Wer kennt das nicht: Dein Gegenüber bittet dich um einen Gefallen und aus allen Richtungen hörst du in deinem Kopf ein klares „NEEEIN!“. Davon bekommt dein Gegenüber aber nichts mit, denn alles, was dir als Antwort einfällt, ist ein „Ja, kann ich machen.“ Wieso fällt es uns so schwer, Nein zu sagen? Wie kann man höflich Nein sagen? Damit du in Zukunft nur noch das sagst, was du auch wirklich meinst, haben wir 5 Tipps für dich, wie du Nein sagen lernen kannst.
- 1.Warum kann ich schwer Nein sagen?
- 2.Tipp 1: Denke über die Bitte nach, bevor du antwortest
- 3.Tipp 2: Überlege, welche Konsequenzen dein häufiges Zustimmen für dich hat
- 4.Tipp 3: Finde heraus, warum du Nein sagen lernen solltest
- 5.Tipp 4: Mach dir klar, welchen Zugewinn dir häufigeres Ablehnen bringt
- 6.Tipp 5: Übe, wie du freundlich Nein sagen kannst
Warum kann ich schwer Nein sagen?
Auf diese große Frage gibt es leider keine einheitliche Antwort. So viel können wir dir aber sagen: mit dem Problem bist du auf keinen Fall allein. Es scheint ein gesellschaftliches Phänomen geworden zu sein und immer mehr Menschen fühlen sich mit der scheinbar fehlenden Fähigkeit, klipp und klar Nein sagen zu können, überfordert. Neben unseren 5 Tipps, mit denen du endlich lernen kannst, deine Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen, kommen hier einige Anhaltspunkte, warum es dir schwerfallen könnte, Nein zu sagen. Kommt dir das ein oder andere vielleicht bekannt vor ... ?
- Angst vor Ablehnung: Viele fürchten, dass sie abgelehnt oder weniger gemocht werden, wenn sie Nein sagen. Anderen gefallen zu wollen und Konflikte zu vermeiden, sind hier die vorherrschenden Probleme.
- Geringes Selbstwertgefühl: Ein niedriges Selbstwertgefühl kann dazu führen, dass man sich verpflichtet fühlt, den Erwartungen und Wünschen anderer nachzukommen, um sich wertvoll oder akzeptiert zu fühlen.
- Überverantwortung: Einige Menschen fühlen sich „überverantwortlich“ und glauben, dass sie für das Glück und Wohlbefinden anderer verantwortlich sind. Sie haben Schwierigkeiten, sich abzugrenzen und ihre eigenen Bedürfnisse zu priorisieren.
- Mangel an Durchsetzungsvermögen: Durchsetzungsvermögen ist die Fähigkeit, die eigenen Werte und Bedürfnisse zu verteidigen, ohne die Rechte und Bedürfnisse anderer zu verletzen – und das fehlt manchen einfach.
- Kulturelle und gesellschaftliche Erwartungen: In vielen Kulturen und Gesellschaften, aber auch der eigenen Familie, wird erwartet, dass man hilfsbereit und entgegenkommend ist. Diese Erwartungen können es schwierig machen, Nein zu sagen, da man es von klein auf nicht anders gelernt hat.
- Angst vor Schuldgefühlen: Manche fühlen sich schuldig, wenn sie anderen nicht helfen oder ihre Erwartungen nicht erfüllen können. Sie haben das Gefühl, dass sie unhöflich oder egoistisch rüberkommen könnten, wenn sie Nein sagen.
- Unklare Grenzen: Wenn man keine klaren persönlichen Grenzen setzt, kann es schwer sein zu erkennen, wann man eigentlich Nein sagen sollte. Man kann sich überwältigt und überfordert fühlen, weil man zu viele Verpflichtungen eingeht.
Tipp 1: Denke über die Bitte nach, bevor du antwortest
Du zählst zu denen, die eine Art „Ja-Sager-Mechanismus“ in sich tragen, und sich oft kurz danach fragen, wie es schon wieder zu einem voreiligen Zustimmen kommen konnte? Dann ist dieser Tipp ganz besonders wichtig für dich. Egal, ob dich eine Person persönlich fragt oder dir eine Nachricht schreibt – du musst nicht direkt antworten. Gehe kurz in dich oder bitte sogar um etwas Bedenkzeit. So kannst du dir selbst einige Fragen stellen, und dir darüber im Klaren werden, was es konkret für dich bedeutet, wenn du einer Bitte zustimmst:
- Wie viel Zeit und Mühe kostet mich diese Bitte?
- Habe ich Lust darauf?
- Was sagt mein erstes Bauchgefühl?
- Wie stehe ich zu der Person, würde sie das Gleiche für mich tun?
Wenn du zu dem Schluss kommst, dass du der Bitte deines Gegenübers mit gutem Gewissen nachgehen kannst, steht einem ehrlich gemeinten „Ja“ nichts mehr im Weg. Wenn du allerdings über manche der Fragen gestolpert bist, solltest du zu dir selbst ehrlich sein und freundlich ablehnen.
