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Kommentar

Dieser Winter ist wie das Monster aus „Stranger Things" – ein Überlebenstipp

Seid-lieb

Ja, die Winter sind nie das Allertollste. Es gibt die kurze Vorfreude im Dezember auf Weihnachten. Aber danach ist alles grau und kalt und unfreundlich. Damit bin ich, schon bevor der Winter überhaupt losgeht, ziemlich negativ eingestellt – kommt dir das auch bekannt vor? Dann herzlichen willkommen zum kollektivem Ausheulen.

Was soll das nur (schon wieder) für ein Winter werden? Das wird zumindest der Dritte in Folge, den wir mit Hiobsbotschaften antreten. Zur Erinnerung, Winter 2020: Ein grassierendes Coronavirus, Infektionszahlen, die in die Hunderttausende gereicht haben und Versammlungsverbote. Winter 2021: Ein ganz ähnliches Spiel. Winter 2022: IMMER NOCH Corona, auch wenn wir es meisterhaft verdrängen. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und zusätzlich auch noch das neueste Übel: eine Energieknappheit, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht erlebt haben. Die Preise steigen und steigen, tagtäglich werden wir an die Energiekrise erinnert. Unser Wirtschaftsminister stellt uns auf einen wortwörtlich kalten Winter ein. Sparen und Zurückhaltung sind angesagt.

Gefühlsstatus: Wie nach der Nachricht „wir müssen reden“

Was uns trösten soll? Ein Corona-Impfstoff, der nicht wirklich vor einer Infektion schützt (über den ich trotzdem froh und dankbar bin!) und eine einmalige Energiepauschale (von der aber noch die Steuern abgehen, klar). Das ist für meinen Geschmack ganz schön dünn. Was ich aber noch frustrierender finde, sind die Glaubenssätze, die wir reingedonnert bekommen und die nur ganz wenig Platz für Positives lassen. „Die Nebenkostenabrechnungen werden um 846 Prozent ansteigen! (Achtung, das ist eine ausgedachte Spaßzahl, um die Dramatik hinter meiner Sorge zu demonstrieren)“, „Corona ist noch nicht vorbei!“, „Putin dreht den Gashahn zu!“ und dass wir uns beklemmend durch stockdunkle Straßen bewegen müssen.

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Noch bevor wir den anstehenden Winter überhaupt erleben, wird einem angst und bange vor dem, was da kommt. Wie ein Zahnarztbesuch nach viel zu langer Zeit. Das Öffnen eines Briefes vom Finanzamt, der seit fünf Wochen gekonnt ignoriert worden ist. Oder die gefühlt ewigen Stunden, die man warten muss, nachdem eine Freundin geschrieben hat „wir müssen reden“. Schlichtweg Dinge, die einen kalt erwischen, auf die man sich schlecht vorbereiten kann und die einem ein ganz unangenehmes Gefühl in der Magengrube bereiten.

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Verdrängen: 1A mit Sternchen!

Denn, zumindest für mich, die sich die „neuen“ Energiepreise noch nicht ausgerechnet hat, sind die Zahlen viel zu abstrakt. Wie viel höher wird die Nebenkostenabrechnung? 100, 200, 300 Euro? So hoch, dass ich ernsthaft über einen Kredit nachdenken muss, um meinen Lebensunterhalt ohne drastische Eingrenzungen bestreiten zu können? (Kann man bei Energielieferanten eigentlich in Raten zahlen? Das muss ich nachfragen. Ein neues To-Do auf meiner Liste.) Ich weiß es nicht, versperre mich aber gleichzeitig auch davor, mich mit dem Ausrechnen auseinanderzusetzen, weil ich dem Ganzen überdrüssig bin. Aber ob das Verdrängen gut ist? Vermutlich eher nicht, eigentlich weiß ich das auch besser.

Ebenso abstrakt sind die Zahlen der Corona-Infektionen in diesem Winter. Gesundheitsminister Karl Lauterbach warnt weiterhin eindrücklich, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist. Kann ich mich an Weihnachten also guten Gewissen mit meinen Großeltern zusammensetzen? Haben die Kneipen und Bars weiterhin offen im Winter? Kommt bald die dritte Impfung? Fragen über Fragen. Eine Antwort könnte das neue Infektionsschutzgesetz liefern, aber so richtig dann auch nicht, wenn wieder der Ausnahmezustand herrscht.

Wusstes du eigentlich, dass Umarmungen und Körperkontakt ein effektives Mittel gegen Depressionen und Angstzustände sind?

