Eigentlich ist der Trend nicht neu und doch gerät er gerade durch die sozialen Medien noch einmal mehr in den Fokus: Killer, die zu echten Stars werden und Frauen, die sie lieben! Vor allem Männer, die meist auf bestialische Art und Weise anderen Menschen das Leben nahmen, können sich vor Liebesbekundungen plötzlich kaum noch retten. Liebesbriefe türmen sich im Gefängnis, Demonstrationen für ihre Freilassungen finden auf den Straßen statt und selbst Tattoos der Inhaftierten sind plötzlich gefragt. Unglaublich eigentlich, wenn man bedenkt, dass ihre Bekanntheit einzig und allein darauf basiert, dass sie eines sind: Mörder. Doch woran liegt das eigentlich? Und welche zwei Fälle stehen aktuell ganz besonders im Fokus? Wir haben uns das psychologische Phänomen mal etwas genauer angesehen.
#1 Luigi Mangione
Er sieht aus wie der Collegestudent von nebenan. Wie ein Mann, mit dem man das perfekte Date haben könnte und ihn im Anschluss auch noch ohne schlechte Gefühle seiner Mutter vorstellen könnte: Luigi Mangione. Doch auch, wenn er all das vielleicht in seinem früheren Leben gewesen sein mag, wird er im Moment vor allem verdächtigt, ein Killer zu sein. Der Mann, der womöglich dem CEO Brian Thompson auf offener Straße in den Rücken schoss. Der Mann, der seine Tat minutiös geplant haben soll und keineswegs aus einer Laune heraus gehandelt habe. Doch was genau ist eigentlich passiert, dass es zu einem Hype um Luigi Mangione kam?
Mord am CEO Brian Thompson
Am Morgen des 4. Dezembers 2024 wird der 50-jährige Brian Thompson, CEO des Krankenversicherungskonzerns United Healthcare, in New York vor seinem Hotel mehrfach in den Rücken geschossen und erliegt seinen Verletzungen schließlich im Krankenhaus. Kameraaufnahmen zeigen, wie ein vermummter Mann sich ihm von hinten näherte, als er auf dem Weg zu einem Investorentreffen gegenüber von seinem Hotel war. Laut der Polizei flüchtete der Täter schließlich auf einem elektrischen Fahrrad in Richtung Central Park. Dort findet die Polizei später auch einen Rucksack mit Kleidung, Monopolygeld und einer Pistole mit Schalldämpfer, die im 3D-Drucker hergestellt worden ist. Am Tatort finden die Ermittler außerdem mehrere Patronenhülsen, auf denen die Worte „Delay Deny Depose“ („Verzögern, Verweigern, Absetzen“) stehen. Eine zufällige Tat kann somit schnell ausgeschlossen werden.
Fahndung nach Mister X
Kurz nach der Tat veröffentlicht die New Yorker Polizei Fahndungsfotos des mutmaßlichen Mörders und vor allem eins davon ist der Beginn des verrückten TikTok-Hypes um Luigi Mangione. Darauf zu sehen ist ein junger Mann, der in einem Hostel an der Rezeption charmant einer Person entgegenlächelt. Viele interpretierten seine Haltung als flirten. Genug, um bei vielen Frauen bereits erste Fantasien im Kopf zu wecken – ganz ungeachtet dessen, was dem Mann vorgeworfen wird. Vom Täter fehlt zunächst jede Spur, das perfekte Verbrechen ist geglückt. Jedoch nur fast!
Sechs Tage nach der Tat erfolgt die große Wendung. In einer McDonald's-Filiale im US-Bundesstaat Pennsylvania erkennt ein anderer Gast oder ein*e Mitarbeiter*in (um wen es sich genau handelt, ist nicht bekannt) den Mann von den Fahndungsfotos wieder und alarmiert die Polizei. Noch in der Filiale können sie ihn stellen und nehmen ihn zunächst wegen illegalen Waffenbesitzes fest, als sie in seiner Tasche eine weitere Pistole mit Schalldämpfer aus dem 3D-Drucker finden. Auch ein handgeschriebenes Manifest finden sie in seiner Tasche, in dem er unter anderem „Diese Parasiten verdienen es nicht anders“, schreibt.
Der charmante Mörder Luigi?
