Seit Jahrtausenden wird Yoga in Indien als spiritueller Weg zur Erleuchtung praktiziert. Seit wenigen Jahrzehnten profitieren wir auch in Deutschland von der indischen Lehre. Nachdem sich Yoga in zahlreiche neue Yoga-Formen entwickelt hat, war es vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis dieser neue Trend folgen würde: Nackt-Yoga! Der US-Amerikaner Aaron Star dachte sich: Warum nicht auch im Yoga-Studio einfach mal die Hüllen fallen lassen. Er ist der Erfinder des neuen Trends. Was Nackt-Yoga ist, und vor allem warum Nackt-Yoga ist, verraten wir Dir hier.
In der Sauna ist es schon lange normal, am FKK-Strand auch. Jetzt hält die Freie Körperkultur auch ins Yoga-Studio Einzug. Nackt-Yoga ist genau das, wonach es sich anhört: Yoga ohne Klamotten, wie Gott beziehungsweise die Natur uns schuf. Nach Geschlechtern getrennt wird dabei meist nicht. Während beim Bier-Yoga vornehmlich Frauen zu finden sind, praktizieren das Nackt-Yoga eher Männer.
Beim Nackt-Yoga allen alle Hüllen
Yoga-Studios in San Francisco und New York haben den Anfang gemacht und ihren Schülern angeboten, sämtliche Textilien in den Umkleideräumen zu deponieren, während sie ihre Asanas, also die Körper-Übungen, ausüben. Zahlreiche Schüler nahmen das Angebot an. Sie sahen bestechende Vorteile darin, sich von kneifender, zwickender und spannender Sportkleidung zu befreien und nicht mehr ablenken zu lassen. Mit der Zeit schwappte der Trend, wie so viele andere nach Europa über, erst nach London, dann auch in die deutschen Großstädte.
Kritiker zeigen sich besorgt über die Qualität des Yogas, wenn die Yogis die Hüllen fallen lassen. Anhänger dagegen finden, dass die Nacktheit ihnen beim Vertiefen der Übungen hilft. Auch könne Nackt-Yoga helfen, eine explizit nicht sexuelle Gemeinschaft aufzubauen.
Energie fließt freier im nackten Körper
Beim Yoga soll die Energie im Körper frei fließen. Jedes Kleidungsstück aber störe und hemme diesen Fluss, heißt es auf der Website nackt-yoga. Kleidung behindere die Durchblutung und den Durchfluss im Lymphsystem. Besonders eng anliegende Leggings oder Sport-BHs als typische Yoga-Bekleidung seien kontraproduktiv.
Auch die Mönche in Tibet würden bei ihren Praktiken bewusst nur eine Kutte und keine Unterwäsche tragen. Und der indische Yogi umwickle sich mit leichten Tüchern. Yoga aber wolle all diese Energie-Prozesse verbessern, statt sie einzuschränken. „Ohne Bekleidung sind also die Voraussetzungen dafür wesentlich besser.“
Denn der physische Körper beschränke sich nicht auf die Haut: „Energien fließen auch über der Hautschicht. Das hat jeder schon einmal erfahren wenn die feinen Körperhaare auf der Haut durch statische Aufladung in Bewegung geraten sind.“
Wider den Schönheitswahn
Gerade vom heutzutage ausufernden Schönheitswahn mit dem scheinbar perfekten Körper grenzt Nackt-Yoga sich ab. „Durch die mediale Wahrnehmung von Models, deren Körper mit elektronischer Bildbearbeitung perfektioniert wurden, ist die Scham gestiegen, den eigenen Körper zu zeigen, weil man sich immer mit einem Idealbild vergleicht, das in Wahrheit nicht existiert“, so die Nackt-Yoga-Lehrer auf der Website. Auch diese Gedanken und negative Emotionen behindern den Energiefluss.
Eitelkeit ist beim Nackt-Yoga fehl am Platz, stattdessen kommen die Yogis mit Humor und Gelassenheit weiter. Denn Schönheitsmakel, ob real oder fantastisch, zu verbergen, ist absolut unmöglich. Das Gute ist allerdings, dass sich hier jeder Praktizierende in seiner Unperfektion zeigt und die eigene so relativiert.
Identifikation mit der eigenen Unperfektion
„Es geht dabei nicht darum, sich mit Übergewicht oder Krankheiten abzufinden. Aber die eigene Akzeptanz des Körpers ist Voraussetzung dafür, dass der Körper einen anderen Weg zum Besseren beschreitet.“ Ziel des Nackt-Yoga ist also die Stärkung des Körpergefühls. Es geht darum, seinen eigenen Körper respekt- und liebevoll anzunehmen, sagt Dr. Kai Kaufmann, Yoga-Personal-Trainer aus Hamburg gegenüber fitforfun. Nach einer gewissen Zeit stellt sich bei den Yogis eine Selbstverständlichkeit und damit ein sehr befreiendes Gefühl ein.
Man identifiziert sich mit dem eigenen Körper, söhnt sich mit ihm aus. Man lernt sich kennen und zu akzeptieren, sich wohl in seiner Haut zu fühlen und beginnt, sich selbst zu lieben. So wird man auch in der Beziehung zum Partner glücklicher. Gleichzeitig biete nur Nackt-Yoga den realen Blick auf den eigenen Körper und zeige deutlich auf, welche Stellen verbesserungswürdig seien.
Die Körperhygiene im Nackt Yoga
Nackt-Yogistinnen müssen besonders auf die Körperhygiene achten, denn die Vagina ist für Bakterien wesentlich empfänglicher als der Penis. Schon im Lotussitz können sich Füße und Genitalbereich berühren. Das gilt auch für andere Yoga Stellungen. Selbst manche Körperflüssigkeiten können den Nackt-Yogis zufolge, wenn auch gering, austreten. Zu Beginn jeder Nackt-Yoga-Stunde sollen daher alle Teilnehmer duschen und die Füße mit Seife waschen.
Anschließend tragen sie Badeschuhe. Ein zusätzliches antibakterielles Spray für Hände und Füße steht in Nackt-Yoga-Studios in der Regel bereit. Auch die Yogamatte wird mit einem eigenen, mitgebrachten, frisch gewaschenen Handtuch belegt.
Nackt Yoga Fitnessworkout
Wer also sein Körperbewusstsein steigern und gleichzeitig seine müden Knochen geschmeidiger machen sowie Körper, Geist und Seele in Einklang bringen will, der könnte im Nackt-Yoga seinen Sport finden. Wer Yoga lieber erst einmal angezogen ausprobieren möchte, hat die Wahl zwischen Hatha Yoga, Acro Yoga, Anusara Yoga, Aerial Yoga und Ashtanga bzw. Vinyasa Yoga, welches sehr fordernd ist und perfekt für Frauen, die Kondition aufbauen wollen.
Weitere Formen speziell zur Kalorienverbrennung sind Bikram und Power Yoga. Forrest Yoga eignet sich besonders für Rücken und Bauch. Daneben gibt es Hormon Yoga für Selbstheilungskräfte, Integrales bzw. Sivananda und Iyengar Yoga. Auch Jivamukti, Kundalini und Kriya Yoga sowie Luna und TriYoga sind beliebte Formen, ebenso wie Flow Yoga, Wellness Yoga und Yin Yoga.
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