Schon ein paar Tage ist die Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr her, doch wenn ich ehrlich bin, hab ich diese Tage auch gebraucht, um all die Eindrücke von der Messe sacken zu lassen. Denn die Frankfurter Buchmesse war ein Highlight – in vielerlei Hinsicht. Und auch ein Zeichen dafür, dass so manches Genre in der Buchwelt noch immer um seine Daseinsberechtigung kämpfen muss, obwohl es sich längst schon bewehrt hat. Hier ist mein Bericht über meinen Besuch auf der Buchmesse – aus Sicht einer Autorin, die New Adult schreibt.
Frankfurter Buchmesse 2024: „Read. Reflect. Relate“
Vom 16.-20. Oktober fand in Frankfurt am Main die Frankfurter Buchmesse unter dem Motto „Read. Reflect. Relate“ statt. Eröffnet wurde die 76. Buchmesse der Stadt von Karin Schmidt-Friderichs, der Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Der Chef der Buchmesse, Jürgen Boos betonte direkt zu Beginn, dass das Motto dieses Jahres vor allem darauf bezogen sei, verschiedene Perspektiven einzunehmen. Sich durch Literatur die Meinungen anderer ein wenig näherzubringen – das versteht man unter dem Motto der diesjährigen Messe. Wie angebracht dieses Motto am Ende wirklich werden würde, hätten die Veranstalter*innen sicherlich auch nicht gedacht.
Der Messesamstag: Auf der FBM schon immer sehr voll, oder?
Mein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse 2024 war ein ziemlich kurzer. Ich bin am Samstag angereist, denn da sollte ich eine Signierstunde bei meinem Verlag haben. Im Voraus hatte ich mich deshalb darauf eingestellt, eine Nacht in Frankfurt zu verbringen, aber ein wenig Sorge hatte ich natürlich, denn: Die bisherigen Messe-Samstage waren immer unfassbar überfüllt. Zumindest erinnere ich mich an meine Messe-Besuche aus den vergangenen Jahren und da war es schwer, auch nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Und obwohl in diesem Jahr mehr als 230.000 Besucher (und damit mehr als in den Jahren davor) das Messegelände besucht haben, empfand ich den Samstag zwar als sehr belebt und hier und da ein wenig beengt, aber alles in allem waren die einzelnen Hallen dieses Mal weniger doll überfüllt. Ich habe mir die Stände bei meinem Besuch so genau wie möglich angeschaut, habe Flyer mitgenommen, hier und da NATÜRLICH auch Bücher gekauft und mit einigen Blogger*innen gesprochen. Klar, so ein Messebesuch bedeutet natürlich Hektik, aber wenn man die Zeit gut ausnutzt, um die Termine wahrzunehmen, die einem viel bedeuten, hat man eine Menge Spaß.
Tipp: Nur mit dem Essen wirds auf so einer Messe schwierig. Es gibt zwar eine Menge Fast-Food und keine Stände, aber „fast“ ist es eher nicht. Bringt also auch dafür Zeit mit.
Auf der Messe gab es natürlich auch Bücher zu kaufen – darunter auch jene, die gerade bei Booktok sehr gehypt wurden. Welche gehypten Booktok-Bücher wie dagegen eher weniger mögen, erfährst du im Video.
Die Booktok-Awards 2024: New Adult räumt ab
Am Abend des Messe-Samstags stand für mich noch ein Besuch bei den diesjährigen Booktok-Awards an, die 2024 zum zweiten Mal stattfanden. Neben Kategorien wie „Autor*in des Jahres“ oder „Creator*in des Jahres“ gab es in diesem Jahr auch den ersten Award für die beste „Indie-Buchhandlung“. Moderiert von Iris Gavric und Matthias Renger waren die Awards eine sehr erfrischende Hommage an den riesigen Einfluss, den„TikTok mittlerweile für uns Autor*innen und Blogger*innen in der Buchwelt hat. Auch Autorin Jana Crämer, die im vergangenen Jahr den Award in der Kategorie „Booktok Autorin des Jahres 2023“ gewonnen hat, äußerte sich über die Bedeutung von Medien wie Tiktok und Co.: „Ohne euch sind wir alle nichts“, sagte sie zum Publikum. Und obwohl mit Preisträger*innen wie Josi Wismar (Booktok Autor*in des Jahres) und auch Mona Kasten mit ihrem Buch „Save Me“ (Booktok Community Buch des Jahres) das Genre New Adult eindeutig gezeigt hat, welchen Stellenwert es bei Leser*innen hat, stellte sich im Laufe des Abends und auch noch in den Tagen danach heraus, dass New Adult noch immer als sehr klischeebehaftet und „seicht" angesehen wird.
