ich sonst dieses Selfie hochladen? Mein Selbstwertgefühl pusht es auf jeden Fall, wenn ich aktuelle Fotos von mir sehe, auf denen ich mich schön finde. Besonders an Tagen, an denen ich mich plötzlich unattraktiv finde, können mich solche Aufnahmen beruhigen. Wenn ich zum Beispiel das folgende Silvester-Selfie von mir sehe, bin ich doch wieder sehr zufrieden mit meinem Äußeren. Wenn du dich hingegen fragst, ob du hässlich bist, solltest du hier weiterlesen.
Warum ist uns das so unangenehm?
Es fällt mir gar nicht so leicht, ohne Wenn und Aber zu schreiben, dass ich mich auf einem Foto sehr schön finde. Ich komme mir unheimlich selbstverliebt vor und frage mich, was Menschen denken, die diese Zeilen lesen. Dabei sollte doch eigentlich nichts dabei sein, auch mal zu seinen Stärken zu stehen.
Es war nicht immer so, dass ich zufrieden mit meinem Äußeren war. Lange Zeit habe ich mit meinem Gewicht gerungen, aber mittlerweile festgestellt, dass mich eine kleinere Kleidergröße nicht glücklicher macht. Wie du lernen kannst, dich Schritt für Schritt zu akzeptieren, erfährst du in der folgenden Bildergalerie:
Steht zu euren Selfies!
Ich kann mir gut vorstellen, dass es vielen Frauen beim Posten von Selfies so geht wie mir. Schau dir doch mal deine letzten geposteten Bilder auf Facebook und Instagram an und frage dich, warum du sie wirklich gepostet hast. Wenn du manchmal auch einfach nur zeigen wolltest, dass du dich schön findest, gibt es keinen Grund, dich schlecht zu fühlen. Ehrlich dazu zu stehen, dass man zufrieden mit sich ist, ist in meinen Augen überhaupt kein Zeichen von Narzissmus oder gar einem schwachen Selbstwertgefühl.
Im Gegenteil: Wirklich stark finde ich es, wenn man sowohl ehrlich sagen kann, was man gut an sich findet und was nicht. Ich mache mich zum Beispiel schon oft genug über meine dicken Wurstfinger, meine zu groß geratenen Clownsfüße oder mein Doppelkinn auf dem kleinen Bild über diesem Text lustig. Da kann ich doch ab und an auch mal ein Selfie posten, auf dem meine Augenbrauen einfach richtig on fleek sind.
Bildquelle: iStock/Draftfolio