Ich denke aktuell viel über Intimität in Freundschaften nach. Warum? Weil man das Wort „Intimität“ doch irgendwie schnell mal mit romantischen Beziehungen in Relation setzt – und damit auch mit Sex. Dabei umfasst Intimität so viel mehr als körperliche Zärtlichkeiten. Es geht auch um emotionale Verbundenheit, Vertrautheit und einfach um Nähe. Dinge, die man in platonischen Beziehungen ebenfalls finden kann – in Freundschaften zum Beispiel. Und doch musste ich kürzlich feststellen, dass für viele Menschen Intimität und Freundschaft offenbar nicht wirklich zusammengeht. Und ich frage mich, warum. Denn sind kleine Zärtlichkeiten in Freundschaften nicht viel mehr ein Geschenk, das man feiern sollte?
Als ich vor kurzem bei Instagram auf ein Video der Influencerin Laura Herz gestoßen bin, musste ich kurz mal innehalten. Nicht wegen des Inhalts, sondern weil mich viele Kommentare unter dem Posting ziemlich verblüfft haben. In dem Video zeigt sich Laura nämlich mit einer guten Freundin. Die Zwei liegen oder sitzen mal auf dem Bett, streicheln sich liebevoll über den Rücken oder durchs Haar und kuscheln schlichtweg miteinander. Bei mir hat alleine das Zuschauen eine wohlige Wärme ausgelöst und ich hätte mich am liebsten mit dazu gelegt. Denn in mir steckt wahrscheinlich die größte Kuschelmaus auf Erden. Das war schon als kleines Kind so. Damals hätte ich mich stundenlang von meiner Schwester kraulen lassen können, ohne auch nur einen Mucks von mir zu geben – die pure Entspannung einfach. Und auch aktuell – pünktlich zur cozy Jahreszeit – merke ich, wie mein Kuschel-Barometer mal wieder ordentlich ausschlägt. Und ja, ich kann mich gerade sehr glücklich schätzen, dass da ein gewisser Herr ist, der mich so lange krault, bis ihm irgendwann der Arm abfällt.
Aber das könnte auch anders aussehen. Sah es bei mir sogar, etliche Winter, in denen ich es eben nicht geschafft habe, mir pünktlich zur Cuffing Season einen Kuschelpartner zu „organisieren“ – oder es vielleicht auch einfach nicht wollte. Dating ist anstrengend. Alle Singles da draußen wissen, wovon ich spreche. Nur verschwindet deswegen das Bedürfnis nach Nähe ja nicht plötzlich. Und wie schön ist es dann bitte, wenn man Menschen, Freund*innen zum Beispiel, in seinem Leben hat, mit denen man dieses Kuschel-„Bedürfnis“ einfach auch stillen kann? Denn (und nun zitiere ich Laura): „Warum sollte Zärtlichkeit nur in romantischen Beziehungen Platz haben?“ Mir fällt kein einziges Argument ein. Nur scheint es da draußen viele Menschen zu geben, die das anders sehen, wenn man sich einige der Kommentare unter dem Posting durchliest: „Alles soweit okay, aber das Streicheln am Ende ist einfach cringe.“, „Was man normalisieren muss, kann und wird nicht normal sein. Wann rafft ihr das denn?“ oder auch „Freundschaft ist keine Liebesbeziehung“.
