Wer seinen Lebensstil nachhaltiger gestalten will, muss viel Neues lernen. Einige Dinge scheinen aber ganz offensichtlich zu sein. Etwa, dass es nachhaltiger ist, Mode oder andere Konsumgüter im Laden zu kaufen, anstatt sie online zu bestellen. Schließlich werden die meisten Bestellungen in Plastik verpackt und mit dem wenig umweltfreundlichen Lieferwagen vor die Haustür gebracht. Doch tatsächlich ist der Kauf vor Ort oftmals gar nicht die umweltfreundlichere Lösung. Wir erklären, wann es nachhaltiger sein kann, online zu bestellen.
Eins vorweg: Zum Thema, ob es denn nun nachhaltiger sei, online oder im Geschäft zu kaufen, gibt es viele unterschiedliche Meinungen, aber nur wenige zuverlässige Daten. Die Ökobilanz eines Einkaufs hängt in beiden Fällen vom individuellen Kaufverhalten der Verbraucher*innen ab. Laut der Netzwerkgruppe „Nachhaltiger Konsum“ des Verbraucherzentrale Bundesverbands bescheinigen verschiedene Studien dem Online-Handel einerseits Emissions-Ersparnisse von bis zu 32 Prozent – andererseits aber auch einen um 240 Prozent höheren Emissionsausstoß als dem stationären Einzelhandel. Eine etwas aktuellere Studie des Umweltbundesamtes kam nach Auswertung verschiedener wissenschaftlicher Artikel zu dem Thema zum Schluss, dass der Kauf online in den meisten Fällen die nachhaltigere Alternative ist. Allerdings wird auch hier betont, dass es auf den Einzelfall ankommt. „Besondere Bedeutung für den Vergleich beider Systeme haben beim Onlinehandel die letzte Meile, beim stationären Handel die Emissionen von Markt/Geschäft (Strom und Heizung) sowie die Einkaufsfahrt der Kundinnen und Kunden“, heißt es in der Studie.
Für das eigene Kaufverhalten lässt sich aber anhand weniger Daten relativ gut entscheiden, ob es denn nun nachhaltiger wäre online zu kaufen oder doch lieber im nächstgelegenen Geschäft. Dazu solltest du folgende Vor- und Nachteile beider Varianten kennen.
Die Anfahrt zum Einzelhändler ist entscheidend
Sowohl der Online-Handel als auch der stationäre Einzelhandel haben einige Grundfaktoren, die für ihre CO2-Emission verantwortlich sind. Geschäfte etwa müssen geheizt und mit Strom versorgt und Pakete für Online-Lieferungen müssen verpackt und mit dem Lieferwagen versendet werden. Natürlich müssen die Waren aber auch in die Läden kommen, deshalb ist die Lieferung einer Online-Bestellung an sich gar nicht mit so viel mehr CO2-Emission verbunden. Laut Angaben der DHL erzeugt ein Paket etwa 500 Gramm CO2-Ausstoß.
Eine Lieferung ist insbesondere dann nachhaltiger, wenn man ansonsten mit dem Auto ins Geschäft fahren würde. Das tun einer Umfrage des Deutschen CleanTech Instituts (DCTI) im Auftrag von Otto etwa 60 Prozent aller Deutschen. Laut Umweltbundesamt verursacht ein durchschnittliches Auto pro Kilometer Strecke rund 139 Gramm CO2-Emission. Nach zwei Kilometern Fahrt zum Geschäft und entsprechender Rückfahrt wäre damit also die Emission einer Lieferung getoppt. Andere Quellen gehen sogar von einer Treibhausgas-Emission von 2.400 Gramm CO2 pro durchschnittlicher Einkaufsstrecke von sechs Kilometern aus.
Bewusst shoppen ist wichtig, um ein nachhaltigeres Leben zu führen. Im Video zeigen wir dir fünf ganz einfache Nachhaltigkeitstipps für den Alltag:
Retouren machen Online-Shopping weniger nachhaltig
Gerade für Menschen, die auf dem Land leben und nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad einkaufen können, kann der Online-Einkauf damit durchaus nachhaltiger sein. Zumindest, wenn man die Retouren außer Acht lässt. Denn die sind das große Problem beim Online-Shopping. Nicht nur muss das Paket wieder zurückgesendet werden, was die CO2-Bilanz direkt verdoppelt. Auch haben die meisten Versandhändler riesige Retouren-Zentren, die beheizt und betrieben werden müssen.
Doch die Möglichkeit, Ware kostenlos zurückschicken zu können, verlockt viele dazu, sie auch in Anspruch zu nehmen. Einer Studie der Uni Bamberg zufolge wurde 2018 jedes sechste ausgelieferte Paket wieder retourniert. Bei Kleidung und Schuhen war es sogar jedes zweite, denn oftmals bestellen wir hier gleich mehrere Größen und Modelle zur Anprobe.
Praxis-Beispiel Jeans: Online oder lieber im Geschäft kaufen?
