Wer einmal eine Corona-Infektion durchlaufen hat, ist danach immun. Davon gingen bisher die meisten Forschenden und Ärzte aus. Doch dann sorgte eine Nachricht aus Südkorea für Unruhe: 91 bereits genesene Patienten wurden erneut positiv getestet. Auch in China wurden 25 Patienten in einer Studie nach Genesung positiv getestet. Gibt es also doch keine Immunität nach einer Erkrankung? Virologe Christian Drosten vermutet etwas Anderes und kritisiert eine vorschnelle Interpretation der Studie.
Eins ist sicher: Die Covid-19-Pandemie wird uns noch eine ganze Weile begleiten. Wie lange genau, das kann aktuell keiner sagen. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Unter anderem davon, wie schnell eine große Anzahl von Menschen immun gegen Corona wird. Denn je mehr Menschen die Krankheit bereits hatten, desto schlechter finden die Viren einen neuen Wirt. Dadurch verlangsamt sich die Ausbreitung.
Weil der Körper nach einer überstandenen Viruserkrankung im Normalfall Antikörper bildet, geht man bisher auch beim neuartigen Coronavirus Sars-Cov2 davon aus. Doch wie passen die erneut positiv getesteten Patienten in Südkorea und China in dieses Bild? Das erklärte der Virologe Christian Drosten im NDR-Podcast „Corona Virus Update“.
Vorsicht vor übereilten Schlüssen
Der Virologe kritisiert die Art, wie die Erkenntnisse kommuniziert wurden. Denn die Fälle seien wissenschaftlich zu erklären ohne von einer erneuten Infektion mit dem Virus auszugehen. Da die meisten Menschen jedoch nicht das entsprechende Vorwissen hätten, würde eine einfache Meldung zu „Wiederinfizierten“ schnell zu falschen Schlüssen führen. Auch die WHO spricht von Einzelfällen und prüft diese derzeit genauer. Bis die Ergebnisse dieser Untersuchungen vorliegen, hat Christian Drosten eine einleuchtende Erklärung dafür, dass Covid-19-Patienten erst negativ und dann doch wieder positiv getestet wurden.
Das Goldfisch-Phänomen
Drosten spricht von einem statistischen Verteilungsphänomen, dass er seinen Studenten gern am Beispiel eines Goldfischbeckens erklärt. Nimmt man blind eine zufällige Wasserprobe aus einem Becken, in dem ein Goldfisch schwimmt, kann es entweder sein, dass man den Goldfisch erwischt oder eben nicht. Der Goldfisch ist zwar im Becken, das heißt aber nicht, dass man ihn zu jedem Zeitpunkt erwischt. Je mehr Goldfische im Glas schwimmen, desto größer ist es, blind einen davon zu fangen.
Ähnlich sieht es auch bei einer Virusinfektion aus: Mit zunehmender Genesung nimmt die Virenkonzentration ab. Und je weniger Viren im Blut sind, desto wahrscheinlicher sind abweichende Testergebnisse. Es kann also quasi abwechselnd positiv und negativ getestet werden. Das dieses Phänomen auch beim Coronavirus zutrifft, zeigt eine aktuelle Studie aus München. Auch jemand, der offiziell als Genesen gilt, kann demnach noch eine geringe Menge Viren in sich tragen. Wird diese bei einem erneuten Test nachgewiesen ist das dementsprechend kein Hinweis auf eine Wiederinfektion, sondern lediglich ein Überbleibsel der alten Infektion.
Es ist entscheidend, wo getestet wird
Zudem weist der Virologe auch daraufhin, dass es entscheidend ist, wo getestet wird. Bei der chinesischen Studie etwa wurden die Patienten aus dem Krankenhaus entlassen, nachdem ein Rachenabstrich zweimal in Folge negativ ausfiel. Bei schweren Krankheitsverläufen geht die Virenkonzentration im Rachen jedoch als erstes zurück. In der Lunge können hingegen noch Viren vorhanden sein. Die Nachuntersuchung wurde dann anhand einer Stuhlprobe vorgenommen. Hier können Viren jedoch standardmäßig noch länger nachgewiesen werden. Laut Drosten sind die Tests demnach nur schwer miteinander vergleichbar. Für ihn gilt weiterhin: Immun bleibt immun.
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