Manchmal lässt sich eine Situation oder ein Gefühl einfach am allerbesten mit einer Redewendung beschreiben. Viele von ihnen nutzen wir aber in unserem alltäglichen Sprachgebrauch, ohne so wirklich zu wissen, was ihre eigentliche Bedeutung ist. Und die ist tatsächlich manchmal ziemlich überraschend!
#1 Alles in Butter
Anwendung: es gibt keine Probleme
Herkunft: Diese Redensart hat einen ungewöhnlichen Ursprung. Im Mittelalter gab es einen Handelsweg zwischen Italien nach Deutschland: Über die Alpen wurden regelmäßig Waren jeglicher Art transportiert, darunter auch Gläser. Damit nicht so viele Gläser während dem steinigen Weg zu Bruch gehen konnten, hatte ein Händler den Einfall, die Gläser in Fässer zu verstauen und diese anschließend mit flüssiger Butter zu befüllen. Nachdem „alles in Butter“ ausgehärtet war, konnte nichts mehr schief gehen.
#2 Etwas auf dem Kasten haben
Anwendung: etwas zu bieten haben, eine Sache gut können
Herkunft: Eigentlich hat diese Redewendung gar nichts mit einer besonderen Leistung zu tun. Es wird vermutet, dass ihre Herkunft in der Grundschule anzusiedeln ist. Früher hatten die Kinder noch keine uns bekannten Schulranzen aus Textil, sondern eher Kästen aus Holz dabei. Hatten die Kinder nach Schulschluss eine Hausaufgabe zu erledigen, sollen die Lehrer ihre Aufgaben auf deren Kästen geschrieben haben, damit die Kinder sich daran erinnern und die Eltern es ebenfalls sehen konnten.
#3 Olle Kamellen
Anwendung: langweilige, altbekannte Sachen
Herkunft: Das Wort „Kamelle“ kommt aus dem Niederdeutschen und beschreibt die Blume Kamille. Kamillenblüten werden in der Naturheilkunde eingesetzt, aber nur frische – denn wenn sie zu trocken und zu alt sind, also zu „oll“, haben sie keine medizinische Wirkung mehr.
#4 Bis in die Puppen
Anwendung: bis spät, sehr lange
Herkunft: Die Berliner sind bekannt dafür, einigen Dingen in ihrer Stadt Spitznamen zu verpassen. Das haben sie auch schon zu Zeiten gemacht, als Berlin noch deutlich kleiner war als heute und der berühmte Tiergarten außerhalb des Zentrums lag. Die Statuen am Wegrand des Tiergartens nannten sie „Puppen“. Wollte jemand dort hin, hatte er einen ziemlich langen Weg vor sich – er musste also „bis in die Puppen“ laufen.
#5 Ein Bäuerchen machen
Anwendung: aufstoßen, meist bei Babys
Herkunft: Während es im Mittelalter noch als Kompliment galt, am Tisch aufzustoßen, gilt es spätestens seit dem 19. Jahrhundert als absolutes Unding. Bürgerliche Schichten grenzten sich mit ihrem „guten Benehmen“ von den schlecht erzogenen und ungehaltenen Bauern ab und benannten daher unsittliches Benehmen zu Tisch nach ihnen. Da aber auch Babys ungehalten aufstoßen, fand man für deren Aufstoßen die Verniedlichung, also Bäuerchen.
#6 Jemandem Honig ums Maul schmieren
Anwendung: sich einschmeicheln
Herkunft: Tatsächlich hat diese Redensart ihren Ursprung im Zirkus. Für die Dressur von Bären schmierte man früher den Tieren Honig um das Maul, damit diese sich nach erfolgreichem Auftritt gelobt fühlten. Die Bedeutung ist also heute noch fast die gleiche, aber zumindest wir hätten den Ursprung nicht im Zirkus vermutet!
#7 Blaumachen
Anwendung: unentschuldigt fehlen
Herkunft: In seinem Ursprung hat „Blaumachen“ nichts mit unentschuldigtem Fehlen zu tun. Stattdessen stammt der Begriff aus der Färber-Branche. Diese legten sonntags Wolle in das Färbebad und ließen sie darin einwirken. Erst am Folgetag wurde die Wolle herausgeholt und an der Luft getrocknet. Ein chemischer Prozess war dafür verantwortlich, dass sich die Wolle an der Luft blau färbte und somit wurde der Montag zum „blauen Montag“, weil die Färber dort buchstäblich „Blau machten“.
