Wer Rot mag ist leidenschaftlich und temperamentvoll, wer Blau als Lieblingsfarbe nennt, besonnen und eher kühl und auf Pink stehen natürlich alle Girlies! Wir sind schnell dazu verleitet, von der Lieblingsfarbe einer Person auf die Persönlichkeit zu schließen. Doch ist an der Farbpsychologie wirklich etwas dran?
Was ist Farbpsychologie?
Zunächst mal vorweg: Was ist Farbpsychologie überhaupt? Das vermeintliche Forschungsgebiet beschäftigt sich mit der Wirkung von Farben auf menschliche Emotionen, Gedanken und Verhaltensweisen. Es untersucht, wie verschiedene Farbtöne unsere Stimmung beeinflussen, Assoziationen hervorrufen und sogar Kaufentscheidungen lenken können. Ein beliebtes Thema in diesem Bereich ist auch die Lieblingsfarbe, von der viele glauben, sie könne Persönlichkeitsmerkmale offenbaren. Allerdings ist Vorsicht geboten: Während die Farbpsychologie durchaus seriöse Forschungsansätze bietet, ist sie nicht als eigenständige psychologische Disziplin anerkannt. Viele ihrer Erkenntnisse basieren vielmehr auf kulturellen Prägungen und individuellen Erfahrungen, was allgemeingültige Aussagen erschwert. Dennoch liefert sie wertvolle Einsichten für Bereiche wie Marketing, Design und Raumgestaltung.
Was sagt die Wissenschaft zur Farbpsychologie?
Gerade wenn es um die Lieblingsfarbe und ihre Aussagekraft über den Charakter einer Person geht, sollte man nicht vorschnell urteilen. Studien konnten bisher keinen Zusammenhang zwischen Lieblingsfarbe und Persönlichkeit finden. 2021 untersuchte etwa eine Forschungsgruppe der Universität Wien unter der Leitung von Domicele Jonauskaite dieses spannende Thema. Über 300 Psychologie-Studierende wurden in einer Online-Umfrage zunächst zu ihrer Lieblingsfarbe und ihrer unliebsten Farbe befragt und absolvierten zusätzlich einen Persönlichkeitstest, der Merkmale wie Extraversion oder Gewissenhaftigkeit testete. Dabei konnte keine Verbindung zwischen den Ergebnissen dieses Tests und den vorher gemachten Angaben zu Farbvorlieben gefunden werden. Die Forschenden empfehlen, dass zukünftige Studien möglicherweise untersuchen sollten, wie Farbpräferenzen die Wahrnehmung anderer Menschen beeinflussen. Interessant wäre also, ob die Merkmale, die wir mit bestimmten Farben assoziieren, unseren Eindruck von einer Person verändern, wenn diese uns verrät, welches ihre Lieblingsfarbe ist.
Diese Eigenschaften werden Farben zugeschrieben
Auch wenn aus psychologischer Sicht also kein nachweisbarer Zusammenhang zwischen Lieblingsfarbe und Persönlichkeit besteht, ist es daher trotzdem interessant zu wissen, welche Charaktereigenschaften häufig mit bestimmten Farben in Verbindung gebracht werden. Hier haben wir eine Übersicht.
- Rot als Lieblingsfarbe: Rot wird typischerweise mit Persönlichkeitsmerkmalen wie Extraversion, mit Leidenschaft, aber auch mit Impulsivität und dem Hang dazu, schnell wütend zu werden und eventuellem aggressiven Verhalten assoziiert.
- Blau als Lieblingsfarbe: Blau verbinden wir meist mit Ausgeglichenheit und Harmonie, aber auch mit einer gewissen Kälte und Distanziertheit, sowie einer eher rationalen Art.
- Grün als Lieblingsfarbe: Grün ist die Farbe der Hoffnung, hat sie jemand als Lieblingsfarbe stellen wir uns hier also vermutlich eine Person mit positiver Lebenseinstellung vor, die zudem sehr naturverbunden ist und auf Themen wie Nachhaltigkeit achtet.
- Gelb als Lieblingsfarbe: Auch die Farbe Gelb löst meist positive Assoziation aus und lässt uns an Sonnenschein und entsprechend an Menschen, mit einem heiteren und lebensfrohen Gemüt denken. Gelb strahlt außerdem Wärme aus und wird mit einer gewissen Fürsorglichkeit und Gutmütigkeit verbunden.
- Orange als Lieblingsfarbe: Orange ist eine Mischung aus Gelb und Rot. Mit der warmen Farbe verbinden wir oft eine gewisse Energiegeladenheit und wie auch mit Rot eher aufgeschlossene und extravertierte Menschen, die aber auch durchaus eine familiäre und fürsorgliche Seite haben.
- Lila als Lieblingsfarbe: Den Spruch „Lila ist die letzte Versuchung“ kennen wir wohl alle. Der Farbe wird teilweise etwas Schrulliges nachgesagt. Gleichzeitig gilt sie aber auch als Farbe der Suffragetten und des frühen Feminismus und wird somit auch mit Weiblichkeit und starken Persönlichkeiten assoziiert.
- Pink als Lieblingsfarbe: Wer Pink sagt, muss auch Barbie sagen. Die Plastikpuppe hat unsere Wahrnehmung der Farbe definitiv beeinflusst. Pink verbinden wir daher meist mit typisch „mädchenhaften“ Eigenschaften und irgendwie auch mit Oberflächlichkeit. Internalisierte Misogynie lässt grüßen!
- Schwarz als Lieblingsfarbe: Und dann gibt es natürlich noch die Menschen, die es eher weniger bunt mögen. Wer Schwarz seine Lieblingsfarbe nennt, wirkt oft sehr cool, vielleicht aber auch nachdenklich und eher verschlossen.
- Weiß als Lieblingsfarbe: Weiß ist allgemein als die Farbe der Reinheit und Unschuld bekannt. Wer sie als Lieblingsfarbe hat gilt oft als sehr gewissenhaft und ordentlich.
- Braun als Lieblingsfarbe: Gedeckte Brauntöne strahlen eine gewisse Ruhe und Naturverbundenheit aus. Wer Braun als Lieblingsfarbe hat, gilt als geerdet, aber auch als eher zurückhaltend und unscheinbar.
- Beige als Lieblingsfarbe: Beige galt lange Zeit als Inbegriff der Langeweile. Heute ist die Farbe bei vielen Menschen beliebt und gilt als Zeichen von Ästhetik. Sie wird also vor allem von Menschen gemocht, die Einheitlichkeit mögen.
- Grau als Lieblingsfarbe: Ähnliches gilt für Grau, auch diese Farbe ist nicht nur etwas für graue Mäuse. Trotzdem vermuten wir hinter einer Person mit dieser Lieblingsfarbe vermutlich eine eher zurückhaltende, aber auch ordentliche und strukturierte Person.
Wir könnten hier noch mehr Farben nennen, immerhin hat jede Farbe tausende Nuancen. Ob ein Grünton in Neontönen leuchtet oder eher ins Pastellige geht, macht einen riesigen Unterschied in der Wahrnehmung. Schon alleine das macht es schwer, nur anhand einer Lieblingsfarbe ein Urteil über eine Person zu fällen.
Hinzukommt, dass Lieblingsfarben sich mit der Zeit ändern können. Meine Lieblingsfarbe war etwa lange Zeit Dunkelrot, mittlerweile trage ich lieber Blau und Grün. Würde man diesen einfachen Zuschreibungen glauben, hätte ich also in kürzester Zeit einen kompletten Persönlichkeitswechsel vollzogen.
