Die Wohnung ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf – sie ist Rückzugsort, Energiequelle und Ausdruck unserer Persönlichkeit. Doch was genau brauchen wir eigentlich, um uns in unseren vier Wänden rundum wohlzufühlen? Eine Wohnexpertin erklärt, welche Grundbedürfnisse wirklich zählen – und wie du deine Wohnung entsprechend gestaltest.
Was ist Wohnpsychologie?
Soviel ist schon mal klar: Was uns unser Zuhause bedeutet, geht tiefer als Einrichtungstrends. Das klingt zunächst recht abstrakt und nicht wirklich greifbar. Doch keine Sorge; der Rat einer Expertin kommt! Also: Was brauche ich, um mich wohlzufühlen? Die Möbel- und Interior Designerin Jeanette Neidhardt-Rosenberger, die auch als zertifizierte Lichtplanerin, Feng-Shui-Beraterin und wohnpsychologische Expertin arbeitet, hat darauf eine klare Antwort.
„Bei Wohnpsychologie geht es um die Verbindung von dir zu deinem Zuhause“, erklärt sie auf ihrerm Blog „raumgeschichten“. „Es geht nicht um den neuesten Einrichtungstrend oder wie man gerade ‚baut‘. Vielmehr sollst du dich kennenlernen, deine Bedürfnisse verstehen und wissen, was dir wichtig ist und wie du dies bei deiner Einrichtungsplanung umsetzt.“ Wenn du auch das Gefühl kennst, nicht so richtig happy mit deiner Einrichtung zu sein, oder einmal alles auf links drehen möchtest, ist das Erkennen deiner Wohnbedürfnisse der erste Schritt laut Expertin – und erst dann folgen Shoppingbesuche bei Ikea oder Inspo-Suche bei Pinterest.
Welche sechs Grundbedürfnisse dabei laut der Designerin besonders wichtig sind – und wie du sie in deiner Wohnung erfüllst:
#1
Sicherheit und Geborgenheit
Ohne ein grundlegendes Gefühl von Schutz und Geborgenheit können wir uns nicht wirklich entspannen. Dieses Bedürfnis ist tief in uns verankert und zeigt sich in verschiedenen Aspekten unserer Wohngestaltung.
Neidhardt-Rosenbergers Tipp: „Um dein Sicherheitsgefühl zu stärken, kannst du auch mit schönen Vorhängen an den Fenstern zusätzlichen Schutz vor Einblicken schaffen und zusätzlich hast du auch eine schöne Raumstimmung.“ Überlege dir: Wie viel Sicherheitsgefühl brauchst du persönlich, um dich in deinen vier Wänden vollkommen wohl zu fühlen?
#2
Erholung und Rückzug
In einer zunehmend digitalen und hektischen Welt wird das Bedürfnis nach persönlichen Rückzugsorten immer wichtiger. Hast du in deiner Wohnung einen Ort, an dem du wirklich abschalten kannst?
„Du brauchst dein eigenes Reich oder zumindest deinen eigenen Bereich, deine eigene Nische, in der du für dich sein kannst und Energie tanken kannst“, betont die Expertin. „Und dieser Bereich sollte dann auch von den anderen Familienmitgliedern akzeptiert sein. Wenn du dir noch etwas Gutes tun möchtest, darf dein Bereich gerne auch einen Naturbezug haben. Schau, was dir guttut und gestalte deinen Platz, an dem du wieder Kraft tanken kannst.“
#3
Gemeinschaft und Familienleben
Menschen sind soziale Wesen – auch wenn das Bedürfnis nach Geselligkeit individuell unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Ein Zuhause sollte daher auch Räume für Begegnung und gemeinsame Aktivitäten bieten.
„Ein einladender Essplatz mit ausreichend Stühlen für (spontane) Gäste als Wohnungsmittelpunkt wäre hier klasse“, empfiehlt Neidhardt-Rosenberger. Überlege dir: Wie lebhaft darf es um dich herum sein? Brauchst du viel Raum für Geselligkeit oder eher kleinere, intime Begegnungsorte?
#4
Repräsentation und Selbstdarstellung
Auch wenn es nicht der wichtigste Aspekt sein sollte – für viele Menschen spielt es durchaus eine Rolle, wie ihre Wohnung auf andere wirkt. Sie ist schließlich auch ein Ausdruck unserer Persönlichkeit und unseres Lebensstils.
Die Expertin teilt eine interessante Beobachtung: „Ich war vor vielen Jahren in Kanada und hier gab es im Haus den ‚Formal Room‘, in dem man Gäste empfangen hat. Dieser Raum war stimmig und edel eingerichtet. Das eigentliche Leben hat jedoch in der Wohnküche mit Fernsehzimmer stattgefunden. Also wenn es dir vom Status her wichtig ist, dass deine Wohnung auch repräsentativ sein soll, dann vergiss die anderen Wohnbedürfnisse nicht.“
#5
Gestalten meiner Umwelt
Menschen haben ein natürliches Bedürfnis, ihre Umgebung zu gestalten und zu verändern. Dieses kreative Ausleben kann ungemein befreiend wirken und uns ein Gefühl von Kontrolle und Selbstwirksamkeit geben.
„Lebe deine Kreativität aus und mach dir die Welt so, wie sie dir gefällt“, rät die Wohnexpertin. „Einzig, wenn deine Mitbewohner*innen diesen Drang nicht haben, dann könnte es hier Konflikte geben. Also sprecht vorher ab, welche Bereiche du immer mal wieder (spontan) verändern kannst und die anderen Bereiche eben in Absprache.“
#6
Ästhetik und schöne Gestaltung
Wir Menschen reagieren stark auf visuelle Reize und harmonische Formen. Schönheit zu erleben ist ein Grundbedürfnis, das unser Wohlbefinden maßgeblich beeinflusst.
Neidhardt-Rosenbergers einfacher Ratschlag hierzu: „Freue dich an schönen Dingen und gestalte damit deine Wohnung!“ Es geht nicht darum, einem bestimmten Trend zu folgen, sondern darum, dich mit Dingen zu umgeben, die dir persönlich gefallen und Freude bereiten.
Frage dich nun:
Was brauche ich wirklich, um mich wohlzufühlen?
Statt blind Wohntrends zu folgen, lohnt es sich, einen Schritt zurückzutreten und zu überlegen: Was brauche ich wirklich, um mich in meinen vier Wänden wohlzufühlen? Wie Neidhardt-Rosenberger betont, entsteht der eigene Stil ganz natürlich, wenn du deine Grundbedürfnisse kennst und berücksichtigst: „Ob das am Ende Modern, Minimalistisch, Landhaus oder Scandi ist, wird sich entwickeln, das verspreche ich dir!“
Nimm dir Zeit, die sechs vorgestellten Wohnbedürfnisse für dich zu reflektieren. Welche sind für dich besonders wichtig? Wo siehst du in deiner aktuellen Wohnsituation noch Verbesserungspotenzial? Oft sind es kleine Veränderungen, die einen großen Unterschied machen können – sei es eine gemütliche Leseecke für den Rückzug oder ein größerer Esstisch für spontane Einladungen.