Dass Berührungen durch einen nahestehenden Menschen sehr guttun, ist unumstritten. Warum aber ist das Bedürfnis nach Körperkontakt so groß und so wichtig für den Menschen? Oder „verkümmern“ wir alle zunehmend in Zeiten von Social Media und Co.? Wir erklären dir hier alles rund um die Bedeutung von Berührungen und Körperkontakt – danach wirst du garantiert zum Schmuse-Monster!
Körperkontakt ist ein menschliches Grundbedürfnis. Manche Expert*innen sprechen gar von einer menschlichen Notwendigkeit, die zeigt, wie wichtig Körperkontakt ist. Denn schon in den frühesten Lebensphasen erfahren wir die Bedeutung von Berührungen. Neugeborene, die in den ersten Minuten nach der Geburt in den Armen ihrer Mütter gehalten werden, entwickeln ein tiefes Vertrauen und eine Bindung. Dieser enge Kontakt ist nicht nur beruhigend, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle in der emotionalen und körperlichen Entwicklung des Kindes.
In späteren Lebensphasen ändert sich die Art des Körperkontakts, aber seine Bedeutung bleibt bestehen. Die Berührung durch andere Menschen stärkt die Beziehung zu ihnen und intensiviert diese. Händchenhalten und andere Formen der Berührung sind Wege, wie Menschen Liebe, Mitgefühl und Unterstützung ausdrücken. Sie dienen nicht nur der physischen Nähe, sondern sind auch ein Mittel zur Kommunikation von Emotionen – wenn die Worte fehlen, drücken wir mit einer Umarmung das aus, was schwer zu sagen ist.
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Warum tut Körperkontakt gut?
Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Beweise für die positiven Auswirkungen von Körperkontakt auf die Gesundheit. Warum? Dazu ein kleiner Exkurs in die Biologie: Unsere Haut ist das größte Organ unseres Körpers und ein hochsensibles Kommunikationsmittel. Die oberste Schicht der Haut, die Epidermis, ist voll mit Nerven und Druckrezeptoren. Bei Berührungen, wenn euch zum Beispiel jemand über die Haut streichelt oder euch umarmt, werden diese Nerven stimuliert. Als Reaktion darauf schüttet der Körper wohltuende Hormone wie Oxytocin aus, das umgangssprachlich „Kuschelhormon“ genannt wird. Durch langsames, sanftes Streicheln reagieren die Nerven übrigens besonders gut auf Hautwärme und schütten so einen regelrechten Glückshormoncocktail aus! Bei einem Orgasmus wird besonders viel vom „Kuschelhormon“ ausgeschüttet.
Oxytocin trägt zur Verringerung von Stress und Angst bei, fördert ein allgemeines Gefühl des Wohlbefindens und stärkt zwischenmenschliche Verbindungen. Neueste Erkenntnisse zeigen außerdem, dass durch Berührung ausgeschüttetes Oxytocin auch als körpereigenes Schmerzmittel wirkt. Körperkontakt kann zudem die Freisetzung von Endorphinen („Glückshormonen“) fördern, was Schmerzen lindern und die Stimmung verbessern kann. Und mehr noch: Kuscheln, Schmusen und Streicheln nicht nur sexueller Natur, stärken das Immunsystem und wirken sich positiv auf das vegetative Nervensystem aus und damit beispielsweise auf den Blutdruck und die Atmung.
Im Überblick: Das lösen Umarmungen bei Menschen aus
- Ausschüttung von Oxytocin („Kuschelhormon“) fördert das Vertrauen und die emotionale Verbundenheit zwischen Menschen, verringert Angst und Stress
- Ausschüttung von Endorphinen, unseren „Glückshormonen“, was Schmerzen lindert und die Stimmung verbessert
- Stresshormone wie Cortisol werden reduziert
- Immunsystem wird gestärkt
- Blutdruck wird gesenkt und Atmung ruhiger
Berührung als Medizin
In der Medizin und Forschung wurden Berührungen und deren positiven Auswirkungen auf Geist und Psyche lange Zeit eher stiefmütterlich behandelt. Die „Berührungsforschung“ erhielt aber neuen Aufschwung. Denn 2021 erhielten die Forscher David Julius und Ardem Patapoutian den Medizin-Nobelpreis für die Entdeckung von Temperatur- und Berührungsrezeptoren im menschlichen Körper. Ihre Forschung liefert spannende Erkenntnisse darüber, wie heilsam Berührungen für die verschiedensten Krankheitsbilder (Krebs, Depressionen etc.) sind.
In der Krebstherapie zeigte sich zum Beispiel, dass spezielle Massagen helfen können, die Nebeneffekte einer klassischen Chemotherapie oder Bestrahlung zu lindern. Eine Massagetherapie kann dabei helfen, Ängste abzubauen, Schmerzen zu mindern und Depressionen bei Krebspatienten entgegenzuwirken. Bei der Behandlung von Frühchen gilt die sogenannte Berührungstherapie als besonders erfolgreich. Zu früh geborene Babys legen in Folge der Therapie fast doppelt so schnell an Gewicht zu wie Kinder, die diese Behandlung nicht erhalten.
Was passiert mit uns, wenn Berührungen fehlen?
Bei all den positiven Effekten, die Berührungen mit sich bringen, kann ein Mangel an Körperkontakt dementsprechend negative Auswirkungen auf uns haben. Zwar hat jeder Mensch ein komplett individuelles Verlangen nach Berührungen. Doch so ganz ohne kann niemand – schließlich sind Berührungen ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Auch die Corona-Pandemie mit all den Kontaktbeschränkungen hat vielen Menschen erst deutlich gemacht, wie schön eine Umarmung, das Händeschütteln oder Schulterklopfen ist – nämlich, als all das weggebrochen ist.
Da der Mensch ein soziales Wesen ist, sind Berührungen ein wesentlicher Teil unserer zwischenmenschlichen Kommunikation. Wenn wir keine Berührungen erleben, fühlen wir uns möglicherweise von anderen isoliert und allein gelassen. Einsamkeit und das Fehlen von körperlicher Nähe können so das Risiko für Depressionen erhöhen. Körperkontakt löst positive neurochemische Reaktionen im Gehirn aus, die dazu beitragen, Stimmungsschwankungen auszugleichen, den Stresspegel zu senken und Glückshormone freizusetzen. Das Fehlen dieser positiven Einflüsse kann neben depressiven Symptomen, aber auch Stress und Angstgefühle verstärken.
Berührungen haben nachweislich positive Auswirkungen auf das Immunsystem und die allgemeine Gesundheit. Wenn sie fehlen, kann dies die Anfälligkeit für Krankheiten erhöhen und den Genesungsprozess bei Krankheiten oder Verletzungen verlangsamen. Studien haben belegt, dass Partner*innen, die sich regelmäßig umarmen oder küssen, gesünder sind und weniger anfällig für Krankheiten.
Berührung ist nicht gleich Berührung
Natürlich wird nicht jede Berührung automatisch als etwas Positives empfunden. Menschen, die beispielsweise unter einem Trauma leiden, empfinden Körperkontakt eher als unangenehm oder abschreckend. Und auch Menschen, für die wir keine große Sympathie empfinden, knuddeln wir einfach anders als unsere beste Freundin oder Mutter – dementsprechend wird der Cocktail an Glückshormonen auch eher bescheiden ausfallen. Manchmal kann auch pure Verwirrung herrschen und du fragst dich vielleicht „welche Berührung bedeutet was? Steht er auf mich? Hat mich mein Arbeitskollege gerade angebaggert?“ Für Fragen rund ums Flirten findest du hier hoffentlich alle Antworten, die du gerade brauchst.
Darüber hinaus gilt in puncto Berührung: Genieße sie und verteile Umarmungen großzügig wie Geschenke. Nicht nur in deiner Beziehung, sondern auch mal wieder an deine Eltern oder Freund*innen. Vielleicht kannst du für das nächste Treffen einen extra festen Knuddler einplanen. Solange du und dein Knuddel-Partner sich damit wohlfühlen, natürlich. Es kann nicht oft genug betont werden, was für eine wichtige Funktion Körperkontakt hat und wie er uns körperlich und psychisch gesund und munter hält. An alle Singles, Umarmungsmuffel, Menschen in Fernbeziehungen oder „Crazy Cat Ladies“: Auch das Streicheln und Kuscheln von Haustieren, insbesondere Hunden schüttet ordentlich Glückshormone die Endorphine aus!
Bildquelle: Unsplash/Priscilla Du Preez