Bei Kaffee scheiden sich die Geister: Die einen halten ihn für eine Art Wundermittel, nicht nur die Lösung für einen guten Start in den Tag, sondern auch für ein langes Leben. Die anderen halten möglichst Abstand aus Angst vor Herzrasen und Schlafstörungen. Wer hat denn nun recht? Wie so oft liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte – und hängt auch stark von der getrunkenen Menge an Kaffee ab.
Ohne Kaffee in den Tag starten? Für viele unvorstellbar. Schließlich macht nichts so zuverlässig wach wie eine Tasse des warmen, schwarzen Gebräus. „Ach was, der macht dich gar nicht wirklich wach. Ohne hast du nur Entzugserscheinungen“, heißt es dann von Kaffeegegnern. Was uns direkt zu unserer ersten Frage bringt:
Macht Kaffee süchtig?
Jeder von uns hat mindestens eine Person im Bekanntenkreis, die sich als regelrechten Kaffee-Junkie bezeichnet. Ohne den ersten Kaffee am Morgen geht nichts, über den Tag verteilt folgen viele weitere Tassen, Becher, Fässer. In gewisser Weise sind diese Menschen tatsächlich kaffeesüchtig. Studien zeigen, dass die wachmachende Wirkung von Kaffee bei regelmäßigem Konsum nachlässt. Dann bekämpfen wir mit ihm nur noch Entzugserscheinungen.
Der Grund: Unser Körper gewöhnt sich an das täglich zugeführte Koffein. Dieses dockt nicht nur an die Rezeptoren für das müde machende Hormon Adenosin an, es regt auch die Ausschüttung von Cortisol an. Gerade am Morgen schüttet der Körper dieses jedoch etwa eine halbe Stunde nach dem Aufstehen von ganz allein aus. Trinken wir schon vorher unseren Kaffee, sorgen wir dadurch langfristig nicht für einen zusätzlichen Koffein-Boost, sondern hemmen die natürliche Cortisol-Ausschüttung, weil unser Körper sich anpasst. Um nicht in die Kaffeesuchtfalle zu latschen, ist es also am besten, die erste Tasse erst etwa eine Stunde nach dem Aufstehen zu trinken. Am besten bringen wir außerdem gar kein Muster in unseren Kaffee-Konsum, sondern trinken ihn immer zu einer anderen Uhrzeit. So kann der Körper sich nicht auf den zusätzlichen Koffein-Kick einstellen und kämpft selbst gegen unerwünschte Müdigkeit an.
Sorgt Kaffee für Schlafstörungen?
Neben der Frage, wann wir die erste Tasse trinken sollten, gibt es auch regelmäßig Diskussionen darüber, ab wann es zu spät für Kaffee ist. Immerhin können Schlafstörungen eine Nebenwirkung von Koffein sein. Hierfür ist die Halbwertszeit von Koffein interessant. Sie gibt an, wie schnell der Stoff vom Körper abgebaut wird und liegt bei etwa vier Stunden. Wer also um 16 Uhr seine letzte Tasse Kaffee mit 80 mg Koffein trinkt, hat um 20 Uhr noch 40 mg im Körper, um 24 Uhr sind es immer noch 20 mg. Vollständig verwertet ist der Kaffee erst am nächsten Morgen. Die Halbwertszeit kann jedoch on Person zu Person variieren. So spielen etwa Alter, Gewicht und Aktivität eine Rolle. Und nicht zu vergessen: Jeder Mensch reagiert unterschiedlich sensibel auf Koffein. Während bei einigen schon eine Tasse Kaffee zu Herzrasen führt, spüren andere den wachmachenden Effekt kaum und können dementsprechend auch mit einigen Milligramm Koffein im Blut friedlich schlafen.
Was ist die optimale Menge Kaffee am Tag?
Wer zu viel Kaffee trinkt und damit zu viel Koffein zu sich nimmt, kann je nach Toleranz mit unschönen Nebenwirkungen rechnen. Dazu zählen nicht nur Schlafstörungen, sondern auch allgemeine Nervosität bis hin zu Herzkreislaufproblemen. Die European Food Safety Authority (ESFA) rät deshalb zu maximal 400 mg Koffein über den Tag verteilt. Trinken wir nur Kaffee und keine anderen koffeinhaltigen Getränke, sind das etwa 4,5 Tassen Filterkaffee oder 5 Espressi. Für die meisten Menschen dürfte das absolut ausreichend sein. Einer Statista-Umfrage zufolge trinken 45 Prozent der deutschen Kaffeetrinker*innen nur zwei bis drei Tassen pro Tag und nur rund 25 Prozent vier bis fünf Tassen. Noch mehr Kaffee tranken nur etwa 11 Prozent.
Auch wenn viele davon nicht genug bekommen, ein idealer Durstlöscher ist Kaffee nicht, dazu eignen sich eher diese Getränke:
Welche gesundheitlichen Vorteile bringt Kaffee?
Tatsächlich liegen die ESFA-Empfehlung für das Koffeinmaximum und die optimale Menge an Kaffee pro Tag gar nicht so weit auseinander. Drei bis vier Tassen sollen etwa laut einer Auswertung von über 200 Studien, die britische Forscher*innen vornahmen, unter anderem mit einem geringeren Risiko für folgende Krankheiten korrelieren:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Schlaganfälle
- Leberkrebs
- Parkinson
- Diabetes
- Alzheimer
- Depressionen
Klingt fast so, als könnte Kaffee das halten, was Superfoods wie Kurkuma oder Gerstengras gerne nachgesagt wird. Allerdings ist es gerade bei Ernährungsstudien schwierig, Effekte zuverlässig hervorzusagen. Schließlich kommen hier sehr viele Faktoren zusammen, die sich teilweise untereinander bedingen. Trotzdem, Kaffee scheint längst nicht so schlecht zu sein wie sein Ruf. Ganz im Gegenteil. Solange wir es mit dem Konsum nicht übertreiben, könnten wir unserem Körper damit sogar etwas Gutes tun.
Bildquelle: Unsplash/Tyler Nix