Unsere Sprache befindet sich im stetigen Wandel und spiegelt auch wieder, über welche Themen medial und an Universitäten debattiert wird. Seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyds durch einen weißen Polizisten im Jahr 2020, ist nicht nur die „Black Lives Matter“-Bewegung bekannter geworden. Auch Begriffe wie White Privilege, POC und BIPOC liest man seitdem immer häufiger auf Twitter und in den Nachrichten. Doch was bedeutet BIPOC genau? Wir zeigen dir, warum die Abkürzung vor allem in Deutschland meist falsch verwendet wird.
Woher kommt der Begriff BIPOC?
BIPOC (oder auch BIPoC) ist ein Akronym, also eine Zusammensetzung aus Anfangsbuchstaben, das seit 2020 an Popularität gewonnen hat. Wann und von wem der Begriff genau das erste Mal verwendet wurde, ist nicht ganz klar. Die New York Times datiert den Ursprung aber etwa auf das Jahr 2013, in dem die Abkürzung das erste Mal auf Twitter auftauchte. Im Gegensatz zu POC handelt es sich dabei also um einen noch recht neuen Begriff, dessen wirkliche Bedeutung viele Menschen nicht kennen.
Was bedeutet BIPOC?
Um zu verstehen, wer mit BIPOC gemeint ist, sollte man zunächst die Abkürzung POC kennen: Diese stammt aus dem US-amerikanischen Raum und bezeichnet People of Color. Gemeint sind hiermit alle Menschen, die nicht weiß und von Diskriminierung betroffen sind. Hierbei handelt es sich also um einen sehr weit gefassten Begriff, der neben Schwarzen Menschen – je nach Definition – auch Asiat*innen, Indigene oder Lateinamerikaner*innen umfasst. Da das Kürzel BIPOC erst später aufkam, wird fälschlicherweise häufig angenommen, es handelt sich dabei um eine Erweiterung des Begriffs, ähnlich wie von LGBT zu LGBTQ+. Andere vermuten, es handele sich hierbei um bisexuelle People of Color. Beide Annahmen sind aber nicht korrekt! Tatsächlich steht BIPOC für:
- B = Black (Afroamerikaner*innen und andere Schwarze Menschen)
- I = Indigenous (gemeint ist hier spezifisch die indigene Bevölkerung Nordamerikas wie Native Americans, First Nations und Native Alaskans)
- POC = People of Color (nicht weiße Menschen)
BIPOC ist also weniger als einer Erweiterung des Begriffs POC zu verstehen, da Schwarze Menschen und Indigene bereits unter People of Color fallen. Stattdessen soll durch diese Abkürzung betont werden, dass die Schwarze und Indigene Bevölkerung in den USA im Besonderen von Polizeigewalt betroffen sind, während zum Beispiel Amerikaner*innen asiatischer Herkunft andere Formen von Diskriminierung erfahren. Daher ist es auch kein Zufall, dass die Abkürzung BIPOC seit dem Tod George Floyds 2020 populär wurde.
Noch mehr Nachhilfe in Sachen Abkürzungen gefällig? Wir erklären dir, was LGBTQ genau bedeutet:
POC oder BIPOC: Was ist der Unterschied?
Verwendet man nun besser die Abkürzung POC oder BIPOC, um sich politisch korrekt auszudrücken? Fälschlicherweise wird häufig angenommen, dass es sich bei BIPOC um die „korrekte“ Ausdrucksweise handelt, um Menschen zu bezeichnen, die von Rassismus betroffen sind. Tatsächlich ist die Sache aber etwas komplizierter! Was schon mal klar ist, ist, dass es ohnehin nicht den einen korrekten Begriff gibt. Es kommt vielmehr auf den Kontext an und welche Gruppe an Menschen du bezeichnen möchtest. Bei POC handelt es sich um die allgemeinere Bezeichnung, die allerdings auch nicht ins Deutsche als „Farbige Menschen“ übersetzt werden sollte. Während es sich bei den Begriffen „farbig“ bzw. „colored“ um rassistische Beschreibungen handelt, die Schwarzen Menschen von Weißen auferlegt wurden, ist POC eine Selbstbezeichnung. Den großen Unterschied macht hier das „of Color“, also Menschen, die ihre nicht weiße Identität besitzen – eine sprachliche Form von Empowerment.
Auch wenn das Kürzel POC in antirassistischen Gruppen und im akademischen Kontext recht geläufig ist, wird häufig auch die Tatsache kritisiert, dass es sich dabei um einen Sammelbegriff handelt. Durch das Zusammenfassen von beispielsweise Lateinamerikaner*innen, Schwarzen und Asiat*innen werde weiter eine eurozentristische Sichtweise befördert, die alle nicht weißen Menschen als einheitliche Gruppe definiert. Daher kann es durchaus sinnvoll sein, genauere Begriffe als POC zu verwenden. BIPOC kann beispielsweise dann die bessere Wahl sein, wenn über spezifische Diskriminierungserfahrungen Schwarzer und Indigener in den USA gesprochen wird.
Kritik am Begriff BIPOC
Obwohl sich der Begriff BIPOC seit 2020 rasch verbreitet hat, hat er auch viele Kritiker*innen. So bemerkt Dr. Omékongo Dibinga, Professor für interkulturelle Kommunikation an der American University in Washington, in einem YouTube-Video, dass auch BIPOC (Black, Indigenous and People of Color) aus Schwarzen und Indigenen in den USA eine Gruppe kreiert, obwohl beide mit sehr unterschiedlichen Formen von Diskriminierung zu kämpfen haben. Nicht zuletzt habe es in der Geschichte der USA außerdem auch indigene Sklavenhalter gegeben, was die Bündelung dieser Gruppen schwierig mache.
Jonathan Rosa, Anthropologe an der Stanford University kritisiert im amerikanischen Magazin VOX außerdem, dass es sich bei BIPOC um einen Terminus handelt, der auf Diskriminierung von Schwarzen und Indigenen in den USA hinweist. Auf andere Länder und Kulturen lasse sich BIPOC nicht wirklich übertragen, da es außerhalb Amerikas ganz andere Zusammensetzungen von Minderheiten gebe. Wenn du also über nicht weiße Menschen sprechen oder schreiben möchtest, dich aber auf die Situation in Deutschland beziehst, ist BIPOC fehl am Platz. Schließlich gibt es in Deutschland keine Indigene Bevölkerung wie in den USA. Hierzulande sind neben Schwarzen Menschen zum Beispiel oft auch Sinti und Roma oder Menschen aus dem arabischen Raum von Rassismus betroffen. Anstelle von Abkürzungen ergibt es hier mehr Sinn, diese auch genau zu benennen. So läufst du weniger Gefahr, Verallgemeinerungen anzustellen – auch wenn sich diese bei Sammelbezeichnungen nicht ausschließen lassen.
Frauen haben auf der ganzen Welt mit unterschiedlichen Formen von Diskriminierung zu kämpfen. Wer die Probleme möglichst spezifisch ansprechen will, sollte diese Beispiele kennen:
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