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Sternzeichen: Sensibelchen

Vielleicht bin ich für solche Hiobsbotschaften auch besonders empfänglich. Mein Sternzeichen ist Fische, die Dramaqueens und größten Sensibelchen unter den Sternzeichen, yeah. Aber auch die letzten beiden Winter waren eben nicht sonderlich positiv. Die Isolation war für mich schwer zu ertragen. Dann war ich noch zweimal mit Corona infiziert und musste zweimal eine lange Selbstisolation durchmachen, die mich ganz schön mitgenommen hat. Aber auch die fehlende Leichtigkeit, die Freude, das Zusammensein hat mir so sehr gefehlt. Und mit dem Zusammensein meine ich nicht die Zeit, in der es verboten war, sich mit mehr als zwei Haushalten zu treffen. Sondern diejenigen, die sich während der Corona-Vorschriften an alles gehalten haben – aber danach nicht wieder zurückgefunden haben in eine Zeit vor Corona.

Vorfreude auf den Winter: Es ist kompliziert

Ich fand den Winter bis zum Jahre 2019 immer ganz ok. Zugegeben, so ein richtiger Fan der Dunkelheit ab 17 Uhr und dem Arschabfrieren war ich nie. Sobald sich der Herbst bemerkbar macht, falle ich erstmal in das After-Sommer-Loch. Habe ich genug erlebt diesen Sommer? War ich mindestens einmal am See/Meer/Strand/meinetwegen auch Tümpel? Bin ich noch ein bisschen gebräunt? Ist der erste Schock über den Herbsteinbruch überstanden, hatte der Winter aber schon etwas Gemütliches an sich: 82 Kerzen anzünden, Wärmflasche bis zum Rand füllen, unter die absurd dicke Decke kuscheln und den „Winterschlaf“ als Ausrede nutzen, das ganze Wochenende zuhause zu verbringen.

Aber jetzt steht ein Winter vor uns wie das mystische Monster aus Stranger Things. In der ersten Staffel wusste man noch nicht so ganz genau, wann es zuschlägt. Jetzt, in der dritten Staffel, dem dritten Winter, weiß man es: Dann, wenn die Menschen am verletzlichsten sind.

Und nebenbei begleitet mich immer wieder die Scham, so sehr rumzujammern, wo es mir doch eigentlich so gut geht! Wie viele Menschen auf der Welt wissen nicht, ob sie heute etwas zu essen haben? Nur zwei Länder weiter, in der Ukraine, herrscht ein furchtbarer Krieg, der bereits Tausende Opfer gefordert hat. Etliche Frauen und Kinder sind auf der Flucht. Und ich stresse mich, weil der Sommer vorbei ist und wir nicht in Prunk und Protz mit allerlei Straßenbeleuchtung weiterleben?

Rumheulen tut richtig gut!

Puh, wenn ihr bis hierhin mein Gejammer durchgehalten habt: Vielen Dank, Glückwunsch und gleichzeitig ein Tipp: Es tut unheimlich gut, sich einmal alles von der Seele zu schreiben! Das kann ich euch hiermit nur ans Herz legen. Schreibt alles runter, was euch bewegt, am besten noch, sprecht darüber! Das macht Ängste weniger abstrakt und bedrohlich und räumt einmal ordentlich auf im Kopf. Trotzdem steht jetzt noch die Frage im Raum, wie wir mit dem anstehenden Winter und den möglichen Turbulenzen umgehen können. Zum einen ist es in der dunklen Zeit wichtiger denn je, sich auf die Helligkeit zu fokussieren. Im wortwörtlichen Sinne (Sonne tanken und rausgehen, wann immer es geht) und im übertragenen. Welche Menschen, Tätigkeiten oder auch zaubern dir ein Strahlen ins Gesicht und Sonne ins Herz? Triff die Menschen regelmäßig, gönn dir die neuen Schuhe und vielleicht ist dieser Winter genau der richtige, endlich mit Yoga zu starten?

Was ich aber ebenso wichtig finde, sind zwischenmenschliche Begegnungen. Kannst du dich an dein letztes Erlebnis mit einem fremden Menschen erinnern, dass dich noch nachhaltig zum Lächeln bringt? Bei mir gab es sie letztens mit einer Kassiererin im Supermarkt. Sie hat mir ein liebes Kompliment gemacht, wie gut mir meine Cappy stehe und das sie so eine auch braucht. Bei meinem überschwänglichem Bedanken, bin ich mit dem Schirm der Cap voll gegen die Plexiglasscheibe zwischen der Frau und mir gedöngelt – wir haben uns kaputtgelacht und den Kauf wollte sie sich dann doch nochmal überlegen. Gut, sowas kann man natürlich nicht planen, aber die Freundlichkeit der Dame und die urkomische Situation hat mich den ganzen Tag erheitert.

