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Lustig, aber unlogisch

Girl Math: Irrer TikTok-Trend verleitet Frauen zum Shoppen!

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Wer ein Kleid im Wert von 100 Euro zurückschickt und von dem Gutschein eine Hose kauft, hat eigentlich gar nichts ausgegeben. Bargeld ist kein echtes Geld – demnach ist alles, was bar bezahlt wurde, umsonst. Und der 200-Euro-Friseurbesuch kostet eigentlich nur 30. Denkst du jetzt auch „hä?“. Willkommen bei „Girl Math“, deinem absolut nicht vertrauenswürdigen Finanzseminar auf TikTok.

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Was bedeutet Girl Math?

Der Hashtag Girl Math ist gerade der Trend der Stunde auf TikTok. Fast 340 Millionen Aufrufe findet man auf der Plattform. Aber was bedeutet Girl Math eigentlich? Grob zusammengefasst: das eigene Konsumverhalten mittels schlechter Mathematik und einem Augenzwinkern zu rechtfertigen. Milchmädchenrechnung nannte man so was früher wohl. Was bei Girl Math mitschwingt? Sanfter Selbstbetrug, Schönreden, Aufrunden, Humor – aber leider auch Sexismus, Konsumwahn und im schlimmsten Fall hohe Schuldenberge.

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Woher kommt Girl Math?

Neu ist der Begriff Girl Math nicht, er wurde jedoch durch eine neuseeländische Radiosendung ziemlich populär und verbreitete sich rasant auf TikTok. Die Hosts scheinen einen Zahn getroffen zu haben. In der Radioshow „Fletch, Vaughan & Hayley” gibt es seit Neuestem die Reihe „Girl Math“ zu hören. Die Idee begann mehr oder minder als Scherz – doch mittlerweile hat die beliebte Sendung ein catchy Intro und sogar Merchandise: T-Shirts mit dem Aufdruck „It’s basically free“ (dt.: es ist im Grunde umsonst). Ein häufig fallender Satz in der Sendung.

Anrufer*innen erzählen den Hosts, was sie sich zuletzt – oft außerhalb der eigenen Finanzgrenzen – gegönnt haben oder gönnen wollen. Meist nicht ganz ernst gemeint, rechnen die Moderator*innen dann jedoch vor, wieso die sündhaft teuren Ausgaben keine Geldverschwendung, sondern eine perfekte Investition sei.

Eine Anruferin brauchte die Girl Math-Logik für ein 330-Dollar-Kleid, dass sie sich für drei Hochzeiten kaufte. „Sie will das Kleid dreimal tragen. Damit kostet es nicht 330 Dollar, sondern 110“, findet eine der Moderatorinnen Hayley. Ihre Kollegin ergänzt, dass sich das Markenkleid perfekt weiterverkaufen ließe – sogar für mehr als 110 Dollar. Wenn die Zuhörerin es also für über 110 Dollar verkaufe, könne sie es damit einmal „umsonst“ tragen. Während die männlichen Moderatoren mit „Das ist Quatsch“ oder Lachanfällen reagieren, gehen die Mädchenrechnungen während der Shows so in die Tiefe, dass sie tatsächlich irgendwann logisch erscheinen.

Girl Math auf TikTok

Angespornt von der Radiosendung machen auch viele Userinnen auf TikTok interessante Rechnungen auf. Was eigentlich bei allen mitschwingt: Bargeld ist gleichzusetzen mit umsonst. Alles wird abgerundet (38 Dollar teure Handtasche = 30 Dollar). Die teure Maniküre, die drei Wochen hält, wird auf den Tag heruntergerechnet und klingt so natürlich sehr viel günstiger. Nichts im Sale zu kaufen sei ein Verlustgeschäft und die 1000-Euro-Handtasche, die man 20 Jahre benutzt, kostet lediglich nur noch 50 Euro.

Darum ist Girl Math auf TikTok problematisch

So unterhaltsam die Videos und wilden Rechnungen auch sind, sie bringen zwei Probleme mit sich. Zum einen bedient Girl Math das Klischee, das Frauen zu Impulskäufen neigen, sich beim Shoppen nicht unter Kontrolle haben und für Finanzen nicht gemacht seien. Die Ausgaben von Frauen, also beispielsweise die teure Kosmetik, das schöne Abendkleid wird oft als belang- und sinnlos abgestempelt, sodass Ausreden hermüssen. Weil Frauen von unserer patriarchalen Gesellschaft eingeredet wird, sie sollten sich für ihren „schlechten“ Umgang mit Geld schämen, finde viele in Girl Math wahrscheinlich die Bestätigung oder das Schönreden, was sie brauchen. Wie zielführend schlechte Mathematik ist, wenn weiblich gelesenen Personen eh schon der Glaubenssatz eingetrichtert wurde, dass sie zu „doof“ seien, um Finanzen zu kapieren, kann man sich an dieser Stelle wohl selbst beantworten.