In der Kategorie „Booktok Bestseller des Jahres“ durfte Ulrike Altig, die Geschäftsführerin bei Media Control, die Laudatio halten und leistete sich den Fauxpas des Abends. In ihrer Rede beschrieb sie die einzelnen Nominierten, darunter auch Caroline Wahl, die den Award später für ihr Buch „22 Bahnen“ mit nach Hause nehmen durfte. Als Altig über den Roman „Ice Breaker“ von Hannah Grace (erschienen bei LYX) sprach und den Inhalt zusammenfasste, erklärte sie, in der Geschichte ginge es um „starke Männerarme und Frauen in kurzen Röcken“ und degradierte damit ein gesamtes Genre auf ein einziges Klischee herunter. Durch den Saal wanderten einige überraschte, teils auch schockierte Blicke (meinem eingeschlossen). Das Echo folgte prompt, als Jessica Sauerwald, Social Media Managerin bei LYX (und bekannt als miss.nerdstagram), den Preis für den Booktok Verlag des Jahres entgegennahm. Sie gab zurück, dass New Adult viel mehr sei als nur „starke Männerarme und Frauen in kurzen Röcken“ und erntete dafür großen Applaus.
Übrigens: Media Control ist ein Unternehmen, das Marktanalysen durchführt und anhand von Verkaufszahlen in der Unterhaltungsbranche genau auswertet, wie häufig sich Bücher, Filme, Videospiele und Co. verkaufen.
New Adult ist Mehr. Das hat die Buchwelt noch nicht verstanden
Für mich, die ich ebenfalls Autorin im Bereich New Adult bin, war diese Messe geprägt von vielen Eindrücken. Während die Messe mit einer eigenen „New Adult-Halle“ gezeigt hat, dass dieses Genre mittlerweile viel mehr Anklang findet, als man es vor einigen Jahren gedacht hätte. Medien wie TikTok, das wurde an dem Messesamstag auf der Award-Veranstaltung deutlich, haben darauf großen Einfluss. Umso trauriger ist es, dass Geschichten, die ernste und bewegende Themen wie Sexismus, Toxische Beziehungen, Mental Health und Body Shaming behandeln, noch immer kaum in der Literaturszene ernstgenommen wird. Sichtbar wurde das auch an den anschließenden Presse-Meldungen, in denen Medien New Adult und Dark Romance gleichsetzen.
Frankfurter Buchmesse 2024: Meine Eindrücke
Ich muss dazu sagen, dass ich an dieser Stelle nur für meine Eindrücke vom Messe-Samstag sprechen kann, doch fand ich meinen Besuch auf der Messe sehr positiv. Klar, auf einer Messe sind viele Menschen, vor allem wenn sie das Interesse an Büchern teilen. Wer mit Menschenmassen also nicht viel anfangen kann, sollte aber generell eher nicht zu solchen Anlässen fahren. Auch, wenn es durch meine Signierstunde und meinen Besuch bei den Booktok-Awards 2024 ein wenig stressig war und ich am Abend hundemüde ins Bett gefallen bin, bin ich mal wieder unendlich dankbar, Teil dieser Buchwelt sein zu können. Zu sehen, mit welchen strahlenden Augen die Leute vor den Bücherregalen an den Messeständen stehen, sich begeistert über ihre Lieblingsgeschichten unterhalten und ihre Lieblingsautor*innen bei ihren Signierstunden besuchen, hat mich wirklich sehr berührt. In meinen Augen ist die Frankfurter Buchmesse jedes Jahr ein absolutes Highlight für alle, die in der Literaturszene ihr Zuhause gefunden haben. Hier trifft man sich, verbringt gemeinsam tolle Momente und bildet eine eigene, sehr große Community. Auch, wenn hier und da noch ein wenig mehr Akzeptanz und Toleranz für einige Genres herrscht, sollten alle, die Bücher lieben, mal auf der Messe vorbeischauen, wenn sie 2025 wieder stattfindet.
In Anlehnung an Caroline Wahl, die bei den Booktok Awards 2024 zur Preisträgerin wurde, stellen wir dir in der Galerie einige Bücher vor, die so ähnlich sind wie „22 Bahnen.“