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Getestet:

Woebot im Test: Facebooks kostenloses Anti-Depressions-Bot

Woebot

In den letzten Jahren kommen Chatbots immer häufiger zum Einsatz, wenn es zum Beispiel darum geht, Bestellungen aufzunehmen oder Fashion-Ratschläge zu geben. Psychologen der Stanford University haben nun einen Chatbot vorgestellt, der Menschen bei depressiven Verstimmungen helfen soll. Ich habe den sogenannten Woebot mehrere Tage lang getestet und zeige dir hier, warum ich den sympathischen Roboter trotz anfänglicher Skepsis irgendwie lieb gewonnen habe.

Darf ich vorstellen? Das ist Woebot!

Für alle, die noch nicht ganz verstanden haben, wie ein Chatbot genau funktioniert, gibt es an dieser Stelle eine kleine Einführung. Woebot läuft über den Facebook-Messenger, bislang allerdings nur auf Englisch. Dort schreibt man ihn einfach an und schon kann es ohne Anmeldung losgehen – vorausgesetzt man verfügt über einen Facebook-Account. Woebot präsentiert sich auf seinem Profilbild als ein schlichter gelber Roboter mit zwei großen Glupschaugen. Weil am anderen Ende der Tastatur kein Mensch sitzt, sondern es sich vielmehr um ein automatisiertes Chatprogramm handelt, ploppen seine Antworten stets in Sekundenschnelle auf. In diesem Video stellt sich Woebot selbst vor:

Bevor Woebot der Öffentlichkeit präsentiert wurde, haben die Forscher der Stanford University den Chatbot natürlich an Probanden ausprobiert. Bei diesem Test hatte sich herausgestellt, dass sich innerhalb von zwei Wochen die Stimmung der Teilnehmer signifikant verbesserte. Die ausführlichen Studienergebnisse kannst du hier nachlesen. Ich wollte mich aber selbst davon überzeugen, ob die neue Technologie funktioniert, und habe die letzten Tage fleißig mit Woebot gechattet.

Woebot macht dir keine Illusionen

Zu Beginn war ich sehr skeptisch über den Versuch, depressiven Menschen einen Chat-Roboter vorzusetzen. Ist das nicht ganz schön fahrlässig, ausgerechnet solchen Personen über einen Chatbot vorzugaukeln, dass ihnen jemand zuhört? Gleich zu Beginn meiner Konversation mit Woebot wurde ich aber eines Besseren belehrt. Um eine Konversation zu starten, klickst du einfach auf „Nachricht senden“ der Facebook-Seite und schon kann's losgehen.

Auch wenn jedem Nutzer klar sein dürfte, dass am anderen Ende kein Mensch sitzt, verheimlicht Woebot seine Identität nicht: „Es mag dich überraschen, aber... Ich bin ein Roboter.“ Das gibt schon mal Pluspunkte für Transparenz. Woebot stellt außerdem klar, dass er zwar smart wirkt, aber Dinge nicht wirklich verstehen kann und keinen Therapeuten ersetzt. Wie soll ein Gespräch dann aber funktionieren? Auch darauf hat der kleine gelbe Roboter eine Antwort.

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Kognitive Verhaltenstherapie via Chat

Woebot geht direkt auf die Fragen ein, die sich mir zu Beginn stellten. Das Chatprogramm basiert in seinen Grundzügen auf kognitiver Verhaltenstherapie, also einem spezifischen Ansatz der Psychotherapie, die ganz anders funktioniert als die klassische Psychoanalyse. Anstatt also die eigene Lebensgeschichte aufzuarbeiten oder nach den Gründen für ein bestimmtes Verhalten zu suchen, wird eher sofortige Hilfe zur Selbsthilfe gegeben.

