Introvertiertheit wird häufig mit Schüchternheit gleichgesetzt – das ist allerdings nicht richtig. Ja, introvertierte Menschen sind ruhiger und zurückhaltender als extrovertierte Menschen. Der Grund, warum sie so handeln, ist allerdings nicht, dass sie schüchtern sind, sondern dass sie ihre Aufmerksamkeit und Energie stärker auf ihr Innenleben richten. Und daran ist nichts falsch. Nur reden sich introvertierte Menschen das oft selbst ein. Du vielleicht auch?
„Introvertierte Menschen haben oft das Gefühl, dass sie in sozialen Situationen im Nachteil sind“, sagt auch Maren Pauli, Head of B2B Didactics bei Babbel. „Aber ihre vermeintlichen Schwächen können sich als große Stärken erweisen: Wenn sie ihre Fähigkeiten als aufmerksame Zuhörer bewusst einsetzen und lernen, Pausen und Stille positiv zu nutzen, können sie Gespräche auf eine tiefere Ebene bringen, die sehr extrovertierten Menschen manchmal vorenthalten bleibt.“ Doch wie schafft man das im Alltag? Maren Pauli hat 12 Tipps zusammengestellt, mit denen du auch als Introvert zeigen kannst, wer du bist.
#1
Plane Gespräche vorab
Zumindest grob! Überlege dir im Vorfeld ein paar Themen oder Fragen, die du in einem Gespräch einbringen kannst, falls es mal stockt – das nimmt den Druck, spontan ein interessantes Thema zu finden. So kannst du Momente der Aufregung vermeiden.
#2
Lass dich nicht unterbrechen
Introvertierte Menschen kennen das Gefühl, von „lauteren“ Menschen unterbrochen zu werden. Signalisiere deinem Gegenüber, dass du noch nicht fertig bist mit deinem Redebeitrag. Wenn jemand versucht, dich zu unterbrechen, kannst du mit einer Handgeste oder einem Satz wie „Moment, ich bin gleich fertig“ zum Ausdruck bringen, dass du noch etwas sagen möchtest. Am Ende eines Gedankens kann auch der Satz „Und das bringt mich zu meinem Schluss …“ eine Hilfe sein. Was es aus psychologischer Sicht bedeutet, wenn Menschen nur von sich reden, erklären wir übrigens hier.
#3
Setze deine besonderen Zuhörfähigkeiten ein
Introvertierte sind nicht selten die besseren Zuhörer*innen. Das gibt dir auch die Chance, deine Antworten gut zu überdenken und Nuancen wahrzunehmen, die andere nicht erkennen. Indem du Nachfragen stellst oder unmittelbar auf das Gesagte reagierst, vermittelst du deinem Gegenüber ein Gefühl der Wertschätzung.
#4
Stelle Fragen
Deine Stärke als Zuhörer*in kannst du auch nutzen, um Fragen zu stellen, die zeigen, dass du wirklich dabei bist. So lenkst du das Gespräch auf dein Gegenüber und musst selbst weniger reden, wenn dir nicht danach ist.
#5
Nutze Körpersprache zu deinem Vorteil
Es klingt banal, macht aber einen entscheidenden Unterschied in der Außenwahrnehmung: Eine gute Körperhaltung strahlt Selbstvertrauen aus, auch wenn du innerlich nervös bist. Erinnere dich zwischendurch immer wieder selbst daran, dich aufzurichten. Egal, ob du dich unsicher fühlst – dein Gegenüber wird es dir kaum anmerken können.
#6
Sei Beobachter*in
Nutze deine natürliche Neigung zum Beobachten und Analysieren, um die Stimmung im Raum zu erfassen. Das kann dir nämlich dabei helfen, den richtigen Moment zu finden, um dich einzubringen.
Du möchtest selbstbewusster sein?
Im Video findest du ein paar Tipps, um dein Selbstvertrauen zu stärken.
#7
Halte Augenkontakt
Augenkontakt zeigt, dass du aufmerksam und engagiert bist, auch wenn du nicht die gesprächigste Person im Raum bist. Außerdem strahlt er Selbstvertrauen aus.
#8
Nutze dein Lächeln
Ein einfaches Lächeln macht dich zugänglicher und sorgt dafür, dass andere Menschen schneller das Gespräch mit dir suchen. Denn denk daran: Unsicherheiten kennen alle Menschen. Ein Lächeln hilft beiden Seiten dabei, entspannter in den Dialog zu gehen.
#9
Halte dich an kleine Gruppen
Versuche, dich auf Gespräche in kleineren Gruppen zu konzentrieren – hier ist es nämlich oft leichter, sich einzubringen. Große Gruppen sind für viele Menschen keine Komfortzone, damit bist du definitiv nicht allein.
#10
Habe keine Angst vor Pausen
Es ist völlig in Ordnung, dir einen Moment Zeit zu nehmen, bevor du antwortest. Pausen zeigen, dass du sorgfältig nachdenkst, was oft sogar positiv ankommt. Außerdem strahlen sie Selbstbewusstsein aus, weil du dich von deinem Gegenüber nicht verunsichern lässt. Diese Pausen können für andere natürlich eine Einladung sein, dich zu unterbrechen. Fülle solche Pausen also am besten mit Übergangsphrasen wie „Lass mich da noch kurz was ergänzen …“.
#11
Mache dir deine Stärken bewusst
Introvertierte Menschen neigen leider oft dazu, dem vermeintlichen Ideal der extrovertierten Persönlichkeit entsprechen zu wollen. Dabei haben Introvertierte genauso viele Stärken und sind unverzichtbar für jede Gruppendynamik – im privaten wie im beruflichen Kontext. Introvertierte Menschen können häufig sehr gut zuhören, Gesprächssituationen besser analysieren und besonders gut argumentieren, da sie weniger impulsiv, sondern vielmehr wohlüberlegt argumentieren. Besonders in einer Gruppe tragen sie oft zur Ausgewogenheit bei. Führe dir also immer wieder vor Augen, dass es keinen Grund gibt, dich zu verbiegen.
#12
Finde einen ruhigen Rückzugsort
Wenn dir der Raum zu viel wird, gönn dir eine kleine Auszeit, um neue Energie zu tanken. Du wärst überrascht, wenn du wüsstest, wie viele Menschen sich in großen Gruppen hin und wieder zurückziehen, weil sie sich sozial überfordert fühlen. Nimm dir eine kurze Pause zum Durchatmen und dich gedanklich zu sammeln. Das kann Wunder wirken.
Nimm dich an, so wie du bist!
Laut Maren Pauli liegt „der Schlüssel [...] darin, die eigene Persönlichkeit anzunehmen und zu verstehen, dass nicht Lautstärke oder Dominanz, sondern Authentizität und Empathie die Grundlage für wirkungsvolle Interaktionen und ein starkes Auftreten sind.“ Fange also an, deine Introvertiertheit nicht länger als Schwäche zu sehen, sondern als Stärke und nutze sie für dich!
Kommt dir das bekannt vor? Für extrovertierte Menschen mögen diese Alltagsmomente keine Herausforderung darstellen, für Introvertierte sind sie jedoch der reinste Horror …