„Ich mache das nochmal, dann wird es besser“ oder „Ich habe noch nie sowas schlechtes abgeliefert“ – Sätze wie diese sind den Perfektionisten unter uns ziemlich bekannt. Alles immer richtig zu machen, keine Ausreden zu finden und bei jeder Aufgabe immer und überall 130% geben – wer das kennt, der ist Perfektionist durch und durch. Doch auch unter den Perfektionisten gibt es Unterschiede, das sagt ein Experte. Gleich sieben Arten davon gibt es. Bist du einer davon?
Mit Lifestyle Coach Attila Albert haben wir darüber gesprochen. Er definiert den Perfektionismus so: „Perfektionismus zeigt sich in überzogenen Erwartungen an sich und andere. Keine Fehler machen wollen, keine bei anderen dulden.“ Dabei hat er gleich sieben verschiedene Perfektionismus-Typen festgestellt – vom Streber bis zum Helfer gibt es alles. In seinem Buch „Perfektionismus ist ein Arschloch“ führt er sie auf und erklärt diese Typen ausführlich.
Das sind die Perfektionismus-Typen
#1 Der Streber
Streber haben ein großes Bedürfnis, anderen zu zeigen, wie gut sie sind. Ob in der Schule, in der Uni oder später im Job. Sie möchten sich beweisen und auch, dass alle das sehen. Immer in Konkurrenz zu anderen zu stehen, kann jedoch ziemlich kräftezehrend sein. Denn in manchen Situationen bringt es kaum etwas zu ehrgeizig zu sein, da es die Umstände nicht zulassen. Diese Einstellung sorgt jedoch in der Schule, Uni und dem Job für sehr gute Leistung und bei Vorgesetzten für viel Anerkennung.
Tipp des Experten: „Wer ständig beeindrucken will, könnte verstärkt die schwierigen, komplizierten Seiten seiner Biografie und Persönlichkeit reflektieren, um sich und andere versöhnlicher wahrzunehmen. Etwa einmal seine eigene Biografie auf zwei bis vier Seiten aufschreiben. Dieser Rückblick erklärt einem oft vieles.“
#2 Der Pragmatiker
Pragmatische Perfektionisten lieben es, sich anzustrengen. Sie machen es nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus persönlichem Interesse. Sie lieben es, sich weiterzuentwickeln und sind dabei auch gute Teamplayer, denn sie vermitteln kreative Gefühle und spornen andere mit ihrer Einstellung an. Sie verzweifeln nicht an Situationen, die sie eh nicht ändern und verbessern können, sondern wollen innerhalb der gegebenen Umstände das Beste aus allem herausholen.
Tipp des Experten: „Sind Sie aus Begeisterung für die Sache perfektionistisch: Prüfen Sie regelmäßig, ob andere, etwa Ihre Chefs oder Kunden, Ihr Verständnis von Qualität teilen und das Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis noch stimmt.“
#3 Der Helfer
Leute, die perfektionistisch veranlagt sind, tun dies auch manchmal aus reiner Nächstenliebe und wollen andere unterstützen. Auch das ist ziemlich kräftezehrend, denn wer ständig anderen helfen will, ihr Leben zu verbessern, der vergisst oft das eigene. Oft gilt für die Helfer jedoch: Die Freude anderer gleicht dieses Opfer wieder aus. Dennoch lohnt es sich, auch ab und an mal ein perfektionistischer Helfer für sich selbst zu sein. Das zaubert auch ein Lächeln ins Gesicht.
Tipp des Experten: „Wer Perfektion für andere will, sollte Verantwortung stärker teilen, sei es mit Kollegen, Partner oder Kindern. Das befreit Sie davon, immer für alles verantwortlich zu sein, was Sie gut können.“
#4 Der Ausweichende
Ausweichende Perfektionisten flüchten sich in die Arbeit, um damit von einem anderen Problem abzulenken. Sie wollen sich auf eine oder mehrere Aufgaben stürzen, damit sie ihre eigenen Sorgen nicht beachten müssen. Ausweichende hoffen so, dass sich die Probleme von alleine lösen – das geht aber nicht immer gut. Wer sich den Problemen einfach stellt, der muss weniger darum kämpfen, all dem nicht auszuweichen. Das Gute: So kann man sich auf alle Aufgaben deutlich besser konzentrieren.
