Katharina Isele ist Crossfit Athletin und hat den Titel „Fitteste Frau Deutschlands 2022“. Wir haben sie auf einem Lululemon Event in Berlin getroffen und mit ihr über ihre Ziele, Körperbilder und ihre Motivation, um dauerhaft sportlich zu bleiben, gesprochen. Spoiler Alert: Möglichst dünn zu sein, ist es nicht.
desired: Du machst Crossfit und hast aktuell den Titel „Fitteste Frau Deutschlands 2022“. Was bedeutet es für dich, fit zu sein?
Katharina: Unter Fitness definiert sicherlich jeder etwas anderes. An meinem Sport gefällt mir so gut, dass er sehr vielfältig ist. Ich mache morgens Krafttraining und gehe abends laufen, am nächsten Tag steht dann vielleicht turnen an. Dadurch ist man zwar keine wirkliche Spezialistin in irgendeiner Sportart, aber kann alles irgendwie – und mein Ziel ist es, alles irgendwie gut zu können.
Morgens Krafttraining, abends noch laufen und am nächsten Tag turnen. Das klingt nach einem ziemlich vollen Plan. Trainierst du jeden Tag?
Ich betreibe Crossfit als Leistungssport. Dadurch habe ich zwölf Trainingseinheiten in der Woche, also an sechs Tagen die Woche trainiere ich zweimal am Tag und an einem Tag ist Pause.
Wie bist du zum Crossfit gekommen?
Ich mache den Sport bereits seit acht Jahren. Meine erste Motivation war abzunehmen, ganz klassisch. Ich habe mich sehr unwohl gefühlt und wollte etwas verändern. Damals war ich sehr von außen und dem klassischen Schönheitsideal einer schlanken Frau getrieben. Ich habe es durch den Sport tatsächlich geschafft, innerhalb eines Jahres 30 kg abzunehmen. Doch danach begann bei mir eine Reise zu mir selbst und ich habe verstanden, dass dünn sein nicht das wichtigste Ziel für mich ist und dass es vor allem gar nicht das ist, was ich wirklich will. Viel cooler finde ich es zum Beispiel, eine Kniebeuge mit 100 kg machen zu können und einfach stark zu sein. Ich wollte, dass mein Körper leistungsfähig ist. So bin ich von diesen optischen Idealen weggekommen und auch mein Körperbild hat sich stark geändert. Ich habe ordentlich Muskeln aufgebaut, aber genau das wollte ich auch!
Abnehmen ist wohl von vielen Frauen die Motivation mit dem Sport anzufangen. Wie hast du dich davon gelöst? Denn letztendlich ist das natürlich nichts, das dauerhaft motiviert und einen am Ball bleiben lässt.
Ich glaube es ist wichtig, sich von einer Zahl auf der Waage zu verabschieden. Wenn ich auf die Waage gegangen bin und ein Gewicht gesehen habe, das mir nicht gefiel, habe ich mich gefragt, was diese Zahl denn nun ändert. Ich habe mir doch eben noch im Spiegel gefallen. Ich glaube es ist wichtig, da stärker auf sein eigenes Gefühl zu hören. Außerdem habe ich meinen Fokus und meine Ziele geändert. Anstatt mir vorzunehmen, ein bestimmtes Gewicht zu erreichen, habe ich mich darauf konzentriert, mehr Leistung zu erbringen. Ich wollte meinen ersten Klimmzug schaffen oder zehn Liegestütze am Stück. Ein wichtiger Punkt ist zudem das Umfeld, in dem man sich bewegt. Mein Freundeskreis hat sich durch den Sport stark verändert. Ich war plötzlich umgeben von Leuten, für die es ganz normal ist, dass eine Frau stark und muskulös und nicht super dünn ist.
Wie bist du dann dazu gekommen, Crossfit als Leistungssport zu betreiben?
Ich habe mir relativ früh als Ziel gesetzt, einmal bei den Crossfit Semifinals teilzunehmen. Da kommen die 60 fittesten Menschen Europas zusammen und treten gegeneinander an. Ich fand es einfach cool, was die Leute dort können. Dieses Ziel habe ich letztes Jahr erreicht. Mein Ziel ist es jetzt, mich für die Crossfit Games zu qualifizieren, das ist die Weltmeisterschaft im Crossfit. Das ist mein persönliches Ziel, dem ich aktuell alles in meinem Leben unterordne. Ich sehe das nicht als Opfer, sondern als tolle Möglichkeit und bin froh, mir ein Leben kreiert zu haben, in dem ich die Chance dazu habe.
