Kennst du das Gefühl, als würdest du nur so tun, als ob du kompetent wärst, und als würden bald alle entdecken, dass du eigentlich keine Ahnung hast? Dieses Phänomen hat einen Namen: das Imposter-Syndrom. Trotz objektiver Erfolge fürchten Betroffene, als Betrüger*innen entlarvt zu werden und schreiben ihre Leistungen dem Glück oder anderen äußeren Faktoren zu – niemals den eigenen Fähigkeiten. Hier sind die typischen Anzeichen, die darauf hindeuten könnten, dass auch du betroffen bist.
#1
Du kannst Komplimente nicht annehmen
Wenn andere deine Arbeit loben, fühlst du dich unwohl und versuchst die Anerkennung abzuwehren. Du neigst dazu, deinen Erfolg kleinzureden oder zu erklären, warum die Aufgabe eigentlich nicht so schwierig war. Manchmal hörst du das Kompliment gar nicht richtig an, weil in deinem Kopf sofort der Gedanke auftaucht: „Wenn die wüssten, wie wenig ich eigentlich kann ...“ Selbst bei klaren Erfolgen bleibt bei dir ein nagendes Gefühl, dass du den Beifall nicht wirklich verdient hast.
#2
Du glaubst, du hättest alle getäuscht
Eine der deutlichsten Manifestationen des Imposter-Syndroms ist die ständige Überzeugung, dass du irgendwie „durchgerutscht“ bist. Du denkst, dass deine Kolleg*innen, Vorgesetzten oder Freund*innen dich überschätzen und deine wahren Fähigkeiten noch nicht erkannt haben. Jedes Meeting wird zu einer potenziellen Entlarvung, jede Präsentation könnte der Moment sein, in dem alle endlich durchschauen, dass du nicht hierher gehörst. Diese Angst bleibt bestehen, selbst wenn du seit Jahren erfolgreich in deiner Position arbeitest.
#3
Du führst Erfolge auf externe Faktoren zurück
„Ich hatte einfach Glück“ oder „Das war nur Zufall“ – klingen diese Sätze vertraut? Menschen mit Imposter-Syndrom haben große Schwierigkeiten, ihre Erfolge als Ergebnis der eigenen Kompetenz zu sehen. Stattdessen schiebst du deine Leistungen auf äußere Umstände: Glück, perfektes Timing oder die Großzügigkeit anderer. Während du bei Misserfolgen sofort die Schuld bei dir selbst suchst, fällt es dir extrem schwer, Erfolge als selbstverdient anzuerkennen. Diese verzerrte Attribution untergräbt langfristig dein Selbstvertrauen.
#4
Du bist eine Perfektionistin
Dahinter steckt oft die Überzeugung: „Wenn ich alles perfekt mache, wird niemand merken, dass ich eigentlich nicht qualifiziert bin.“ Du setzt dir unmöglich hohe Standards und arbeitest übermäßig hart, um sie zu erreichen. Selbst kleine Fehler erscheinen dir als Bestätigung deiner vermeintlichen Inkompetenz. Diese Tendenz zur Perfektion kann zunächst produktiv wirken, führt aber langfristig zu Erschöpfung und Burnout. Zudem verstärkt sie den Teufelskreis: Je mehr du leistest, desto mehr befürchtest du, die Erwartungen beim nächsten Mal nicht erfüllen zu können.
#5
Du vergleichst dich ständig mit anderen
Social Media, Karrierenetzwerke, Teammeeting – überall siehst du nur die Erfolge der anderen und fühlst dich minderwertig. Was du dabei übersiehst: Auch deine Kolleg*innen und Bekannten zeigen meist nur ihre Glanzmomente. Du hingegen kennst deine eigenen Unsicherheiten und Fehlschläge nur zu gut. Dieser ungleiche Vergleich nährt dein Gefühl, nicht mithalten zu können, obwohl du objektiv betrachtet genauso kompetent (oder sogar kompetenter) bist als die Menschen um dich herum.
#6
Du hast Angst vor neuen Herausforderungen
Obwohl du vielleicht nach außen hin ehrgeizig wirkst, lösen neue Verantwortungen oder Beförderungen bei dir Panikgefühle aus. Du denkst: „Jetzt wird endlich herauskommen, dass ich das nicht kann.“ Diese Angst kann so stark werden, dass du Chancen ausschlägst oder dich selbst sabotierst, um nicht „aufzufliegen“. Du bleibst lieber in deiner Komfortzone, wo du dich einigermaßen sicher fühlst, anstatt dich beruflich oder persönlich weiterzuentwickeln – und verpasst dadurch wertvolle Wachstumsmöglichkeiten.
Meine eigene Imposter-Erfahrung
Als ich zur Chefredakteurin befördert wurde, war ich plötzlich nicht mehr die erfahrene Senior-Redakteurin, sondern eine Anfängerin in meiner neuen Position. Das hat mir anfangs enormen Stress bereitet. Ich dachte, alle wüssten es besser als ich. Doch dann kam die Erkenntnis: Sie kochen auch alle nur mit Wasser! Die Wahrheit ist, dass ich die neue Herausforderung gebraucht habe. Ich bin zwar ein Mensch, der seine Komfortzone schätzt, aber manchmal muss man sich einfach einen Ruck geben – und glaub mir, es lohnt sich! Neue Herausforderungen bringen uns weiter, auch wenn die Imposter-Stimme in unserem Kopf uns etwas anderes erzählen will.
Unser Ratschlag
Die good news lautet also: Das Imposter-Syndrom kann überwunden werden. Ein „Erfolgsjournal“, in dem du festhältst, was du erreicht hast und welchen Anteil deine eigenen Fähigkeiten daran hatten, kann dabei helfen. Lerne, Komplimente mit einem einfachen „Danke“ anzunehmen, ohne sie sofort abzuwehren.
Mach dir bewusst: Perfektion ist unmöglich und alle Menschen machen Fehler. Sprich mit Vertrauten über deine Gefühle – du wirst überrascht sein, wie viele mit ähnlichen Selbstzweifeln kämpfen. Bei hartnäckigen Zweifeln kann auch professionelle Unterstützung sinnvoll sein. Das Imposter-Syndrom ist kein unabänderliches Persönlichkeitsmerkmal, sondern ein Denkmuster, das sich verändern lässt. Du hast deine Erfolge verdient!