Wärmste Buchempfehlung für den Winter

Aber wie ringt man sich ein Kompliment oder manchmal auch nur ein müdes Lächeln ab, wenn gerade alles kacke läuft und der Kopf voller Sorgen ist? Ich habe ein Lieblingsbuch, das ich schon etliche Male gelesen habe und das mich nach dem Lesen nachhaltig inspiriert. Keine Sorge, es ist nicht der nächste Ratgeber über Achtsamkeit, positives Leben und was man nicht sonst alles „ganz einfach“ für sein eigenes Glück tun kann. Nichts gegen die durchaus nützlichen Methoden, aber wer gerade eh schon grumpy ist, kann diese Tipps eher schwer bis kaum umsetzen.

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Es ist ein Roman: „Gott bewahre“ von John Niven. Das habe ich vor knapp 10 Jahren das erste Mal gelesen und danach noch bestimmt fünf weitere Male. Ich war damals nicht wirklich eine Leseratte, aber dieser Roman hat mich umgehauen, wie lange nicht mehr und ich bin in ein richtiges Post-Lesen Lochen gefallen, als ich durch war. Und nein, ich bin keine gläubige Christin, das musst du für das Buch auch auf keinen Fall sein.

Gott bewahre

Das Produkt ist nicht mehr verfügbar. Zuletzt geprüft: 23.11.2024 21:19 Uhr

Die Story zusammengefasst: Kaum hat Gott sich im Himmel eine kleine Auszeit gegönnt und seinem Sohn Jesus Christus die Geschäftsführung überlassen, schon herrscht auf Erden das nackte Chaos. Bürgerkriege, Umweltsünden, Armut, Hassprediger, tödliche Krankheiten, moralischer Verfall und gnadenloser Kommerz, soweit das Auge reicht. Was wurde aus der Menschenliebe und dem einzig wahren Gebot: „SEID LIEB“? Gott denkt nach und findet nur eine Lösung – sein Sohn Jesus muss erneut auf die Erde zurückkehren, um Gutes zu tun. Doch werden die Menschen auf JC hören?

Das einzige Gebot: Seid lieb!

Klingt super schräg? Ist es auch! Dazu urkomisch, scharfsinnig und mit der wichtigsten Message überhaupt „seid lieb“ – das einzige Gebot, was in der fiktiven Welt zählt. Achja und geflucht, gekifft und gesoffen wird auch ziemlich viel! Vor allem aber, wie JC alles versucht, um das Gebot wieder auf Erden zubringen, mit seinem Riesenherz aus Gold, ist unglaublich rührend und inspirierend zugleich. Immer wenn ich das Buch durchgelesen hatte, wollte ich sein wie JC! Und das einzige Gebot leben „seid lieb“. Der Roman ist eine allerwärmste Empfehlung und ich kann nur sagen: Danach siehst du die Welt und die Menschen mit komplett anderen Augen! Wer zu sehr in der Negativspirale festhängt und den Blick überhaupt nicht mehr auf das Gute in Menschen gerichtet bekommt, lernt in diesem absurd komischen Buch, wie es wieder funktioniert.

Um das nie zu vergessen, hat sich die Moderatorin und Podcasterin Visa Vie, das fiktive Gebot sogar aufs Handgelenk tätowieren lassen, wie cool und radikal ist das denn?

Alice Mecke

„Alles wird gut“

Und dem Gebot ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Oder doch, vielleicht noch diese „tiefsinnige“, aber trotzdem zutreffende Songzeile von Kummer und Nina Chuba: „Alles wird gut. Die Menschen sind schlecht und die Welt am Arsch, aber alles wird gut.“
Also, seid lieb. Mehr JC, weniger Grumpy Cat. Vor allem in diesem Winter. Ihr wisst nie, was die Menschen vor euch an der Kasse, die Kollegin, die irgendwie gereizter ist als sonst und die unzuverlässige Freundin, die seit einer Woche nicht antwortet, gerade so durchmachen.

Alice Mecke

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Bildquelle: Getty Images/Robin Beckham

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