Was wären deine Tipps für Menschen, die noch nicht sehr sportlich sind und mit dem Sport anfangen wollen? Wie bleibt man motiviert?
Ich kann das absolut nachvollziehen. Ich habe in meiner Kindheit und Jugend nie Sport gemacht. Ich habe erst vor acht Jahren, mit 21 mit Sport angefangen, als ich Crossfit für mich entdeckt habe. Davor habe ich immer mal wieder Sachen ausprobiert, aber es hat nie so richtig funktioniert und ich dachte einfach, ich finde Sport doof. Aber ich glaube, es ist wichtig, erst mal verschiedene Sachen auszuprobieren, bis man irgendwann etwas findet, das einem wirklich Spaß macht. Am Anfang sollte man es auch nicht direkt übertreiben. Man hat viel mehr davon, wenn man ein Leben lang zwei- oder dreimal die Woche zum Sport geht, als wenn man einmal sechs Wochen lang jeden Tag durchzieht und dann wieder aufgibt, weil es zu anstrengend ist und sich so nicht durchziehen lässt. Wichtig ist auch, dass man sich den Sport als festen Termin vornimmt und die Hürden klein hält, also zum Beispiel schon morgens die Sporttasche packt und direkt mit zur Arbeit nimmt. Der Sport sollte Teil des eigenen Lifestyles werden, etwas worauf man sich freut und wo man sich nicht hin quält, nur weil man das Gefühl hat, viele Kalorien verbrennen zu müssen. Toll ist es auch, wenn man einen Trainingspartner hat oder dort Leute kennenlernt, auf die man sich immer wieder freut. Gerade beim Crossfit ist der Community Gedanke sehr groß.
Viele fühlen sich eingeschüchtert, wenn sie das Gefühl haben, alle anderen um sie herum sind schon viel fitter. Gerade beim Crossfit oder auch im Fitnessstudio besteht oft die Angst, negativ aufzufallen, wenn man nicht alles richtig macht…
Das kann ich nachvollziehen. Mir hat es damals geholfen, dass ich zusammen mit einem Arbeitskollegen dahin gegangen bin. Ich glaube, einen Freund dabei zu haben kann enorm helfen. Fragt am besten jemanden, ob er euch einfach mal in die erste Stunde begleitet. Dann ist zumindest der erste Schritt gemacht. Gerade beim Crossfit kann ich aber auch sagen: Man muss kein bestimmtes Fitnesslevel haben, um die Erlaubnis zu haben, dort hinzugehen. Ich bin selbst auch Trainerin und wir achten immer darauf, verschiedene Varianten anzubieten, sodass man mit jedem Trainingslevel teilnehmen kann.
Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Abgesehen von Erfolgen bei Wettbewerben. Worauf bist du besonders stolz und was siehst du als deine größten Erfolge?
Ich bin besonders stolz darauf, anderen Frauen helfen zu können, zu sich selbst zu finden und mehr zu ihrem Körper zu stehen. Ich sehe mich selbst gar nicht unbedingt als großes Vorbild, aber ich bin froh, dass ich eben einen anderen Körpertyp repräsentiere als super skinny mit definiertem Sixpack. Ich finde es wichtig zu zeigen, dass es auch Athletinnen gibt, die vielleicht kein sichtbares Sixpack haben, aber trotzdem fit sind. Ich habe das Gefühl, so ein bisschen auf der Mission zu sein, dieses Narrativ zu brechen und ich wäre früher einfach selbst sehr froh gewesen, wenn ich neben den ganzen schlanken Models auch andere Idole gehabt hätte. Ich habe das Gefühl, unsere Gesellschaft ist da gerade im Wandel und ich bin ein kleiner Teil davon. Ich freue mich, wenn andere Frauen zu mir kommen und mir sagen, dass sie sich nun auch trauen, im Croptop oder Sport BH zu trainieren, weil sie das bei mir immer sehen.