Lebenskrisen sind ein Tabuthema. Dabei gibt es fast niemanden, der sie nicht im Laufe des Lebens hat. Doch wie erkenne ich überhaupt, dass ich in einer Krise stecke und noch viel wichtiger: Wie kann ich eine Lebenskrise überwinden? Das haben wir Charisma-Experten und Buch-Autor Andreas Kolos gefragt.
desired: Jeder fühlt sich mal unwohl – aber ab wann würden Sie von einer Lebenskrise sprechen? Was sind die Warnsignale?
Andreas Kolos: Von einer Krise können Sie dann sprechen, wenn Sie sich über einen längeren Zeitraum einfach schlecht fühlen. Es ist so, dass der Körper mit uns redet und uns Anhaltspunkte gibt, wenn irgendetwas nicht stimmt. Dann können Sie nicht schlafen, sind sehr nervös oder unruhig, werden krank, oder Sie gehen nicht gerne auf die Arbeit. All solche Dinge, wo das Bauchgefühl sagt: „Da sträube ich mich dagegen, das ist nicht Ordnung, das will ich nicht“. Und diese Anzeichen sollte man auch wirklich zur Kenntnis nehmen und nicht als Feind sehen. Je länger man das ignoriert, desto heftiger werden die Reaktionen des Körpers.
Wie kann man eine solche Lebenskrise dann überwinden? Was sind die ersten Schritte?
Die ersten Schritte wären Sensibilität und Achtsamkeit zu üben. Es einfach auch mal zur Kenntnis zu nehmen, dass irgendwo etwas nicht stimmt. Meistens weiß dann auch jeder, wo das Problem ist. Ich gebe immer den Rat, diese Information des Unwohlfühlens, des Krankseins, der Depression einfach mal zuzulassen. Und dann kann man sagen: „Okay, irgendwas passt nicht und irgendwas strebt nach einer Veränderung.“ Und dann kann man darüber nachdenken, was denn nicht passt und inwiefern man das lösen kann. Aber das Wichtigste ist, überhaupt zu wissen, dass etwas im Busch ist, und diese Information neutral zu analysieren und aufzunehmen.
Viele empfinden es sicher als beschämend, dass sie überhaupt eine Lebenskrise haben, oder?
Ja, denn oftmals geht es ja damit los, dass man sich selbst die Schuld gibt. Und es kann auch durchaus sein, dass man selbst die Ursache für die Probleme ist. Aber vielleicht ist man es auch nicht. Sondern die Umgebung stimmt nicht, die Kollegen passen nicht, oder die Partnerschaft passt nicht. Ich empfehle immer, eine Mindmap zu machen, und aufzuschreiben, was denn nicht passt und was passt. Und wenn man das visualisiert, dann wird es einem vielleicht klarer. Aber insgesamt sollte man das einfach lockerer sehen. Das Leben ist ja wie ein Ringkampf, man geht immer wieder zu Boden. Aber man muss einfach nur einmal mehr aufstehen, als man zu Boden gegangen ist.
Wenn man bei so einer Mindmap dann sieht, wo das Problem liegt, was sollte man dann tun?
Love it, change it, or leave it. Wenn Sie auf die Arbeit schon mit Widerwillen hingehen, dann ist das sicherlich ein Ansatzpunkt, um etwas zu verändern. Lieber den Job wechseln, den Partner wechseln, die Lebensumstände wechseln, die nicht passen. Negative Enegrgie spart sich an. Dieses Unwohlsein schlägt sich früher oder später in alle Bereiche nieder, je nachdem, wie lange und intensiv das ganze Thema da ist. Man bekommt Lebenskrisen vor die Füße geworfen, damit man wachsen und dazu lernen kann, und das sollte man dann auch tun. Sie sind teilweise brutal. Ohne diese Lebenskrise ist der Mensch überhaupt nicht willig ist, etwas zu verändern. Also: Mehr auf das Bauchgefühl, auf die Intuition, auf sich selbst hören.
Auf die Intuition hören – das klingt so einfach. Aber vielen fällt das sicher gar nicht leicht. Kann man das lernen?
Intuition haben wir alle. Das Erste ist, sie überhaupt willkommen zu heißen. In meinen Coachings zum Beispiel empfehle ich meinen Teilnehmern, so eine Art Intuitionstagebuch zu führen. Sagen wir mal, Sie bestellen irgendwo ein Essen, das Essen kommt an den Tisch, und Sie haben das Gefühl: „Das ist nicht gut.“ Schreiben Sie sich das auf und dann werden Sie ja sehen, ob es ihnen anschließend geschmeckt hat. Oder: „Ich hatte den Eindruck, dass der eine Kollege nur mit Vorsicht zu genießen ist.“ Dann können Sie ja mal Revue passieren lassen, was aus dem Eindruck geworden ist. Und so kriegen Sie ein Gefühl dafür, was ihre Wahrnehmung, was ihre Intuition ist und wie zutreffend sie ist. Und wenn Sie das mal raushaben, dann wird das ganze Leben viel einfacher.
Lese-Tipp: Das Buch „Charisma 4.0 Die Aura des Erfolgs“ von Andreas Kolos gibt es zum Beispiel auf Amazon*.
Gibt es Menschen, die besonders anfällig für eine Lebenskrise sind?
Sie werden nicht einen Menschen finden, der 50 Jahre alt ist, der nicht mindestens eine schwere Lebenskrise hinter sich gebracht hat. Das gehört zum Leben dazu, es ist fester Bestandteil. Die Annahme, dass das Leben immer Friede, Freude, Eierkuchen ist, das wird es nicht geben. Das Leben ist voller Aufgaben und Herausforderungen, und da müssen wir uns eben dynamisch durch bewegen. Lebenskrisen sind völlig normal, die hat jeder.
Vielen Dank für das bestärkende Interview, Andreas Kolos!
Bildquelle: Unsplash/Anthony Tran