Unsere Kindheit prägt unser späteres Leben mehr als man sich vorstellen kann – im positiven und negativen Sinne. Die Arbeit mit dem „inneren Kind“ ist daher ein fester Bestandteil in der Psychologie. Vor allem das sogenannte Schattenkind, in dem alle negativen Glaubenssätze, die wir als Kind gelernt haben, verankert sind, spielt eine zentrale Rolle. Wenn du dich fühlst, als wärst du in einer Sackgasse gefangen oder in Beziehungen immer wieder dieselben schmerzhaften Erfahrungen machst, könnte dein inneres Kind am Werk sein. Wie du dein Schattenkind kennenlernst, mit ihm arbeiten kannst und dich damit von wiederkehrenden Mustern und negativen Glaubenssätzen lösen kannst, erklären wir dir hier.
- 1.Die Arbeit mit dem „inneren Kind“
- 2.Was ist das Schattenkind?
- 3.Beispiele, wann sich dein Schattenkind meldet
- 4.Schutzstrategien des Schattenkinds
- 5.Übungen, um das Schattenkind zu heilen
- 5.1.Stelle dich der Vergangenheit
- 5.2.Lasse negative Glaubenssätze los
- 5.3.Gespräche mit deinem inneren Kind
- 5.4.Die eigenen Schutzstrategien erkennen
- 5.5.Entdecke dich & deine Bedürfnisse neu
Die Arbeit mit dem „inneren Kind“
Spätestens seit Autorin und Psychotherapeutin Stefanie Stahl mit ihrem Buch „Das Kind in dir muss Heimat finden“ monatelang die Bestseller-Liste angeführt hat, ist die Arbeit mit dem inneren Kind populär und jedem zugänglich geworden. Denn laut Stahl lassen sich durch die Arbeit mit dem inneren Kind fast alle Probleme lösen.
Als das „innere Kind“ bezeichnet die Psychotherapeutin alle Kindheitsprägungen, die wir durch unsere Eltern und andere Bezugspersonen erfahren haben. „Insbesondere die Kränkungen und Verletzungen aus der Kindheit verankern sich tief im Unbewussten und hindern uns als Erwachsene daran, unser volles Potenzial zu leben“, schreibt Stahl in ihrem Buch. Ein wichtiger Bestandteil ist die Arbeit mit dem Schattenkind, was wir uns hier genauer anschauen wollen.
Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit.
Was ist das Schattenkind?
Das Schattenkind beherbergt alle negativen Glaubenssätze, die wir als Kind durch Rückschläge, Enttäuschungen oder Traumata gelernt haben. Genau wie alle Sorgen, Ängste und Zweifel. Dadurch steht das Schattenkind für den Teil des Selbstwertgefühls, den wir stärken müssen, weil er labil und verletzlich ist. Durch diese Verletzungen im Kindesalter (gemeint ist die Zeit bis zum Alter von 6 Jahren) umfasst das Schattenkind die unbewussten, negativen Glaubenssätze, die jemand aus seiner Kindheit mit ins Erwachsenenleben nimmt. Dem gegenüber steht unser Sonnenkind, das alles Schöne aus unserer Kindheit in sich trägt. Je nach Erfahrungen und Erlebnissen in unserer Kindheit kann das Schattenkind über dem Sonnenkind herrschen. Die Schattenkind-Anteil unserer Psyche sind also jene, die uns immer wieder Probleme machen.
Beispiele, wann sich dein Schattenkind meldet
Wenn wir uns verletzt, provoziert oder getriggert fühlen, übernimmt das Schattenkind die Oberhand. Denn dessen fest verankerten Glaubenssätze können uns negativ beeinflussen und in eben kindliche Verhaltensmuster fallen lassen. So kann manch einer kaum mit Kritik umgehen und reagiert mit Wut oder Rückzug. Oder man fühlt sich getriggert, wenn jemand im Streit laut wird, weil das schmerzliche Erfahrungen aus der Kindheit sind. Warum dein Schattenkind zu dem geworden ist, was es ist, ist sehr individuell. Doch sich mit den eigenen Glaubenssätzen zu beschäftigen und diese herauszufinden, ist ein Löwenanteil bei der Selbstheilung. Schreibe dir die Sätze, die dir immer wieder im Kopf herumschwirren und dich negativ beeinflussen, auf. So kannst du zunächst herausfinden, wo diese Annahmen herkommen. Einige Beispiele für Glaubenssätze können sein:
- „Ich bin nicht gut genug“
- „Ich muss perfekt sein, um keine Angriffsfläche zu bieten“
- „Ich bin nicht liebenswert“, zum Beispiel weil meine Mutter/Vater/Bezugsperson kaum bis wenig Liebe zeigen konnte
- „Ich bekomme nichts hin“, häufig weil Mutter/Vater/Bezugsperson streng waren und wenig loben konnten
- Können auch allgemein ausfallen, wie: „Frauen sind schwach“ oder „Männer sind böse“
Schutzstrategien des Schattenkinds
Aus diesen persönlichen Glaubenssätzen ergeben sich dann persönlichen Selbstschutzstrategien. Damit wollen wir unser Schattenkind vor weiteren Verletzungen und Enttäuschungen zu beschützen. Um diese negativen und belastenden Emotionen sowie eine grundlegende Unsicherheit vor schlechten Gefühlen zu kompensieren, kann der Selbstschutz laut Stahl so aussehen:
- Kontaktvermeidung
- Perfektion
- Überanpassung
- Machtstreben
- Ich bleibe Kind
- Vermeidung, Rückzug, Flucht
- Sucht
- Narzissmus
Wenn du dein Schattenkind samt seiner Schutzstrategien erarbeitet hast, dann spricht Stahl von einem „Teil seines psychischen Programms“, der einem immer wieder in unterschiedlichen Situationen Schwierigkeiten bereitet.
