Der Berliner Laden „Original Unverpackt“ war der erste Supermarkt in Deutschland, der komplett auf Einwegverpackungen verzichtet. Auch umweltbewusste Nicht-Berliner können sich nun freuen: Die Gründerin Milena Glimbovski plant, die nachhaltigen Produkte auch auf Amazon anzubieten. Doch passt das noch mit der Firmenphilosophie zusammen? Ich habe Milena einfach selbst gefragt. Sie hat mir erklärt, wie der müllreduzierte Versand über Amazon aussehen könnte und bei welchen Aspekten auch sie Bauchschmerzen bekommt.
Die Vorreiter in Sachen Müllvermeidung
„Original Unverpackt“ ist mehr als nur ein gewöhnlicher Bio-Supermarkt. Die Firmengründerin Milena Glimbovski störte sich auch hier an all den Lebensmitteln, die unnötigerweise mehrfach verpackt werden. Also entwickelte sie als Erste in Deutschland das Konzept eines Supermarktes ohne Einwegverpackungen: Wer hier einkauft, bringt wiederverwendbare Behälter selbst mit und kann sich Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Müsli, Gewürze sowie frisches Gemüse oder Tofu nach Bedarf abfüllen. Zusätzlich können sich Kunden, die in allen Bereichen ihres Lebens Müll vermeiden wollen, Produkte wie plastikfreie Bambuszahnbürsten* oder wiederverwendbare Abschminkpads* im Onlineshop bestellen. Wie es Milena geschafft hat, ihre Idee zu verwirklichen, haben wir dir bereits 2014 kurz vor der Eröffnung der ersten Filiale in Berlin Kreuzberg gezeigt.
Warum es schwierig wäre, Nutella bei „Original Unverpackt“ anzubieten und welche Produkte hier günstiger zu haben sind als im Bio-Supermarkt, erklärt Milena im Interview mit dem Nachhaltigkeits-Magazin Utopia:
Was hinter der Kooperation mit Amazon steckt
Milena scheint aber noch mehr vorzuhaben. In einem Interview mit dem Tagesspiegel sprach sie kürzlich über ihre Pläne, die Produkte von „Original Unverpackt“ nicht mehr nur über den eigenen Onlineshop, sondern auch über Amazon anzubieten. Das ließ mich aufhorchen, denn der Onlinehändler war mir bisher nicht gerade als positives Beispiel in Sachen Müllvermeidung und faire Arbeitsbedingungen aufgefallen. Also hakte ich noch mal genauer bei Milena nach.
Unverpackte Lebensmittel können Kunden bisher nur in der Berliner Filiale kaufen. Im Online-Shop von „Original Unverpackt“ findet man hingegen nur Drogerieprodukte und andere Utensilien, die den sogenannten Zero Waste-Lifestyle einfacher gestalten. Über diesen hat Milena sogar erst kürzlich ihr erstes Buch „Ohne Wenn und Abfall: Wie ich dem Verpackungswahn entkam“* veröffentlicht. Ich wollte von der Nachhaltigkeitsexpertin wissen, warum es die Produkte von „Original Unverpackt“ überhaupt bald auf Amazon geben soll:
Es ermöglicht uns, neue Menschen mit ökologischen, Müll vermeidenden Produkten zu erreichen. Also Lösungen für den Alltag für alle anzubieten.
Als Vorreiterin der Zero Waste-Bewegung, ist das Anliegen, noch mehr Menschen zu erreichen, verständlich. Mich interessierte jedoch auch, ob auf Amazon nur die Artikel angeboten werden, die auch jetzt schon im eigenen Onlineshop zu finden sind. Laut Milena soll es auf Amazon sogar eine geringere Produktpalette geben:
Viele unserer Lieferanten sind bereits auf Amazon und wir werden nicht anfangen, ihre Produkte auf dem gleichen Marktplatz zu vertreiben und ihnen Konkurrenz zu machen. Wir haben jedoch in den letzten Monaten viele eigene Produkte unserer Eigenmarke „OU“ entwickelt. Nur diese würden wir da anbieten.
