Nirgendwo leben Frauen so gefährlich wie in Afghanistan – das hat vor einigen Jahren die Hilfsorganisation Women Change Makers anhand verschiedener Kriterien herausgearbeitet. Doch auch ohne dieses Wissen stellen wir uns das Leben von afghanischen Frauen in etwa so vor: Sie tragen alle Burkas, müssen sich Männern unterordnen und können nicht einfach ihren Interessen nachgehen. Die in Deutschland lebende Künstlerin und Autorin Nahid Shahalimi möchte uns in ihrem neu veröffentlichten Buch „Wo Mut die Seele trägt: Wir Frauen in Afghanistan“ eine ganz andere Seite ihres Heimatlandes zeigen. Warum Shahalimi glaubt, dass sich die Situation für Frauen in Afghanistan ändern wird und was die porträtierten Afghaninnen alles leisten, erfährst Du hier.
Das möchte Nahid Shahalimi mit ihrem Buch erreichen
Die derzeit in München lebende renommierte Künstlerin Nahid Shahalimi ist bereits in den 80er Jahren im Kindesalter zusammen mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern aus dem von Kriegen gebeutelten Land geflohen. Dennoch war es Shahalimi schon immer klar gewesen, dass sie einmal nach Afghanistan zurückkehren würde – und das nicht nur aus Heimatliebe, sondern auch aus einem Pflichtgefühl heraus. Denn die 43-Jährige kennt viele starke Frauen in Afghanistan, die in der internationalen Berichterstattung keine Beachtung finden. In „Wo Mut die Seele trägt: Wir Frauen in Afghanistan“ hat Shahalimi daher 20 Frauen verschiedenen Alters aus ganz Afghanistan porträtiert, um zu zeigen: Diese Frauen finden sich nicht passiv mit ihrer Situation ab, sondern kämpfen aktiv und oftmals auch erfolgreich für ihre Rechte.
Für die Interviews hat sich Shahalimi als kritische Autorin auch selbst in Gefahr gebracht. Trotzdem hat sie dieses Projekt auf sich genommen, da der Kampf für eine demokratische und frauenfreundlichere Gesellschaft in Afghanistan für sie einfach eine Herzensangelegenheit ist. Shahalimi zufolge riskieren diese mutigen Frauen für all diejenigen ihre Leben, die sich eine demokratische Gesellschaft in Afghanistan wünschen. In diesem Video stellt Nahid Shahalimi einige Frauen aus ihrem Buch vor:
Skaterinnen, Aktivistinnen und Dirigentinnen in Afghanistan
Die 20 Frauen, denen Nahid Shahalimi in ihrem Buch eine Stimme verleiht, sind vielleicht nicht unbedingt repräsentativ für die Mehrheit der Frauen in der afghanischen Gesellschaft. Darum geht es Shahalimi aber auch gar nicht. Vielmehr will sie zeigen, dass alternative Lebensentwürfe in dieser durch und durch patriarchalen Gesellschaft existieren. Besonders inspirierend sind dabei die Porträts sehr junger Frauen, die bereits im Kindes- oder Jugendalter angefangen haben, sich zu engagieren. So zum Beispiel die erst zwölfjährige Mursal, die einst auf der Straße gelebt hat und nun selbst Gitarrenunterricht gibt. Und nicht nur das: Durch Mursals Initiative ist eine Hilfsorganisation entstanden, die afghanische Kinder von der Straße holt, ihnen den Schulbesuch ermöglicht und durch eine musikalische Ausbildung bestärkt. Auch die ersten weiblichen Dirigentinnen eines rein weiblichen Orchesters kommen in Shahalimis Buch zu Wort. Das mag für hiesige Verhältnisse gar nicht weiter aufregend klingen, jedoch muss man bedenken, dass musizieren noch vor 15 Jahren unter der Herrschaft der Taliban unter Strafe stand. Dass nun sogar Frauen in der Öffentlichkeit selbstbewusst musizieren, hat also eine hohe Symbolkraft. Diese Lebensgeschichten sowie die von einer Militärpilotin, einer Skaterin und vielen anderen kannst Du in dem neuen bebilderten Buch nachlesen.
Vorurteile bekämpfen vs. Realität beschönigen
Nahid Shahalimi geht es in ihrem Buch vor allem darum, Vorurteile abzubauen, die wir vom Leben der Frauen in diesem muslimischen Land haben. Jedoch möchte sie damit keinesfalls die Zustände in Afghanistan beschönigen, denn ungefährlich sei das Land für Frauen keineswegs. Mit dem Buch soll also nicht behauptet werden, dass die negativen Berichterstattungen über die Diskriminierung von Frauen in Afghanistan falsch wären. Jedoch möchte Shahalimi eine Art Bildkorrektur leisten und uns von den Frauen erzählen, die bewusst in diesem gefährlichen Land bleiben und für eine freie Gesellschaft kämpfen. Dass sich diese Frauen aller Widerstände zum Trotz für Gleichberechtigung einsetzen, macht Hoffnung und ermutigt vielleicht auch die ein oder andere Leserin, sich mehr zu engagieren. Gerade in politisch schwierigen Zeiten wie diesen ist „Wo Mut die Seele trägt: Wir Frauen in Afghanistan“ eine empfehlenswerte Lektüre, die zur Abwechslung mal aufzeigt, wo Fortschritte gemacht werden. Wenn Du zudem einen authentischen Einblick in die afghanische Gesellschaft bekommen und aus erster Hand erfahren möchtest, wie diese bewundernswerten Frauen ihren Alltag bezwingen, solltest Du dieses Buch unbedingt lesen!
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