Beim Journaling oder auch dem guten alten Tagebuch schreiben, geht es um sehr viel mehr, als dem bloßen Aufschreiben von Erlebnisse. Warum Journaling so heilsam ist und wie du es schaffst, es jeden Tag durchzuziehen, haben wir im Video für dich zusammengefasst:
Tipp 2: Überlege, welche Konsequenzen dein häufiges Zustimmen für dich hat
Das gilt nicht unbedingt für die Situation, in der dich jemand um etwas bittet, sondern eher allgemein: Überlege, was es eigentlich für dich bedeutet, wenn du ständig Ja sagst. Wie viel Zeit verbringst du beispielsweise nach Feierabend oder an deinem Wochenende damit, etwas für andere zu erledigen? Wie oft machst du Dinge, auf die du eigentlich gar keine Lust hast? Wie oft bittest du selbst andere um Hilfe und wie oft bekommst du sie auch?
Wenn es dir hilft, könntest du deine Überlegungen auch aufschreiben, damit du auf einen Blick siehst, welche Konsequenzen es hat, dass du selten Nein sagst. Im Umkehrschluss könnte es sich außerdem lohnen, sich auch die Hilfesuchenden genauer anzusehen. Hilfst du ihnen wirklich, wenn du deren Aufgaben erledigst, oder machst du sie vielleicht sogar weiterhin abhängig von Unterstützer*innen wie dir?
Tipp 3: Finde heraus, warum du Nein sagen lernen solltest
Möglicherweise weißt du ziemlich genau, dass du viel öfter Nein sagen müsstest, es aber oft einfach nicht schaffst. Aber weißt du auch, woran das liegt? Dein Gefühl, immer Ja sagen zu müssen, hat sicher eine Ursache. Wenn du diese Ursache findest, wird es dir deutlich leichter fallen, Bitten auch mal abzulehnen. Vielleicht trifft einer der folgenden Gründe für vorschnelles Zustimmen auch auf dich zu:
- Das gute Gefühl, gebraucht zu werden
- Nicht egoistisch erscheinen zu wollen
- Die Sorge, nicht gemocht oder abgelehnt zu werden
- Nichts verpassen zu wollen
Egal, ob einer der Punkte auch bei dir die Ursache des vorschnellen Bejahens ist oder es einen anderen Grund hat. In der Regel löst sich die Ursache nach eingängigem Nachdenken in Luft auf – denn die meisten Punkte sollten nicht davon abhängen, ob du einer Bitte zustimmst oder sie ablehnst.
Lese-Tipp: „Sei einzig, nicht artig! So sagen Sie nie mehr ja, wenn Sie nein sagen wollen“ von Martin Wehrle. Das Buch gibt es hier bei Amazon.
Tipp 4: Mach dir klar, welchen Zugewinn dir häufigeres Ablehnen bringt
Es steht außer Frage, dass wir Freunden und Kollegen immer mal wieder gerne helfen, auch wenn wir eigentlich keine Lust dazu haben. Nur sollte das eben nicht zur Regel werden. Wenn wir Nein sagen lernen und in der jeweiligen Situation genau abwägen, was die richtige Antwort ist, kann das gleich mehrere Vorteile bringen. Zumindest bei den meisten steht der „Ja-Sager-Mechanismus“ in engem Zusammenhang mit einem schwachen Selbstbewusstsein. Und genau das ist es, das du automatisch stärken kannst, wenn du öfter bei dir selbst bleibst und auch mal einer Bitte nicht nachkommst. In dem Moment, in dem du dich gegen das Unterstützen von jemandem entscheidest, entscheidest du dich schließlich im Umkehrschluss für dich selbst. Das muss nicht egoistisch, sondern eher selbstwertschätzend sein. So schwer das Nein sagen auch ist, jedes Mal, wenn du es schaffst, tust du damit auch dir selbst etwas Gutes.
Tipp 5: Übe, wie du freundlich Nein sagen kannst
Hast du es erst mal geschafft, alle Tipps umzusetzen und konntest in der jeweiligen Situation den Entschluss fassen, eine Bitte abzulehnen, geht es ans Eingemachte: Das Nein sagen an sich. Es kann sehr sinnvoll sein, sich schon vorher Gedanken darüber zu machen, wie du Nein sagen lernen kannst, ohne dabei den anderen vor den Kopf zu stoßen. Es kann zum Beispiel gut sein, deinem Gegenüber die Gründe für das Ablehnen seiner Bitte offenzulegen. Zum Beispiel, dass du selbst kaum Zeit für deine eigenen Erledigungen hast, oder dass du zurzeit keinen Kopf für solche Aufgaben hast. Vielleicht hast du sogar eine Idee, wie dein Gegenüber auch ohne deine Hilfe die Aufgabe bewältigen kann. Wenn du ihm freundlich, aber bestimmt, absagst, wirst du dich danach sicher gut fühlen und kein schlechtes Gewissen haben.
Natürlich sollten wir nicht alle zu strikten Neinsagern mutieren und nur noch an uns selbst denken. Trotzdem gibt es einige, die das Wohl anderer einfach zu oft über das eigene stellen. Und für die gilt: Nehmt euch die Tipps, wie ihr Nein sagen lernen könnt, als Wegweiser und übt es einfach mal zu Hause. Das manchmal so schwere Wort „Nein“ wird von Mal zu Mal leichter über die Lippen gehen.