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Gefährlicher Trend

Pro-Ana-Diäten: Magersucht als Lebensstil

Pro Ana

„Das Essen darf nicht genossen werden, sondern muss langsam gegessen und gehasst werden“ – diese und weitere erschreckende Regeln gehören zu einer Bewegung, die Magersucht glorifiziert. Pro-Ana zu sein, heißt, um jeden Preis dünn zu sein und noch dünner zu werden – ein Lebensstil, in dem die Essstörung und die Disziplinierung des eigenen Körpers zum krankhaften Ideal werden.

Was bedeutet Pro-Ana?

Pro-Ana bezeichnet einen Trend, der Anfang der 2000er Jahre in den USA entstand und schließlich auch Europa erreichte. User, vor allem Teenager und junge Frauen, tauschen sich über Online-Foren und mittlerweile auch Bloggs oder WhatsApp über ihre Magersucht aus. Jedoch nicht, um sich gegenseitig Mut zu machen, die Krankheit besiegen zu können – im Gegenteil. Pro-Ana bedeutet, Magersucht, also Anorexie (lat. Anorexia nervosa), zu lieben und sie regelrecht zu zelebrieren. Eine ähnliche Community nennt sich Pro-Mia: Als „Liebhaber“ von Bulimie (lat. Bulimia nervosa). Den Anhängern dieser radikalen Bewegungen ist bewusst, dass sie unter einer Essstörung leiden und dass diese gefährlich sein kann, sie nehmen alle lebensgefährlichen Folgen jedoch in Kauf.

Junge Frau isst nichts
Bei Pro-Ana wird das absichtliche Hungern gefeiert.

Die krassen Gesetze der Pro-Ana-Diäten

Der starke Wunsch der Teenager und Frauen, Macht über ihren Körper zu erlangen und ihn nach ihren Vorstellungen des Begriffs „dünn“ zu formen, soll sich durch radikale Ernährungspläne verwirklichen lassen. Bis zu 15 Kilogramm in zwei Wochen sollen möglich sein. Dies soll vor allem mithilfe von Monodiäten und dem Richten nach den Pro-Ana-Gesetzen, die online verbreitet wurden, klappen. Diese besagen zum Beispiel:

  • Am Tag dürfen maximal 600 Kalorien zu sich genommen werden, pro Mahlzeit höchstens 150.
  • Es sollte nichts gegessen werden, das größer ist, als die eigene Faust.
  • Es darf immer nur ein Nahrungsmittel gegessen werden, zwischen den Mahlzeiten müssen zwei Stunden Pause sein.
  • Lebensmittel werden in gut und schlecht eingeteilt; wurde ein schlechtes gegessen, muss dieses sofort durch Sport abgebaut werden, sonst muss 36 Stunden gefastet werden.
  • Es muss viel Wasser getrunken werden: Die Anzahl der Wasserschlucke hintereinander ist dabei vorgeschrieben.
  • Jeder Bissen muss zehn Mal gekaut werden.
  • Es wird regelmäßiges Frieren angestrebt, um mehr Kalorien zu verbrennen: So wird geraten, im Winter die Heizung abzustellen und sich extra zu wenig Kleidung anzuziehen.
  • Die Mahlzeiten und die Fortschritte sollten in einem Tagebuch festgehalten werden, um sich selbst anzuspornen und die positiven Erfahrungen beim Dünnerwerden mit anderen in Foren, Gruppen oder einem eigenen Blogg zu teilen.

Durch diese und weitere Regeln sollen eine regelrechte Abneigung gegen das Essen entwickelt und Fressattacken verhindert werden. Das oberste Ziel bei Pro-Ana ist ein BMI von unter 17, also ein Verhältnis zwischen Körpergröße und Gewicht, bei welchem jeder sich im Normalfall sofort in ärztliche Behandlung begeben sollte.

Waage und Maßband
Ein BMI unter 17: Das erschreckende Ziel bei Pro-Ana.

