Vegane Ernährung ist gut für die Tiere. Für die meisten Veganer*innen steht das im Vordergrund. Doch auch die Umweltauswirkungen unserer Ernährung spielen eine immer größere Rolle. Vegane Ernährung hat den Ruf, deutlich umweltfreundlicher zu sein, als eine fleischlastige oder vegetarische. Doch stimmt das wirklich? Und was wäre, wenn sich plötzlich alle Menschen vegan ernähren würden? Dazu haben sich mittlerweile einige Forscher*innen Gedanken gemacht.
Die Anzahl der Menschen, die sich in Deutschland vegan ernähren, steigt. Ihr Anteil liegt laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2021 jedoch immer noch bei nur 2 Prozent. Die Gründe für einen veganen Lebensstil sind vielfältig. In einer Umfrage aus dem Jahr 2020 war das Tierleid für die meisten Befragten der wichtigste Grund, gefolgt von Gesundheit und Umweltschutz. Schließlich ist längst klar, dass die Massentierhaltung unserer Umwelt immens schadet. Eine Studie des WWF ergab schon 2012, dass 70 Prozent der direkten Treibhausgasemissionen unserer Ernährung auf tierische Produkte zurückzuführen sind. Trotzdem halten sich seit Jahren hartnäckig Behaupten, wonach Soja und Avocados die viel schlimmeren Klimasünder sein. Beides lässt sich leicht widerlegen, haben wir hier gemacht.
So schaden tierische Produkte der Umwelt
Einige Studien gehen davon aus, dass die Tierwirtschaft bis zu 20 Prozent aller menschengemachten Treibhausgase ausmacht. Solche Zahlen gelten jedoch häufig als umstritten. Die „Food and Agriculture Organization of the United Nations“, kurz FAO, geht von 14,5 Prozent aus. Fest steht: Auch wenn in Deutschland der Fleischkonsum rückläufig ist, steigt er weltweit an – und damit auch die Auswirkungen der Fleischindustrie auf unser Klima. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen liegt es an den vielen Tieren selbst. So stoßen Wiederkäuer wie Kühe, Ziegen und Schafe das Treibhausgas Methan aus, das als deutlich klimaschädlicher gilt als CO2. Vor allem ist es aber die Produktion, die den CO2-Fußabdruck eines Schnitzels oder einer Scheibe Käse in die Höhe schießen lässt. In erster Linie liegt das daran, dass die vielen Tiere ernährt werden müssen, dazu wird viel Fläche benötigt, für die teils Regenwälder abgeholzt werden müssen. Zudem kommen beim Anbau zahlreiche Pestizide zum Einsatz, die schädlich für Insekten wie Bienen sind und das Grundwasser verseuchen. Und schlussendlich tragen auch Fabriken, Transport und andere Produktionsprozesse zur schlechten Klimabilanz bei. Die Lebensmittel mit den höchsten CO2-Fußabdrücken sind fast alle tierischer Natur.
So verändert eine pflanzliche Ernährung unseren CO2-Fußabdruck
So ist es kaum verwunderlich, dass unser individueller CO2-Fußabdruck sich durch die Umstellung auf eine pflanzliche Ernährung drastisch reduziert. Der britische Ökologe Joseph Poore berechnete etwa für den Spiegel, dass Veganer*innen in Deutschland ihre CO2-Bilanz bei ansonsten gleichbleibendem Lebensstil im Durchschnitt um zwei Tonnen jährlich von elf auf neun Tonnen reduzieren könnten. „Eine vegane Ernährung ist der wahrscheinlich größte Hebel, um den eigenen ökologischen Fußabdruck zu verringern“, sagte der Forscher gegenüber dem Magazin. Gemeinsam mit seinem Schweizer Kollegen Thomas Nemecek hatte Poore schon 2018 eine Studie zu den Umweltauswirkungen pflanzlicher und tierischer Lebensmittel im renommierten „Science“ Magazin veröffentlicht. Dafür hatten die Forscher Daten von 40.000 Agrarbetrieben, 1600 Verarbeitungsunternehmen und Händlern in 120 Ländern analysiert. Sie kamen zu dem Schluss, dass selbst tierische Produkte wie Eier, die eine verhältnismäßig geringe Klimabilanz haben, die Umwelt noch stärker belasten als pflanzliche Alternativen.
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Was würde passieren, wenn wir alle vegan leben?
Wäre es damit also das Schlauste, wenn wir fortan alle vegan leben würden? Ganz so einfach ist es nicht. Das liegt vor allem daran, dass nicht jeder Boden für jedes Gewächs geeignet ist. Nicht alle Agrarflächen, die nicht mehr für den Anbau von Tierfutter genutzt werden, könnten ohne weiteres renaturalisiert oder für den Anbau pflanzlicher Lebensmittel für den Menschen genutzt werden. Die FAO geht davon aus, dass rund zweitdrittel der Weideflächen nicht für den Anbau menschlicher Nahrungsmittel geeignet sind. Das trifft aber vor allem auf Länder in Afrika oder auch die Mongolei zu, in denen Menschen somit stärker auf tierische Lebensmittel angewiesen sind.
Hinzukommt, dass einige Flächen effizienter genutzt werden können, wenn wir Teile der dort angebauten Lebensmittel an Tiere verfüttern. So essen Menschen etwa nur Maiskörner, Tiere auch die Blätter. 2019 veröffentlichten Forscher*innen im Fachmagazin „The Lancet“ ein Konzept für die sogenannte „Planetary Health Diet“, die sowohl Umwelt- als auch Gesundheitsaspekte einbezieht und auch eine effiziente Flächennutzung beachtet. Demnach sollte unsere tägliche Nahrung sich idealerweise wie folgt zusammensetzen:
- 500 Gramm Obst und Gemüse
- 250 Gramm Milchprodukte
- 75 Gramm Hülsenfrüchte
- 50 Gramm Nüsse
- 29 Gramm Hühnchen
- 28 Gramm Fisch
- 14 Gramm rotes Fleisch
- 13 Gramm Ei
Natürlich lässt sich dieses Konzept nur theoretisch umsetzen. Von veganen Ernährungswissenschaftler*innen werden die „Planetary Health Diet“ und viele Berechnungen zur Nutzung von Ackerflächen zudem kritisiert. So bemängeln sie, dass Flächen unter Umständen doch anders nutzbar werden und dass ohnehin nur 8 Prozent des Fleisches und 10 Prozent der Milch von Tieren, die mit Gras ernährt werden stammen.
Ist eine vegane Ernährung für mich sinnvoll?
Letztendlich muss sich jede*r selbst die Frage stellen, ob er sich vegan oder vegetarisch ernähren möchte. Gedanken darüber, was wäre, wenn die ganze Weltbevölkerung sich vegan ernährt, sind rein hypothetisch. In westlichen Gesellschaften ergibt es definitiv Sinn, den eigenen Konsum zum Wohle des Klimas zu reduzieren. Jeder „Verzicht“ tut dabei seinen Beitrag, ob wir nun zum Flexitarier werden und nur noch ab und an Fleisch essen oder uns komplett vegan ernähren.