Das Journaling (ein schönes Trendwort für das gute, alte Tagebuch) ist ebenfalls eine beliebte, einfache Methode, um dich in Achtsamkeit zu üben. Im Video erklären wir dir, wie es gelingen kann.
Übungen, um das Schattenkind zu heilen
Nach Stefanie Stahl geht es bei der Arbeit mit dem inneren Kind darum, „das Schattenkind in uns zu trösten, damit es sich gesehen fühlt, sich beruhigen kann und genügend Raum für das Sonnenkind entsteht“. Um das zu erreichen, können Methoden wie geführte Meditation, Achtsamkeit oder Visualisierung hilfreich sein. Zu ihrem Bestseller hat Stahl zudem ein Arbeitsbuch veröffentlicht, um dich bei deiner Arbeit mit dem inneren Kind zu begleiten und unterstützen. Weitere Methoden und Übungen sind die fünf folgenden.
Stelle dich der Vergangenheit
Oft verdrängen wir negative Erlebnisse und versuchen, sie zu überspielen. Trotzdem bleiben die negativen Erfahrungen und Emotionen natürlich weiterhin da und beeinflussen uns unbewusst. Um mit dem inneren Kind in Kontakt zu treten, ist es daher unerlässlich, dass du dich der Vergangenheit stellst. Vor allem negative Erlebnisse müssen erneut in Erscheinung treten, um sie neutralisieren zu können. Das funktioniert zum Beispiel durch Verständnis, Mitgefühl und Wohlwollen deinem inneren Kind gegenüber.
Lasse negative Glaubenssätze los
Negative Glaubenssätze hindern uns oft an unserer Selbstverwicklung, da sie wie eine Art Sperre im Kopf fungieren und uns immer wieder in eine Sackgasse führen. Wenn dein Schattenkind Glaubenssätze wie „Das kannst du nicht“, „Du bist nicht gut genug“ oder „Du verdienst das nicht“ verankert hat, ist es höchste Zeit, diese loszulassen und in positive umzuformulieren. Denn du kannst das ganz hervorragend und bist wertvoll! Das Umpolen zum positiven Denken braucht seine Zeit und passiert nicht von heute auf morgen. Doch wenn du dich immer wieder selbst bestätigst und liebevoll mit dir umgehst, bist du auf dem besten Weg.
Gespräche mit deinem inneren Kind
Wenn du deine negativen Erfahrungen und Enttäuschungen bewusst erarbeitet hast und benennen kannst, wird es Zeit, mit deinem Schattenkind ins Gespräch zu kommen. Ein wertvolles Werkzeug ist nach Stahl, deinem Schattenkind jene Worte zu schenken, die du damals dringend gebraucht hättest. Stelle dir als Erwachsener vor, dass dein jüngeres Ich gerade etwas Unschönes, Verletzendes oder Kränkendes erlebt. Dann tröste dein inneres Kind, rede ihm gut zu und sag ihm, dass es nicht allein ist. Das Schattenkind zu trösten, ist wichtig, um mit alten Verletzungen abzuschließen. Das Ganze kannst du schriftlich machen, während einer Mediation oder Traumreise.
Die eigenen Schutzstrategien erkennen
Hast du dich in einer oder mehreren der oben genannten Schutzstrategien wiedererkannt? Sehr gut, denn seine persönlichen Schutzstrategien zu identifizieren, ist ein wichtiger Teil der Arbeit mit deinem inneren Kind. Denn das sind jene Reaktionen, die in der Beziehung mit anderen Menschen oft Probleme bereiten können. Wer also um seine Schutzstrategien weiß, kann sie umpolen und bei der nächsten Konfrontation daran arbeiten, nicht mit beispielsweise dem Rückzug zu reagieren. Je besser du deine Schutzpanzer benennen und erkennen kannst, desto besser lernst du dich und deine Triggerpunkte kennen.
Entdecke dich & deine Bedürfnisse neu
Die Arbeit mit dem Schattenkind kann schmerzhaft sein, da alte Verletzungen hervorgerufen werden und noch einmal durchlebt werden müssen. Doch diese zu erkennen und mit ihnen abzuschließen, werden dir mehr Selbstvertrauen und Bewusstsein schenken. Wenn du dich intensiv mit deiner Vergangenheit beschäftigst und erkennst, woher deine Verhaltensmuster kommen, lernst du deine Bedürfnisse ganz neu kennen! Welche Bedürfnisse und Wünsche hast du viel zu lange in den Hintergrund gestellt? Was willst du wirklich im Leben? Was macht dir Spaß? Welche Ziele würdest du gerne erreichen? Mit dem neu erlernten Wissen über dich, deine einstigen Verletzungen und Strategien, die du dir im Laufe deines Lebens angeeignet hast, kannst du vieles aus einem neuen Blickwinkel betrachten.
Wenn dich die Arbeit mit deinem inneren Kind interessiert und du noch mehr über dein Schattenkind, Glaubenssätze, Schutzstrategien und vieles mehr herausfinden möchtest, können wir dir das Buch von Stefanie Stahl ans Herz legen. Auch ein dazugehöriges Arbeitsbuch hat die Psychotherapeutin herausgebracht.
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