Schon vor Ausbruch der Pandemie ein Trend, erlebt Cocooning zu Corona-Zeiten einen regelrechten Boom. Doch was genau steckt eigentlich hinter dem Cocooning-Phänomen und dem Wunsch, sich in die eigenen vier Wände zurückzuziehen und es sich dort so richtig gemütlich zu machen?
Definition: Was bedeutet Cocooning eigentlich?
Cocooning kann auf Deutsch mit „verpuppen" oder "sich einspinnen" übersetzt werden. Man zieht sich also wie eine Raupe auf ihrem Weg zum Schmetterling in einen Kokon zurück, um Schutz vor der Umwelt zu finden. Ein gemütliches Sofa, kuschelige Decken, Kerzen, leckeres Essen und Getränke, dazu die Lieblingsserie ... Viel mehr brauchte man vor Corona nicht, um eine Zeit lang vor der Welt draußen zu flüchten.
Im Gegensatz zu Trends wie Hygge, steht bei Cocooning nicht nur die Gemütlichkeit der eigenen vier Wände im Vordergrund, sondern auch die (vorübergehende) soziale Isolierung. Und das ist ein Faktor, der sicherlich stark dazu beigetragen hat, dass Cocooning zu einem der größten Trends während der Pandemie geworden ist.
Cocooning als Trend 2021: Wie Corona Menschen und ihr Zuhause veränderte
Geprägt wurde der Begriff „Cocooning" in der 1980er Jahren zur Krisenzeit des Kalten Krieges. Dass er in einer weiteren schweren Krisenzeit wie der Corona-Pandemie also ein riesiges Comeback feiert, ist nicht verwunderlich. Mehr denn je wurde uns in den letzten Monaten bewusst, wie wichtig ein gemütliches Zuhause für unser Wohlbefinden ist. Es dient uns als sicherer Rückzugsort und Halt, wenn uns die Welt in unserem Sicherheitsgefühl erschüttert.
Das Zuhause als sicherer Kokon
Wir haben es zum Homeoffice umfunktioniert, bei dem vom einen auf den anderen Tag der Küchen- zum Schreibtisch wurde und das Wohn- zum Klassenzimmer. Unsere Wohnungen wurden zu unserem Schutzmantel und sicheren Kokon, in dem wir Herausforderungen wie Kurzarbeit, Angst vor einer Ansteckung und einem schweren Krankheitsverlauf, Homeschooling und all den anderen Hürden trotzen konnten – und mussten. Die Konsequenz: Das Zuhause musste sich den neuen Lebensbedingungen anpassen und wurde nach und nach immer mehr optimiert.
Die Non-Food-Abteilungen der Supermärkte und natürlich die Baumärkte und Online-Shops sämtlicher Möbelhäuser wurden zum El Dorado. Wer das Glück hatte, nicht in Kurzarbeit zu müssen oder trotzdem noch ein wenig Geld übrig zu haben (z.B aufgrund der ausgefallenen Urlaube), investierte es in neue Wandfarbe, Möbel, Garten- und Balkon-Accessoires, renovierte endlich das alte Bad oder gönnte sich die lang ersehnte neue Küche.
Cocooning als Umsatz-Faktor für den Möbelhandel
Dieses durch Corona veränderte Konsumverhalten schlägt sich natürlich auch in den Umsatzzahlen der Einrichtungsbranche nieder: Nachdem zu Beginn der Pandemie die Umsätze aufgrund der angeordneten Geschäftsschließungen massiv einbrachen – laut Verband der Deutschen Möbelindustrie im April 2020 um 28,7 Prozent – sah es im Sommer 2020 ganz anders aus. Die Nachfrage in den Onlineshops der Läden explodierte; und mit der Öffnung der Häuser wurden sogar die Umsätze aus dem Jahr 2019 übertroffen. Für ein gesteigertes Kaufverhalten sorgte natürlich auch die Senkung der Mehrwertsteuer.
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Die Psychologie hinter dem Cocooning-Trend
Interessant ist, was psychologisch dahinter steckt: Die allermeisten Menschen streben nach einer Struktur in ihrem Alltag und nach einem Gefühl von Kontrolle über ihr Leben. Wird ihnen das genommen, versuchen sie, es wieder zu erlangen. Durch Cocooning, das Einigeln zuhause also und die Konzentration auf die Optimierung dieses Lebensbereiches, gelingt uns genau das. Wir haben eine Aufgabe, die wir kontrollieren können. Die Sicherheit wird wieder hergestellt. Übrigens: Trotz Regellockerungen tun sich viele schwer damit, ihren sicheren Kokon zu verlassen und wieder in ihr normales Sozialleben zurückzukehren. Dieses Phänomen wird auch als Cave-Syndrom bezeichnet.
Sonderfall: Cocooning als Trend bei frischgebackenen Eltern und ihrem Baby
Oft als Wohntrend verstanden, bedeutet Cocooning – nicht nur aufgrund der Pandemie – heute viel mehr. Das wird besonders deutlich, wenn man eine Entwicklung aus den USA betrachtet, die auch hierzulande immer populärer wird: Das Zurückziehen von Eltern mit ihrem Neugeborenen in die eigenen vier Wände. Großeltern und Freunde bleiben für Wochen, manchmal Monate, außen vor und bekommen das Baby höchstens per Videocall zu sehen.
Was dahinter steckt, ist das Bedürfnis nach einem geschützten Raum und Sicherheit für sich selbst und das neue Familienmitglied. Verstärkt wurde dieses instinktive Bedürfnis sicherlich durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen (Existenz-)Ängste.
Ein mit Vorsicht zu genießender Cocooning-Trend
Doch so verständlich dieses Gefühl auch sein mag, sollte man nicht vergessen, dass einen das Elternsein an sich schon auf so viele Proben stellt, vor allem in den ersten Wochen und Monaten mit einem Neugeborenen. Soziale Isolierung scheint da nicht ratsam zu sein, denn gerade Großeltern und gute Freund sind eine enorme Hilfe in dieser Zeit.
Natürlich sollte jedes Paar für sich entscheiden, wie viel Ruhe es am Anfang braucht. Und auch das Wochenbett sollte jede Frau so gestalten, wie sie es sich wünscht. Nach einer gewissen Zeit tut es allen aber gut, die eigenen vier Wände mal wieder zu verlassen und sich auf die Welt da draußen einzulassen. Als frischgebackene Eltern genau so wie nach einer langen Lockdown-Phase, die uns alle so viel Kraft gekostet hat.
Bildquelle: Getty Images/ Leoba