Ein Aufschrei geht durch die sozialen Medien, als klar wird, dass der vermeintliche Täter gefasst ist. Der attraktive Mann des Fahndungsfotos wurde gefunden und ist für viele Fans noch viel attraktiver, als sie sich ihn hätten vorstellen können. Für sie steht fest, entweder er war es nicht oder er hatte für seine Tat einen guten Grund, weswegen es nicht okay sei, ihn einzusperren. Zahlreiche Videos werden gepostet, die seine Unschuld beweisen sollen oder die in sogenannten Edits, Zusammenschnitten verschiedener Aufnahmen und Fotos des Verdächtigen, deutlich machen sollen, wie heiß und liebenswert Luigi Mangione doch sei. Dass ein Mann augenscheinlich von ihm kaltblütig erschossen wurde, gerät komplett in Vergessenheit. Und als sein vermeintliches Motiv und mehr Details zum Tatverdächtigen veröffentlicht werden, schwappt der Hype sogar aus den sozialen Medien in die reale Welt über ...
#freeluigi
Kurz nach der Festnahme gibt es erste Details zum Verdächtigen: Es ist der 26-jährige Luigi Mangione aus wohlhabenden Verhältnissen. Ein schlauer junger Mann, der gegenwärtig sogar, nachdem er Klassenbester war und studiert hatte, als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Stanford University arbeitet. Ein Mann, dem sein ganzes Leben noch bevorsteht. Und was soll der Grund für die Tat gewesen sein? Das ist bisher noch nicht ganz klar, allerdings deutet vieles darauf hin, dass Mangione selbst an gesundheitlichen Problemen leidet, die der Auslöser gewesen sein könnten.
Wie man seinen sozialen Medien entnehmen konnte, musste er sich durch eine Fehlstellung seiner Lendenwirbelsäule, die zu chronischen Rückenschmerzen führte, einer Rückenoperation unterziehen. Trotz der kostspieligen Behandlung litt Mangione laut eines Bekannten wohl weiterhin an starken Schmerzen. Schon kurze körperliche Tätigkeiten hätten ihn tagelang außer Gefecht gesetzt und selbst Geschlechtsverkehr sei nicht mehr möglich gewesen. Luigi, der zuvor auf Hawaii aus der Ferne seinem Job nachging und als durchtrainierter junger Mann auf Social Media posierte und sein vermeintlich tolles Leben zeigte, zog sich nach seiner Operation sechs Monate vor der Tat gänzlich zurück. Selbst seine Familie hatte Monate vor dem Verbrechen in New York nichts mehr von ihm gehört. Einziges Lebenszeichen: Buchbewertungen, die er zu gesundheitlichen Themen abgab und in denen er sich über das System beschwerte.
War die Tat also sein Versuch, auf Ungereimtheiten im System aufmerksam zu machen und sich dafür einzusetzen, dass das Gesundheitssystem in den USA einer Überholung bedarf? Das glauben zumindest seine Fans und rechtfertigen damit sogar einen eiskalten Mord. Menschen treffen sich und demonstrieren in großen Gruppen für den inhaftierten Luigi Mangione. Während die einen generell weiter davon ausgehen, dass er nicht der Täter ist, versuchen andere, die Tat zu erklären und so auf seine Freiheit zu pochen.
Das Urteil
Aktuell wartet Luigi Mangione auf seinen Prozess, plädierte vor Gericht aber bereits für nicht schuldig. Überraschend, schließlich ist die Beweislast gegen ihn ziemlich erdrückend. Welches Urteil ihn erwartet und was die Sympathien in den sozialen Medien und auf den Straßen für Auswirkungen auf den Prozess haben werden, bleibt abzuwarten.
Finde zu mehr Selbstbewusstsein
Selbstbewusste Frauen neigen weniger dazu, sich unterzuordnen. Im Video zeigen wir dir, wie du dein Selbstbewusstsein verbessern kannst.
#2 Wade Wilson
Und dann wäre da noch TikTok-Star Wade Wilson. Kaum zu glauben, aber der zum Tode verurteilte Mörder hat in den sozialen Medien genau wie Luigi Mangione eine riesige Fangemeinde. Ob seine Fans dabei eigentlich wissen, was er getan hat, ist vor allem in seinem Fall eine besonders spannende Frage ...
TikTok-Killer Wade Wilson & seine Fans
... denn unter seinen Fans finden sich vor allem viele junge Frauen, die sich ein kleines Abenteuer mit Wilson wünschen oder sogar seine Frau werden wollen. „Heiß“ und „sexy“ sind nur ein paar der so schockierenden Kommentare zu dem 30-Jährigen. Dabei sind es vor allem Frauen, die sich vor ihm in Acht nehmen sollten. Innerhalb weniger Stunden tötete er nämlich gleich zwei Frauen auf bestialische Art und Weise und versuchte es sogar noch bei einer dritten.
Der eiskalte Killer – zum Verlieben?