Ob es nun besser ist online zu bestellen oder doch lieber ins Geschäft zu gehen, kann also von Kaufvorhaben zu Kaufvorhaben unterschiedlich sein. Je nachdem, wie das entsprechende Geschäft für dich erreichbar ist und wie wahrscheinlich es ist, dass du die Lieferung später wieder zurücksendest. Schauen wir uns das Ganze mal konkret am Beispiel einer Jeans an.
Hier dürften wir uns alle einig sein: Die Wahrscheinlichkeit, auf Anhieb die perfekte Jeans zu finden, bewegt sich stark gegen 0. Wer online bestellt, legt so meist gleich mehrere Modelle in unterschiedlichen Größen in den Warenkorb, um zu Hause zu schauen, welches am besten sitzt. Eine Retoure ist also vorprogrammiert. Selbst wenn wir nur eine Jeans bestellen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie am Ende nicht passt und wir sie zurückschicken. Dann haben wir nicht nur eine Retoure, sondern bestellen höchstwahrscheinlich direkt die nächste Jeans und erhöhen die CO2-Emission so erneut.
Da kann es wesentlich sinnvoller sein, in die Innenstadt zu fahren und ein paar Geschäfte abzuklappern. Wer in einer Großstadt wohnt, kann das meist problemlos mit dem ÖPNV oder dem Fahrrad machen und spart damit einiges an CO2. Anders sieht es hingegen für Menschen auf dem Land aus. Ich selbst bin in einer Kleinstadt aufgewachsen, in der es keine Geschäfte mit Mode für junge Leute gab. Zum Shoppen sind wir also meist mit dem Auto in die nächstgrößere Stadt gefahren. Eine Fahrt betrug rund 20 Kilometer. Die Rückfahrt einberechnet ergäbe das mit den Angaben des Umweltbundesamtes eine CO2-Emission von 5.560 Gramm – dafür müsste ich ziemlich viele Pakete zurücksenden, um mit dem Online-Shopping einen größeren Verbrauch zu haben.
Tipps und Tricks: So kannst du nachhaltiger online shoppen
Natürlich sind die Fahrten zum Laden und die CO2-Emission der Paket-Lieferung nicht die einzigen Faktoren, die beim nachhaltigen Einkaufen eine Rolle spielen. Online ist die Auswahl an nachhaltiger Mode beispielsweise wesentlich größer – und die hat im Vergleich zu herkömmlicher Kleidung einen wesentlich geringeren CO2-Fußabdruck. Neben der Art, wie wir kaufen, spielt schließlich immer noch das „Was“ eine Rolle. Außerdem kannst du auf die folgenden Dinge achten, um deinen Online-Einkauf möglichst nachhaltig zu gestalten:
- Kaufe wenn möglich bei Onlineshops, die Wert auf nachhaltige Verpackung und Lieferung legen. Viele Shops nutzen mittlerweile recyceltes Plastik für Versandbeutel oder verzichten komplett darauf.
- Bei vielen Shops hast du die Möglichkeit anzugeben, dass alle Teile in einer Lieferung gebracht werden sollen. Das kann etwas länger dauern, spart aber CO2.
- Die DHL bietet mittlerweile eine Möglichkeit, die CO2-Emission der Lieferung zu kompensieren. Diese Option kannst du bei vielen Shops auswählen.
- Solltest du doch mal etwas zurückschicken müssen, nutze dazu die Verpackung, in der du das Paket bekommen hast, anstatt einen neuen Karton zu verwenden.
- Falls du dein Paket mal nicht entgegennehmen kannst: Gebe an, dass es an Nachbar*innen geliefert werden soll oder vereinbare einen Ablageort. So muss das Paket nicht extra zum Paketzentrum gefahren oder am nächsten Tag noch einmal geliefert werden. Falls es doch mal bei der Post landet: Lege den Weg dahin zu Fuß oder mit dem Fahrrad, anstatt mit dem Auto zurück.
- Wenn deine Lieferung nicht zeitkritisch ist, verzichte am besten auf Express-Lieferungen oder die Zeitfenster-Zustellung, so kann der Lieferant seine Touren möglichst effizient planen.
- Nutze Bewertungsfunktionen wie zum Beispiel bei Amazon, um anzugeben, ob dein Paket effizient verpackt war. Häufig verwenden Händler noch immer viel zu große Verpackungen für die Waren. Damit geht Platz im Lieferwagen verloren.
Das sind nur einige Möglichkeiten, um deinen Online-Einkauf nachhaltiger zu gestalten. Das Wichtigste ist, vor jedem Einkauf abzuwägen, ob du das Produkt wirklich brauchst und ob du es nicht vor Ort nachhaltiger beziehen könntest. Deinen Einkauf im stationären Handel kannst du natürlich ebenfalls nachhaltiger gestalten, zum Beispiel, indem du mit der Bahn fährst oder im besten Fall zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Außerdem ist es hilfreich, deine eigenen Einkaufsbeutel mitzunehmen. Das gilt nicht nur beim Lebensmitteleinkauf, sondern auch in Modegeschäften und anderen Läden. Wenn du deine Kaufentscheidungen bewusster triffst, kannst du sowohl online als auch vor Ort den CO2-Fußabdruck deiner Einkäufe reduzieren.
Bildquelle: istock/RossHelen