„Anas Brief“ als Manifest

Seit einigen Jahren kursiert im Internet ein Text, der als „Anas Brief“ bezeichnet wird. Darin wendet sich die personifizierte Anorexie an den Leser, um ihn zu überzeugen, dass ein Leben mit Magersucht das einzig Richtige sei. Es fallen bedrohliche und aggressive Worte wie „Wenn du isst, dann wirst du die Kontrolle verlieren. Willst du das?! Wieder eine fette Kuh werden, wie du einmal warst?“ oder „Werde nicht ohnmächtig! Stehe aufrecht! Du fette Kuh, du verdienst es, Schmerzen zu haben.“

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„Ana“ soll auf diese Weise anspornen, auch den absoluten Tiefpunkt zu überstehen, um am Ende das Wunsch(unter)gewicht zu erreichen. Sie macht deutlich, wie ekelhaft Essen ist und dass niemand sonst den Leser so gut versteht, wie sie. Eltern, Ärzte und Freunde (bezeichnet als „Nicht-Anas“) werden fast als Feinde dargestellt; Ana sei die einzige Unterstützung und stetiger Begleiter. Die einzige echte Freundin, die der Betroffenen noch bleibt – abgesehen von den Internetbekanntschaften, die ebenfalls pro Ana sind.

Die erschreckende Welt der Pro-Anas

Im Internet gibt es mittlerweile unzählige Websites, auf denen Menschen, die pro Ana leben, ihre Erfahrungen teilen. Magersucht wird hier wie eine Religion gefeiert, die Gespräche zwischen den Usern wirken fast fanatisch. Will man Mitglied einer Gruppe werden, muss man oft eine Art Aufnahmeverfahren bestehen.

Mädchen im Internet
Im Internet finden essgestörte Mädchen eine große Pro-Ana-Community.

Wurde das neue Mitglied dann aufgenommen, gehört es zu einer Community, die sich gegenseitig anspornt, noch tiefer in die Krankheit Magersucht hineinzurutschen und in welcher Wettbewerbe stattfinden, wer am meisten abgenommen, am wenigsten gegessen oder den niedrigsten BMI hat. Es werden Fotos zur „Thinspiration“ (Deutsch etwa „Inspiration zum Dünnsein“) ausgetauscht und gegenseitig Tipps gegeben, wie man sein besorgtes Umfeld besänftigen könne. Dazu gehört auch, dass man seiner Familie vorspielt, gegessen zu haben: Etwa durch das Klappern von Geschirr in der Küche oder das Dreckigmachen von Tellern, von denen in Wahrheit gar nicht gegessen wurde. Am Abend wird dann natürlich der Browserverlauf gelöscht, damit niemand merkt, was man online so getrieben hat.

Wird gegen die Anorexie-Verherrlichung vorgegangen?

Magersucht hat eine Sterblichkeitsrate von 15 Prozent, was erschreckend hoch ist. Pro-Ana zu leben kann also tödlich enden, weshalb seit einiger Zeit diskutiert wird, ob Anorexie-verherrlichende Websites verboten und bestehende gesperrt werden sollten. In Ländern wie Frankreich oder Italien gibt es seit Jahren Gesetze, die verbieten, einen anderen Menschen zur Magersucht anzutreiben. Dies soll vor allem das Präsentieren von Magermodels verhindern, die oft für junge Mädchen als Vorbild gelten. Bisher gibt es jedoch noch kein vergleichbares Gesetz in Deutschland.

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Mittlerweile werden die Anhänger der Bewegung oft in zwei größere Gruppen geteilt: Zum einen „with ana“, also Menschen, denen die schweren Folgen und Probleme der Magersucht bewusst sind und die sie nicht als oberstes Ziel anstreben. Auf der anderen Seite stehen die Frauen und auch Männer, die sogar den Tod in Kauf nehmen: „ana till the end“. Gerade bei dieser Gruppe wird von vielen Experten und Psychologen vermutet, dass sie Pro-Ana als einzige Möglichkeit ansehen, mit der Magersucht zu leben: Die Chance auf Heilung haben sie oft aufgegeben und versuchen, das Dasein der Anorexie in ihrem Leben zu akzeptieren.

Wenn du selbst immer noch mit dem Gedanken spielst, dich der Pro-Ana-Community anzuschließen, solltest du dich nochmal eindringlich mit den großen Gefahren der Diät befassen und dir bewusst sein, dass du damit dein Leben aufs Spiel setzen kannst. Vertraue dich jemandem an, der dir helfen kann, eine Lösung für den Wunsch nach radikalem Abnehmen zu finden. Eltern, Freunde und Angehörige von Essgestörten können bei der BZgA Rat einholen.

Bildquelle: iStock/ronstik/vadimguzhva/YakobchukOlena

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