Kuscheln macht glücklich
Aber warum setzen wir da überhaupt so krasse Grenzen? Ja, klar, Freundschaft ist keine romantische Beziehung in dem Sinne, aber doch trotzdem eine Beziehung voller Liebe. Es ist eben nur eine andere Art der Liebe – eine ohne sexuelle Komponente. Aber das war's dann auch. Und ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich meine Freundinnen über ALLES liebe und unglaublich dankbar für jede von ihnen bin. Denn das sind die Menschen, die wirklich immer für mich da sind und mir auch dann eine Schulter zum Anlehnen geben, wenn Boys, von denen ich dachte, sie würden bleiben, mir ihre für immer weggezogen haben. Und ich kann gar nicht ausdrücken, was mir eine liebevolle Umarmung von meinen Freundinnen in solchen Momenten gegeben hat. Also die Art von Umarmung, die dir sagt, dass alles gut wird und dass du nicht alleine bist. Laura formuliert es unter ihrem Posting auch sehr passend: „Freundschaften tragen uns oft durch die schwierigsten Zeiten, und kleine Gesten wie eine lange Umarmung, Hand auf der Schulter oder ein beruhigendes Streicheln über den Rücken können so viel Trost und Nähe vermitteln.“
Mit den Stars von „Para: Wir sind King“ haben wir genau darüber auch schon mal gesprochen – über die Tiefe einer Freundschaft, Massagen und Gänsehaut-Momente:
Und gerade dieses Gefühl von Nähe – und ja, auch körperlicher Nähe – kann so verdammt wichtig sein. Wir Menschen brauchen nun mal Körperkontakt. Berührungen sind Balsam für die Seele und sogar gut für die Gesundheit, wie jetzt auch eine aktuelle Studie wieder herausfand. Nach einer Meta-Analyse, für die Daten von mehr als 10.000 Menschen genutzt wurden, kamen Forschende nämlich zu dem Schluss, dass Berührungen (solange sie einvernehmlich sind und als angenehm wahrgenommen werden) eine rundweg positive Wirkung auf unser physisches und mentales Wohlbefinden haben können. Laut der Studie können sie dabei helfen, Schmerzen, Depressionen und Ängste zu lindern. Also JA, Kuscheln macht nicht nur glücklich, sondern ist auch gesund. Schon kleine Berührungen sorgen dafür, dass weniger Stresshormone ausgeschüttet werden und wir uns gut fühlen.
Ein Plädoyer für mehr Intimität in Freundschaften!
Ich kann das nur tausendfach bestätigen. Sobald ich gekrault werde, geht's mir gut und ich schaffe es runterzufahren, wie kaum in anderen Momenten. Und auf all das soll man verzichten, weil gerade kein Freund oder keine Freundin da ist? Nö. Denn das macht irgendwann nur unglücklich. Vor allem, wenn man eine Person ist, die körperliche Nähe einfach sehr doll braucht – das kann von Mensch zu Mensch ja auch variieren. Im Niederländischen gibt es für dieses Vermissen von körperlicher Nähe übrigens ein sehr süßes Wort, an das ich immer sofort denken muss: Huidhonger, also übersetzt Hauthunger. Ich finde, das trifft es ziemlich gut. Denn genau wie Menschen Essen zum Überleben brauchen, brauchen sie auch Berührungen. Bleiben die aus, verhungert man.
Warum soll Intimität also nicht auch in Freundschaften stattfinden und ihren Platz haben? Warum ist das für viele Menschen scheinbar so komisch und „cringe“? Und wird teilweise direkt sexualisiert? Das fragte sich auch eine Userin unter dem Beitrag von Laura: „Eigentlich werden Berührungen leider oft als ‚romantisch‘ abgestempelt. Warum eigentlich? Die erste Berührung, die wir bekommen haben, war doch auch von unseren Eltern.“ Ganz genau! Berührungen und Intimität haben nicht zwangsläufig etwas mit Sex zu tun. Das muss also ganz schnell mal aus einigen Köpfen da draußen verschwinden!
Berührungen sind wichtig – und wenn man eine Person in seinem Leben hat, mit der man sich auf einer platonischen Ebene so wohl und verbunden fühlt, dass man gerne Zärtlichkeiten austauscht, ist das doch einfach wunderschön. Und nicht komisch oder cringe. Also ja, bitte lasst uns Intimität in Freundschaften – das schließt sowohl Frauen als auch Männer mit ein – einfach mal ein bisschen mehr normalisieren. Das heißt jetzt natürlich nicht, dass sich jede*r mit seinen Freund*innen zu Hause hinsetzen und kraulen lassen muss. Müssen schon mal gar nicht. Es ist genauso okay und normal, wenn jemand dieses Bedürfnis nach Nähe nicht hat. Doch zusammenfassend geht es sowieso viel mehr darum, „zu erkennen, dass Zärtlichkeit und Intimität in der Freundschaft ihren eigenen, wertvollen Raum haben dürfen“, wie Laura auch so schön schreibt. Und dem kann ich eigentlich nichts mehr hinzufügen – außer vielleicht ein letztes Danke für all die wunderschönen Freundschaften in meinem Leben.
Freundschaften sind das Tollste auf der Welt – das zeigen auch diese 10 Bücher: