Experten sind sich einig: Der Höhepunkt der Corona-Epidemie steht uns in Deutschland erst noch bevor. Ein klares Ende sei bisher nicht in Sicht. Doch nun geben Forscher der Universitäten Mainz und Hamburg erstmals in einer Studie Prognosen zu einem möglichen Ende der Krise ab.
Immer wieder gibt Lothar Wieler, der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), zu bedenken: „Der Höhepunkt der Epidimie ist noch nicht erreicht“ — und sorgt damit für viel Verunsicherung. Eine der größten Ängste vieler Bürger ist das Unwissen über die weitere Entwicklung der Krisensituation. Unter diesem Aspekt entwickelten Forscher Johannes-Guttenberg-Universität Mainz und der Universität Hamburg zwei Modelle mit möglichen Verlaufsprognosen rund um Covid-19.
Prognose: Wie viel bringt das Kontaktverbot?
Mithilfe gesammelter Daten seit Beginn der Corona-Epidemie in Deutschland am 24. Februar 2020 (erste bekannte Erkrankung in Deutschland laut RKI), haben die Forscher ein optimistisches und ein eher pessimistisches Szenario bis zum Ende des Jahres entwickelt. Die drei dargestellten Kurven zeigen die jeweils möglichen Epidemieverläufe mit einer Kontaktsperre (grün), ohne eine Kontaktsperre (orange) und bei einer verlängerten Kontaktsperre (schwarz). Für ihre Einschätzungen zogen die Wissenschaftler neben gesammelten Daten des RKI ebenfalls Daten aus asiatischen Ländern wie Japan, China und Südkorea mit ein, die bereits länger mit dem Virus konfrontiert sind. Unter Einbeziehung der aktuellen Kontaktverbote und etwaigen Dunkelziffern kamen sie zu folgenden Prognosen:
Das eher pessimistische Szenario
Laut diesem Szenario könnte die Epidemie im Juni ihren Höhepunkt erreichen und im August ein Ende finden. Zu diesem Schluss kamen die Forscher vor dem Hintergrund, dass aktuell geplant sei, die Kontaktverbote und Ausgangssperren nach dem 19. April aufzuheben. Laut den Berechnungen der Forscher würden sich daraufhin die Fallzahlen im Juni auf über eine Million gleichzeitige Erkrankungen erhöhen und schließlich abflachen und sich gegen Null bewegen. Die Zahl der Erkrankten würde jedoch eine große Hürde für das deutsche Gesundheitssystem darstellen. Ein Grund, weswegen die Bundesregierung die Kontaktsperren verlängert hat. Die Kurve soll dadurch weiter abgeflacht werden und die gleichzeitigen Erkrankungen somit für das Gesundheitssystem tragbar werden.
Das optimistische Hubei-Szenario
Sollte jedoch wider Erwarten ein positiver Trend eintreten, so könnte bereits im Mai der Höhepunkt erreicht werden und schon im Juli ein Ende der Krise in Sicht sein. Möglich wäre dieses Szenario laut den Forschern beispielsweise bei einer schnelleren Immunisierung der Bevölkerung, als es bei normalen Grippeepidemien der Fall ist. Sollte das sogenannte optimistische Hubei-Szenario tatsächlich eintreten, gehen die Forscher von einer gleichzeitigen Erkrankung von rund 200.000 Menschen aus. Eine Summe, die für das deutsche Gesundheitssystem eine stemmbare Belastung darstellen würde.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Trotz aller negativen Prognosen, die auch von zahlreichen Virologen und Epidemiologen unterstützt würden, hoffe man dennoch auf positive und überraschende Trends, so die Forscher. „Es wäre eine Überlegung wert, Kontaktsperren auf die Bevölkerungsgruppen zu beschränken, die am ehesten einen starken Verlauf einer CoV-2-Erkrankung zu befürchten haben“, schlagen die Mainzer und Hamburger Wissenschaftler vor, um wenigstens die Letalitätsrate zu verringern. Möglich wären auch noch strengere Eingriffe in das öffentliche Leben, die ökonomischen Folgen seien jedoch unvorstellbar und möglicherweise nicht tragbar.
Bildquelle: Getty images/triocean, „Projecting the Spread of COVID19 for Germany“