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„Man Math“ sucht man vergebens. Männer, die Kohle für Autos, Videospiele, Fußballkarten, Clubnächte, teure Klamotten, Premuim Abos für Pornoplattformen, etc. herausblasen, werden kaum so an den Pranger gestellt wie eben Frauen. Das Motto „man gönnt sich ja noch nichts“, scheint manchmal nur geschlechterspezifisch zu funktionieren.

Schuldenfalle Girl Math

Aber das mit dem Gönnen ist natürlich auch so eine Sache. Da gerade junge Frauen und Mädels auf TikTok unterwegs sind, könnte Girl Math eine ernst zu nehmende „Finanzberatung“ darstellen und jeder eigentlich viel zu teure Kauf eine sinnige Rechtfertigung erhalten. Dass es auf Dauer nicht gutgehen kann, ständig über seine Verhältnisse zu leben, ist den allermeisten sicherlich bekannt. Doch damit aufzuhören, wenn doch Ratenkäufe, „später Bezahlen“-Funktionen und Co. heute so leicht verfügbar sind, ist schwierig. Was es für die Umwelt bedeutet, ständig die neuesten und billigsten Klamotten zu bestellen, ist noch mal ein ganz eigenes Riesenthema. Damit kann Girl Math ein echtes Risiko für Schuldenfallen darstellen und ist in diesem Zusammenhang alles andere als lustig und mit catchy Intromusik zu unterlegen.

Alice Mecke

Ein bisschen Spaß & Girl Math muss sein?

Zu den meisten Hypes und Trends, die mir auf TikTok so begegnen, habe ich schnell eine Meinung. Das fiel mir bei z.B. Sigma Males und Divine Feminines deutlich leichter, als bei dem Girl Math-Thema. Denn das ganze Thema Kaufen, Konsum, Gönnen (ein Wort, das ich überhaupt nicht mag) sehe ich wahrscheinlich viel zu locker. Und so dämmerte mir beim Recherchieren ziemlich schnell: Für das Fach Girl Math würde ich eine 1+ abstauben. Denn wie oft rede ich mir selbst oder mit Freundinnen zusammen diesen und jenen Shoppingtrip schön? Genau, sehr oft bis ständig! Und klar, über manche Videos und Rechnungen musste ich echt schmunzeln. Und ich liebe schöne Dinge! Doch je mehr ich die Thematik um die Girl-Math-Logik hinterfragte, desto klarer wurde mir plötzlich: Ich habe einfach keine Lust mehr, mich zu rechtfertigen. Weder vor Männern, vor mir selbst oder sonst wem. (Wenn ich dich jeden Monat um Geld anpumpe, weil ich schon wieder krass über meine Verhältnisse gelebt habe, wäre das natürlich ein anderes Thema.) Da aber genau das, die ganze Rechtfertigung, das Kleinreden von GROßEN Ausgaben, mit der Girl Math-Logik passiert und, das finde ich noch problematischer, Frauen als ein wenig dusselig und belächelnd beim Thema Finanzen abgestempelt werden, finde ich den Trend irgendwie nicht lustig. Noch dazu kommt natürlich das Thema Schuldenfalle, Umweltbelastung und noch mehr Konsumwahn. Wie wäre es, wenn Frauen sich einfach mal nicht für alles was sie tun und nicht tun rechtfertigen müssten? Dem ganzen Thema Scham und Schuld noch eine eigene Radiosendung und Million von TikTok-Videos zu widmen ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz, wenn es um ein selbst bestimmtes Leben geht. Wenn es dir ähnlich geht wie mir kann ich dir die nachfolgende Bildergalerie zum Thema Glaubenssätze und Geld sehr ans Herz legen.

Alice Mecke

10 Glaubenssätze über Geld, die Frauen unbedingt ablegen sollten

10 Glaubenssätze über Geld, die Frauen unbedingt ablegen sollten
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Bildquelle: Getty Images/YakobchukOlena

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