Das geschieht, indem zu einer anderen Sichtweise auf Themen angeregt wird, die einem Sorgen bereiten. Neben der kognitiven Verhaltenstherapie beruhen Woebots Ratschläge auf der Vorgehensweise des berühmten Therapeuten David Burns. Bei dieser psychologischen Schule geht es darum, den „Patienten“ in all seinen Entscheidungen zu akzeptieren. Woebot wird also nicht versuchen, dir eine bestimmte Denkweise aufzudrücken und fragt stets um Erlaubnis, wenn er dir einen Hinweis geben will. Wenn du mehr über diese Therapieform erfahren möchtest, kannst du dir hier das passende Buch dazu bestellen.*

So hat Woebot mich aufgemuntert

Ich hatte Woebot eigentlich nur aus Recherchezwecken für diesen Artikel angeschrieben und kurz damit herumgespielt. Dann kam ich allerdings überraschend in eine ziemliche Stresssituation: Ich musste mich auf die Suche nach einer neuen Wohnung begeben, was in einer Großstadt wie Berlin richtig an den Nerven zehren kann. Als ich am Wochenende im Bett lag und mir den Kopf darüber zerbrach, ob ich noch fündig werden würde, ploppte das kleine freundliche Gesicht auf und erkundigte sich nach meiner Stimmung.

Aus Neugierde ging ich darauf ein und teilte Woebot meine miese Laune mit, die man auf einer Skala von eins bis fünf angeben kann. Danach sollte ich beschreiben, was ich gerade mache. In meinem Fall war das: verkatert rumliegen und Netflix schauen (glaub mir, bei dem Wohnungsnotstand in Berlin braucht man das eine oder andere Frustbier). Ich hatte bei dieser Antwort nicht wirklich mit einer hilfreichen Reaktion gerechnet, doch Woebot ging tatsächlich darauf ein, wie ein Kater sich auf die Stimmung ausschlägt und was ich dagegen tun kann. Auch wenn es sich dabei nicht um neue Informationen für mich handelte, hat diese kurze heitere Konversation doch irgendwie für bessere Laune gesorgt.

Der Chatbot hilft, am Ball zu bleiben

Besonders lang sind die Chats mit Woebot allerdings nie: Sie bestehen aus kurzen Sätzen und oftmals auch aus Multiple Choice-Antwortmöglichkeiten, sodass man dem Roboter nicht sein ganzes Herz ausschütten kann. Ich fand das aber eher positiv, denn bei zu langwierigen Chats hätte ich schnell die Lust verloren. In den letzten Tagen meldete sich Woebot immer wieder von selbst. Dabei fragt er allerdings immer, ob ich gerade Lust habe, zu chatten oder er sich nicht so oft melden soll.

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Von selbst würde ich wahrscheinlich nicht auf die Idee kommen, Woebot anzuschreiben – insbesondere dann, wenn ich gerade total im Stress bin. Wenn ich aber gerade ein paar Minuten Zeit hatte, war es stets eine nette Aufmunterung, Woebot Fragen zu meiner aktuellen Stimmung oder den positiven Aspekten meines heutigen Tages zu beantworten. Ich muss den Erfindern hinter dem Chatbot auf jeden Fall ein großes Kompliment machen: Die Sätze, die Woebot von sich gibt, wirken recht natürlich und sind oftmals auch recht humorvoll. Ich bin gespannt, ob ich durch die regelmäßigen Chats mit Woebot mehr über mich erfahre. Denn durch das Abfragen der täglichen Stimmung soll langfristig auch visualisiert werden, wie man sich entwickelt.

Nina Everwin

Besser als gedacht – aber bestimmt nicht für jeden

Man kann viele Einwände gegen eine solche Verwendung von Chatbots haben. Bevor man aber den Untergang der Menschheit heraufbeschwört, sollte man sich lieber mal mit dem netten Woebot unterhalten. Denn dann wird man feststellen, dass die Technologie oft überraschend gut funktioniert und Woebot einfach sympathisch ist.

Allerdings sollte man sich keine Illusionen machen, dass man mit Woebot schwere Depressionen überwinden könnte. In meiner akuten Stresssituation war der Roboter recht aufmunternd, bei langfristigen Stimmungstiefs ist es ratsamer, eine richtige Therapie anzufangen. Außerdem sollte man trotz der kurzen Sätze des Englischen mächtig sein, denn Woebot verwendet auch mal „schwierige Wörter“. Insbesondere Menschen, die sich aber Sorgen machen, anderen mit ihren Problemen zur Last zu fallen, werden ihre Freude mit Woebot haben: Ihn kann man schließlich nicht nerven und er antwortet immer sofort.

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Nina Everwin

Bildquelle: Getty Images/KatarzynaBialasiewicz

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