Milena Glimbovski
Das Problem mit den Arbeitsbedingungen
Kunden die selbst entwickelten, nachhaltigen Produkte leichter zur Verfügung zu stellen, ist ein nachvollziehbarer Grund, mit Amazon zu kooperieren. Dahinter steckt jedoch auch Milenas Teilnahme am Förderprogramm „Unternehmerinnen der Zukunft“, das von Amazon initiiert wurde. In dieser kostenlosen Fortbildung werden junge Unternehmerinnen darin unterstützt, ihre Ideen weiterzuentwickeln. Doch passt das dann noch mit der Firmenphilosophie zusammen, in der nicht nur ein geringer ökologischer, sondern auch sozialer Fußabdruck betont wird?
Amazon macht wegen seiner Arbeitsbedingungen immer wieder negative Schlagzeilen. Die Gewerkschaft Ver.di hat sogar eine Petition gestartet, um den Onlinehändler dazu zu bewegen, mit seinen Mitarbeitern einen Tarifvertrag auszuhandeln. Ich wollte von Milena wissen, wie sie die Vorwürfe an Amazon bewertet. Sie erzählt mir, dass sie sich durchaus mit den Negativschlagzeilen beschäftigt, jedoch einen positiven Einblick gewinnen konnte:
Was ich bei einer Führung letzte Woche bei Amazon lernte: Jedes Lager hat einen Betriebsrat, die Leute verdienen da deutlich über dem Mindestlohn, der höher liegt, als was man, meiner Erfahrung nach, als Berufsanfänger in Berlin in der Medien- oder Start-up-Branche verdient. Mehr als die Mehrheit hat unbefristete Verträge.
Milena Glimbovski
Wenn es nach der Gründerin von „Original Unverpackt“ geht, solle man nicht vorschnell die Arbeitsbedingungen bei Amazon kritisieren, sondern auch bedenken, dass der stationäre Einzelhandel ohne eigene Onlineshops und die Nutzung des Amazon-Marktplatzes kaum überleben kann.
Was ist mit den Versandkartons?
Für Milena ist klar, dass ausgewählte Produkte auf dem sogenannten Marktplatz von Amazon angeboten werden sollen. Jedoch bezieht sich das wohl nicht auf den Versandservice von Amazon. Hier wird schließlich nicht auf Einwegverpackungen verzichtet:
Bisher versenden wir in einem kleinen angemieteten Lager in Berlin-Tempelhof selber und können so garantieren, dass es sowohl plastikfrei als auch müllreduziert ist und wir so viele Kartons, wie möglich wiederverwenden. Wenn wir das auslagern würden, könnten wir das nicht mehr garantieren. Allein deswegen hätten wir dabei Bauchschmerzen.
Milena Glimbovski
Wer also dachte, dass die nachhaltigen Produkte von „Original Unverpackt“ von Amazon dann doch wieder unnötig mehrfach verpackt und verschickt werden, den können wir beruhigen. Das Grundprinzip der Müllvermeidung soll auch über das Amazon-Angebot weitergelebt werden.
Achtest du selbst darauf, möglichst wenig Müll zu produzieren und bist du auch ansonsten ein Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit? Ob das wirklich stimmt, erfährst du in unserem Test:
Ich gehöre selbst zu den Menschen, die viel online bestellen. Wenn ich mir dann aber die Berge an Verpackungskartons anschaue, die sich bei mir zu Hause stapeln, bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Andererseits: Würde ich mir über Amazon wiederverwendbare Schminkpads von „Original Unverpackt“ bestellen und in Zukunft dadurch Müll sparen, wäre das auf lange Sicht nachhaltiger. Wie siehst du das? Findest du es gut, wenn regionale, nachhaltige Läden ihre Produkte auch auf Amazon anbieten? Diskutiere mit mir in den Kommentaren!
Bildquelle: Original Unverpackt