Während Covid-19 für die meisten Menschen harmlos verläuft, ist die Krankheit für einen Teil der Patienten mit einem Krankenhausaufenthalt verbunden. Doch welche Faktoren bestimmen, ob Corona sich lediglich wie eine Erkältung anfühlt oder zu einer ernsthaften Bedrohung wird. Bisher ging man vor allem davon aus, dass Atemwegserkrankungen wie Asthma sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein besonders hohes Risiko darstellen. Eine US-amerikanische Studie liefert jetzt jedoch Hinweise darauf, dass starkes Übergewicht einen schweren Verlauf besonders begünstigen könnte.
Dass starkes Übergewicht nicht gesund ist, ist wohl den meisten Menschen klar. Wer einen BMI über 30 hat und somit offiziell als adipös gilt, hat ein erhöhtes Risiko, an Diabetes oder Herz-Kreislauf-Beschwerden zu erkranken. Doch nicht nur in der Kombination mit diesen bekannten Risikofaktoren scheint Adipositas bei Corona-Patienten einen schweren Verlauf zu begünstigen. Zu dieser Erkenntnis kamen Forscher des NYO Langone Medical Center in New York.
Adipöse Menschen mussten häufiger ins Krankenhaus
In einer Studie untersuchten die Wissenschaftler 4.103 Corona-Fälle, von denen 1.999 im Krankenhaus behandelt werden mussten. Von diesen Patienten waren fast 40 Prozent adipös. In der Gruppe, die nicht ins Krankenhaus eingeliefert wurde, lag der Anteil der fettleibigen Menschen hingegen nur bei knapp 14 Prozent. Diese und weitere Beobachtungen ließen die Ärzte darauf schließen, dass vor allem ein BMI über 40 einen schweren Corona-Verlauf begünstigt – und zwar ungefähr genauso stark wie eine Herzinsuffizienz. Asthma, langjähriges Rauchen, Krebs und Lungenerkrankungen hingegen hatten einen deutlich geringeren Effekt auf den Krankheitsverlauf.
In weiteren Untersuchungen stellten die Ärzte außerdem fest, dass Adipositas das Risiko für einen Krankenhausaufenthalt verdopple. Dieser Zusammenhang konnte jedoch nur bei jüngeren Menschen festgestellt werden. In der Gruppe der über 60-jährigen schien es keinen derartigen Zusammenhang zwischen Übergewicht und einem schweren Verlauf mehr zu geben. Das könnte auch darin liegen, dass mit höherem Alter die Wahrscheinlichkeit für andere Vorerkrankungen steigt.
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Der Anteil adipöser Menschen ist in den USA besonders hoch
Nun sind die USA nicht unbedingt das ideale Land, um den Einfluss von Adipositas auf den Corona-Krankheitsverlauf zu untersuchen. Denn hier sind ohnehin etwa 42 Prozent der Einwohner adipös. Zum Vergleich: In Deutschland sind laut Angaben des Robert-Koch-Instituts 23 Prozent der Frauen und 24 Prozent der Männer adipös. Bei so vielen fettleibigen Menschen in den USA ist es demnach nicht sonderlich unwahrscheinlich, dass auch viele von ihnen mit Corona im Krankenhaus landen. Der Anteil von adipösen Menschen mit Corona, die im Krankenhaus behandelt wurden, war in der Studie schließlich in etwa so hoch wie in der Gesamtbevölkerung.
Allerdings war der Anteil adipöser Menschen in der Stichprobe insgesamt geringer als es für die USA typisch ist. Von den über 4.000 untersuchten Menschen litten nur 1.100 an Adipositas. Das entspricht etwas mehr als einem Viertel.
Andere Untersuchungen stützen die Ergebnisse
Zudem stützen auch Beobachtungen aus anderen Ländern die Vermutung, dass Adipositas den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen könnte. In einer Studie aus Wuhan etwa hatten 88 Prozent der an Covid-19 Verstorbenen einen BMI von über 25. Untersucht wurden hier allerdings nur 112 Corona-Patienten. Auch in einer Studie der Uniklinik RWTH Aachen mussten vor allem Menschen mit starkem Übergewicht künstlich beatmet werden oder litten an akuter Atemnot. Allerdings wurden hier nur die Daten von 50 Patienten ausgewertet.
Wie könnte Übergewicht den Krankheitsverlauf beeinflussen?
Da immer mehr Ergebnisse einen Zusammenhang zwischen einem schweren Covid19-Krankheitsverlauf und Adipositas feststellen, stellen sich Ärzte und Wissenschaftler die Frage, woran das liegen könnte. Hier gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Zum einen könnten fettleibige Menschen im Allgemeinen anfälliger für Infektionskrankheiten sein. Denn das Fett fördert Entzündungen im Körper. In Kombination mit Sars-Cov2 könnte das zu einer Überreaktion des Immunsystems führen. Zum anderen fanden Forscher des Generalkrankenhauses Peking heraus, dass es in Fettzellen bestimmte Rezeptoren gibt, an die die Viren andocken. Damit könnte das Virus sich im Fettgewebe besonders gut vermehren.
Um einen tatsächlichen Zusammenhang sicher nachzuweisen und die Gründe dafür herauszufinden, braucht es allerdings noch weitere Untersuchungen. Nichts desto trotz stellt Adipositas auch ein Risiko für andere gesundheitliche Beschwerden wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen da. Wenn du unter starkem Übergewicht leidest, kannst du dich mit anderen Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe austauschen. Eine Übersicht über Selbsthilfegruppen in Deutschland findest du hier.
Bildquelle: istock/Grigorev_Vladimir