Tipp des Experten: „Wenn Sie durch Perfektionismus ein anderes Problem verdrängen wollen: Freunden Sie sich mit dem Gedanken an, dass es keine perfekte Lösung gibt, etwa den idealen neuen Job. Mit mehr Pragmatismus (z. B. mal wo ganz anders bewerben) brauchen Sie weniger Ablenkungen.“
#5 Der Weise
Weisheit ist ein großes Gut, das mit den Jahren unseres Lebens immer ausgeprägter wird und dazu führt, dass man Ratschläge gerne weitergeben, mehr Harmonie fördern und auch ein wenig die Welt verändern möchte. Dieses Bedürfnis nach stetiger Verbesserung funktioniert jedoch nicht immer und das macht den weisen Perfektionisten oft zu einem sehr großen Optimisten. Das kann für andere schon mal anstrengend sein, kann ihnen aber auch ein besseres Gefühl vermitteln.
Tipp des Experten: „Alle, die idealistisch für eine perfekte Welt kämpfen wollen, könnten überlegen, ihr Anliegen zu ihrem Hauptberuf auszubauen, etwa durch eine Bewerbung bei einer passenden Hilfsorganisation oder Stiftung oder auch eine eigene Gründung.“
#6 Der Distanzierte
Der distanzierte Perfektionist sucht vor allem nach Abstand zu anderen – und zwar auf emotionaler Ebene, damit Situationen völlig objektiv beurteilt werden können. Diese Leute wollen anderen mit Rat und Tat zur Seite stehen und das gerne immer und überall. Ihnen ist es wichtig, die bestmögliche Hilfe für Probleme anzubieten – auch, wenn die Situation so perfekt ist, wie sie nur sein kann.
Tipp des Experten: „Wer meint, dass eigentlich schon alles auf seine Art perfekt ist, sollte sich in beruflichen oder privaten Ausnahmesituationen seine neuen Gedanken und Einsichten notieren. Sie werden zurück im Alltag hilfreich sein, wenn man doch wieder an der Perfektion zweifelt.“
#7 Der Ängstliche
Der ängstliche Perfektionist ist häufig enttäuscht von sich selbst, denn er hat große Angst vor Fehlern und wie diese auf andere wirken. Ist man nicht ehrgeizig genug? Hat man beim letzten Feedback nicht zugehört? Die Angst vor Fehlern und vor Kritik treibt den ängstlichen Typen dann doch ab und zu zu Fehlern und enttäuscht. Das macht diesen Perfektionisten aber auch sympathisch, da das Umfeld schnell begreift, wie sehr der Ängstliche diese vermeiden will und sorgt für mehr Verständnis.
Tipp des Experten: „Wen die Angst vor Kritik antreibt, der sollte sich für jede Aufgabe anhand konkreter Kriterien festlegen, wann das Ergebnis bereits recht solide wäre. [...] Zudem muss der Stresspegel runter. Hilfreich hier: Den Kalender tagsüber zu einem Drittel freilassen, damit mehr Zeitpuffer einplanen.“
Attila Albert war selbst in jungen Jahren ein Perfektionist: „Als junger Mann – ich bin jetzt 48 – war ich sehr perfektionistisch. So habe ich zum Beispiel ein berufsbegleitendes BWL-Studium nach vier (von sechs) Semestern abgebrochen, weil ich meine Noten zu mittelmäßig fand.“ Dies und der gesellschaftliche Trend zum Perfektionismus, sowie wiederkehrende Situationen aus Coachings bildeten die Grundlage für sein Buch.
Perfektionismus hin oder her: Das funktioniert vor allem dann sehr gut, wenn man sich auch im Job wohlfühlt, denn genau dann kann man volle 100% geben. Bist du glücklich im Job? Finde es heraus!
Bildquelle: Stocksy/Maja Topcagic