#8 Kohldampf haben
Anwendung: Hunger haben
Herkunft: Man könnte denken, dass passenderweise zum Hunger diese Redewendung etwas mit dampfendem Kohl zu tun hat – stimmt aber nicht. Sie kommt aus dem Rotwelsch, auch deutsche Gaunersprache genannt, und ist im späten Mittelalter zu verorten. In diesem Dialekt standen die Worte „Koll“ und „Dampf“ beide für starken Appetit und Hunger. Im Laufe der Zeit wurden sie miteinander kombiniert, heute ist es nur noch als „Kohldampf“ bekannt.
#9 Dreck am Stecken haben
Anwendung: etwas verbergen, sich etwas zu Schulden kommen lassen
Herkunft: Diese Redewendung ist wohl bei Wanderern entstanden. Kam ein Wanderer von einer längeren Tour nach Hause, konnte man an seiner Ausrüstung und Kleidung sehen, dass er im Schlamm unterwegs war. Die Kleidung wurde gewaschen, doch der Wanderstock, auch „Stecken“ genannt, wurde bei der Reinigung meist vergessen. Noch Tage nach der Wanderung konnte man also noch sehen, dass jemand „Dreck am Stecken“ hatte.
#10 Etwas übers Knie brechen
Anwendung: etwas übereilen
Herkunft: Dokumentiert ist diese Redensart bereits seit dem 17. Jahrhundert zu finden. Gemeint ist das Brechen von dünnen Brettern oder Ästen über dem Knie, wenn gerade keine Säge zur Hand war. Durch das unkontrollierbare Brechen entsteht aber keine klare Bruchstelle, was beim späteren Verbauen zu Problemen führen kann. Es gilt seit jeher als eine unüberlegte und voreilige Aktion.
#11 Sich etwas aus den Fingern saugen
Anwendung: sich etwas ausdenken
Herkunft: Diese Redewendung geht bis ins alte Rom zurück. Damals fragten sich die Menschen, wie die Bären ihren Winterschlaf so ganz ohne Nahrung aushalten konnten. Forscher beobachteten, wie sich die schlafenden Tiere im Winter die Pfoten ablutschten. Daraus schlussfolgerten sie, dass die Bären Milchreserven in den Pfoten gespeichert haben mussten, diese sie dann über die Wintermonate wieder „aus den Fingern saugen“ konnten.
#12 Etwas unter den Tisch fallen lassen
Anwendung: etwas unbeachtet lassen
Herkunft: Die Herleitung dieser Redensart ist relativ simpel: Anders als heute, war es früher ganz normal, während des Essens Dinge unter den Tisch zu werfen. Unverdauliches wie Knochen und Knorpel oder auch Zutaten, die nicht dem eigenen Geschmack entsprachen, wurden kurzerhand „unter den Tisch fallen gelassen“.
#13 Jemandem die Würmer aus der Nase ziehen (müssen)
Anwendung: Jemanden nur mühsam zum Reden bringen
Herkunft: Der Ursprung dieser Redewendung liegt in der alten Volksmedizin. Damals basierte medizinisches Wissen mehr auf Vermutungen als auf Fakten. So dachte man beispielsweise, dass Krankheiten durch wurmförmige Dämonen im Kopf verursacht werden. Gerade Scharlatane und angebliche Wunderheiler boten damals an, den Menschen die Würmer aus der Nase zu ziehen. Dabei sollen sie mit Geräten im Gesicht des Kunden herumgestochert haben und schließlich wie durch Zauberhand einen Wurm aus der Nase befördert haben.
#14 Sich ins Zeug legen
Anwendung: sich anstrengen
Herkunft: Wie so viele Redewendungen stammt auch diese aus dem Bauerntum. Als noch Zugpferde für das Pflügen der Äcker zuständig waren, legte man ihnen ein Zuggeschirr an, was auch „Zeug“ genannt wurde. Um den Wagen oder den Pflug ziehen zu können, mussten sich die Pferde mit ihrem gesamten Gewicht „ins Zeug legen“.
#15 Ein Brett vor dem Kopf haben
Anwendung: etwas nicht verstehen
Herkunft: Eigentlich hat dieser Ausdruck gar nichts mit dem Verstand einer Person zu tun. Seinen Ursprung findet er stattdessen im Alltag der Bauern. Denn sie hängten ungehorsamen Ochsen ein Brett vor den Kopf, sodass deren Sicht eingeschränkt war und sie sich nicht zu sehr gegen das Anlegen eines Geschirrs wehrten.
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