Im Oktober 2019 lernt Wade Wilson Kristine in einer Bar kennen – damals noch komplett ohne seine Tattoos, die heute so viele ganz besonders interessant an ihm finden. Nachdem er Kristine und ihre Freundin in einer Bar trifft, gehen sie zu einem zweiten Mann nach Hause. Wie sich später herausstellt, nicht Wade Wilsons Freund, wie die Frauen zunächst denken, sondern ein Fremder. Ein Fremder, in dessen Bett Wade und Kristine schließlich zum ersten Mal intim werden. Später trennen sich die Frauen und Kristine nimmt Wade auch noch mit in ihre Wohnung. Dort kommt es erneut zum Geschlechtsverkehr, nach dem er die junge Frau schließlich kaltblütig erwürgt und zurücklässt. Anschließend nimmt er ihr Auto und macht sich auf den Weg zu seinem geplanten nächsten Opfer: seiner Ex-Freundin. Als diese sich jedoch wehren kann und die Polizei alarmiert, flüchtet er und begegnet der 43-jährigen Mutter Diane Ruiz. Als er vorgibt, nach dem Weg zu fragen, zieht er sie ins Auto und schlägt und erwürgt sie, als sie sich wehren will. Schließlich wirft er sie aus dem Auto und fährt so lange mit dem Auto über sie, bis sie nach seiner Aussage „wie Spaghetti“ aussah.
Die Polizei konnte ihn zum Glück kurze Zeit später fassen, die Morde gestand er mit der Aussage „Ich würde es wieder tun“. Im August 2024 wurde er schließlich zum Tode verurteilt. Und trotzdem kann sich Wilson aktuell kaum vor Frauen retten. Die Liebesbriefe im Gefängnis nehmen kein Ende und auch auf TikTok und Co. findet das Schwärmen kein Ende. Wie kann das sein?
Psychologisches Phänomen Hybristophilie: Wieso lieben Frauen Killer?
Dass vor allem Frauen verrückt nach einem Mörder sind, ist kein neuer Trend. Schon zu Zeiten Ted Bundys, der unzählige junge Frauen ermordete, verfielen seine weiblichen Fans seinem charmanten Lächeln und Auftreten ungeachtet seiner Gräueltaten. Eheschließungen mit Mördern sind ebenfalls keine Seltenheit, selbst wenn klar ist, dass sie das Gefängnis nie wieder verlassen werden. Doch welches psychologische Phänomen steckt dahinter?
Dafür gibt es sogar einen psychologischen Fachbegriff: Hybristophilie (griechisch für „Zuneigung für einen Übeltäter“). Vor allem Frauen sind davon betroffen, sich zu Männern hingezogen zu fühlen, die schreckliche Verbrechen begangen haben. Evolutionspsychologisch ist es vor allem die Macht, die sie in dem Moment ihres Verbrechens innehatten und die göttergleiche Position, die über Leben und Tod entscheidet, an die sie sich in diesem Moment selbst stellen, die für erotische Anziehung sorgt. Auch die Fantasie, die Eine zu sein, die ihn heilen kann und die er so niemals behandeln würde, kann ein Antrieb hinter der Hingabe sein.
Sheila Isenberg, Autorin des Buches „Women Who Love Men Who Kill“, vertritt noch einen anderen Ansatz. Sie glaubt, dass es vor allem die Vergangenheit der Frauen ist, die sie zu solchen Männern hingezogen fühlt. Laut ihr sind es vorrangig Frauen mit schwerer Kindheit, in der sie von einem Mann zum Beispiel körperlich oder sexuell misshandelt wurden. Im Erwachsenenalter würden sie sich deswegen zu Männern hingezogen fühlen, die sie dominieren können und die ihnen vor allem nie etwas antun würden. Und wer würde sich da besser eignen als ein Mann hinter Gittern, der einem gar nicht zu nahe kommen kann?
Welcher Grund auch immer es sein mag, die Taten eines Killers beiseite zu schieben und stattdessen rein auf die Äußerlichkeiten zu blicken und sogar bei TikTok der Fangemeinde eines Killers anzugehören – wir möchten unbedingt um mehr Gedanken an die Opfer bitten. Um einen realistischen Blick auf Menschen, die anderen so Grausames antun und die keineswegs, nur weil sie gut aussehen, gute Menschen sind. Ihre Taten nicht etwa zu verherrlichen, sondern sie als das zu betrachten, was sie sind: Mord! Denkt an die Familien, die ihre Liebsten verloren haben und die all diese Videos und Kommentare sehen und lesen müssen. Und denkt daran, dass ihr euch selbst genauso immer und überall schützen solltet.
Stars, die zu Mördern wurden
Wusstest du, dass es einige Promis gibt, die schon mal jemand umgebracht haben oder des Mordes beschuldigt werden? Wir zeigen sie dir.